Notfallversorgung in Hamburg in Gefahr: Hamburg muss sofort eine Task Force einrichten!

„Die Situation der Notfallversorgung in Hamburg ist bedrohlich“, warnt Joachim Gemmel, Sprecher der Geschäftsführung der Hamburger Asklepios Kliniken, dem größten Gesundheits- und Notfallversorger für die Menschen in der Metropolregion. „Alle Beteiligten im System – Rettungsdienst, ambulante Versorgung und Kliniken – arbeiten seit Monaten am Limit, sind maximal erschöpft. Nicht mal in der heißesten Phase der Corona-Pandemie war die Situation in den Notaufnahmen so dramatisch. Zum Teil müssen kritisch Erkrankte, Kinder und Erwachsene, vom Rettungsdienst schon in Kliniken außerhalb der Stadt transportiert werden, weil die Ressourcen in der Notfall- und Intensivmedizin Hamburgs nicht mehr ausreichen“, so Gemmel, Sprecher der Asklepios Kliniken Hamburg GmbH. „Wir brauchen in Hamburg unverzüglich eine Task Force unter Teilnahme aller, die in der medizinischen Versorgung in Hamburg Verantwortung tragen – und zwar unter Führung der Stadt – um eine weitere Eskalation zu stoppen“, so Gemmel

Aktuell verschärfen grassierende Atemwegsinfekte den bekannten Fachkräftemangel und führen zu erheblichen Personalausfällen und einer Überlastung des ganzen Systems. Die Lage ist inzwischen so ernst, dass die für Gesundheit zuständige Sozialbehörde Notaufnahmen und Intensivstationen der Hamburger Kliniken seit gestern nicht einmal mehr erlaubt, sich bei Überlastung durch zu viele Patientinnen und Patienten (overcrowding) zumindest für ein oder zwei Stunden bei der Leitstelle des Rettungsdienstes abzumelden. Rettungswagen fahren auf Anweisung der Behörde ab sofort grundsätzlich die nächstgelegene Klinik an, selbst wenn dort alle Schockräume oder alle Betten der Intensivstation belegt sind. „Das gefährdet eine sichere Versorgung und setzt unser Personal zusätzlich unter Stress“, warnt Priv.-Doz. Dr. med. Sara Sheikhzadeh, Chief Medical Officer der Asklepios Kliniken Gruppe und langjährige Leiterin der Notaufnahmen der Asklepios Kliniken Harburg und St. Georg. „Einmal mehr werden die Krankenhäuser in die Verantwortung genommen, die Gesundheitsversorgung zu sichern, während niedergelassene Haus- und Fachärzte keinen zusätzlichen Anteil an der Versorgung der Notfälle – oder scheinbaren Notfälle – beitragen müssen“, so PD Dr. Sheikhzadeh. Denn es kommen immer mehr Patient:innen mit Beschwerden in die Notaufnahme, die ganz offensichtlich in die ambulante Versorgung von Haus- und Fachärzten gehören. „Die Etablierung zusätzlicher Standorte von Notfallpraxen und die Ausweitung der Dienstzeiten wäre in diesen schwierigen Zeiten sicherlich eine Möglichkeit, die ambulante Akutversorgung an die derzeitige Lage anzupassen“, ergänzt Dr. med. Sebastian Casu, Chefarzt der Zentralen Notaufnahme der Asklepios Klinik Wandsbek.
 
Was die Situation in den Notaufnahmen aktuell weiter verschärft: Auch der Rettungsdienst wird immer öfter für Bagatellfälle in Anspruch genommen und bringt sie dann in die Kliniken zur Abklärung. Und Pflegeheime, denen die ärztliche Versorgung fehlt, schicken Patient:innen immer öfter in die Notaufnahmen, nehmen sie nach einer Akutversorgung oder nach abgeklungenen Corona-Infektionen aber oft nicht zeitnah zurück. „Die Notaufnahmen stehen dann vor der Herausforderung, leitliniengerecht Herzinfarkte, Schlaganfälle und schwer Verletzte zu versorgen, obwohl schon alle Räume und Flure voll sind und das Personal kaum noch Zeit zum Luftholen hat. Das ganze System krankt, wir haben ein echtes Versorgungsproblem“, so PD Dr. Sheikhzadeh, „aber es gibt Wege aus der Krise. Wir müssen das nur gemeinsam angehen, und dafür ist die Task Force der erste Schritt.“
 
Forderungen und Vorschläge zur Sicherstellung der Notfallversorgung in Hamburg
Aus Sicht der Asklepios Kliniken lässt sich die Notfallversorgung in der Stadt durch wenige, aber wesentliche Maßnahmen verbessern. Das sind die Eckpfeiler einer stabilen und effizienten Notfallversorgung:
 
Die Leitstellen müssen unterstützt werden
 
Die Leitstellen der Feuerwehr (112) und vom „Arztruf Hamburg“ (116117) der Kassenärztlichen Vereinigung müssen dringend vernetzt werden, um abgestimmte, standardisierte Notrufabfragen zu ermöglichen. Parallelstrukturen verwirren und verschwenden wertvolle Ressourcen.
 
Eine erweiterte Digitalisierung verschafft den Disponent:innen einen besseren Überblick und ermöglicht die zielgenaue Steuerung der Patientenströme. Die in einigen Bundesländern sehr gut etablierte Software IVENA ermöglicht zum Beispiel einen Bettenkapazitätsnachweis in Echtzeit. Sie sollte kurzfristig auch in Hamburg eingeführt werden. In Hamburg ist derzeit nur der Notfall-Informations- und Dokumentations-Assistent NIDA in Betrieb, bei dem die Kliniken über die Ankunft von Notfällen durch den Rettungsdienst informiert werden. Wichtig ist aber eine bessere Lenkung der Notfälle.
 
Die Leitstellen der Rettungsdienste benötigen künftig auch ein eigenes, transparentes Meldesystem für die Auslastungen der Zentralen Notaufnahmen. Als Vorreiter bei der Digitalisierung im Gesundheitswesen könnte Asklepios bei der Entwicklung und Implementierung unterstützen.
 
Der ambulante Sektor muss die medizinische Versorgung in Hamburg stärken
 
Die Kassenärztliche Vereinigung (KV) mit den niedergelassenen Haus- und Fachärzten ist primär zuständig für die ambulante medizinische Versorgung in der Stadt und sollte einen eigenen ärztlichen Versorgungsdienst für Pflegeheime (stationär oder mobil) etablieren. Es sollte eine angemessene und zuverlässige medizinische Betreuung der Bewohner:innen von Pflegeheimen gewährleistet sein. So lassen sich unnötige Einweisungen und Transporte in die Notaufnahmen vermeiden – und es entfallen auch die Rücktransporte. Das reduziert die Infektionsgefahr und entlastet Rettungsdienste in erheblichem Maße. Asklepios könnte den ambulanten Sektor hier durch sein Großlabor Medilys mit Sets für Blutentnahmen und schnelle Laboruntersuchungen unterstützen.
Auch den Pflegediensten sollte seitens der KV Unterstützung durch ärztliche Beratung angeboten werden. Dies kann ebenfalls zu einer Reduzierung von unnötigen Klinikeinweisungen führen.
 
Ein weiterer Vorschlag zur schnellen Verbesserung der angespannten Situation in den überlasteten Notaufnahmen ist die Etablierung bzw. Stärkung eines „Uro-Mobils“, eines speziell ausgestatteten Einsatzfahrzeugs, um Neuanlagen und Wechsel von Dauerkathetern vor Ort bei den Patient:innen oder in den Pflegeheimen durchzuführen und einen Transport in die Klinik zu vermeiden. Dieses würde sicherlich (auch als Pilotprojekt) von Krankenkassen unterstützt, da hierdurch eine Menge (Transport-)Kosten eingespart werden können. Das Projekt könnte auch auf die mobile Wunden- bzw. Drainagekontrolle ausgeweitet werden. Ein oder zwei mobile Teams im Stadtgebiet würden reichen, um unzählige Fahrten der Rettungs- und Transportdienste zu verhindern und wertvolle Ressourcen in den Kliniken zu schonen.
 
Die Rettungsdienste müssen entlastet und gestärkt werden
 
Die Notfallpraxis der Kassenärztlichen Vereinigung in der Stresemannstraße und die vielen Medizinischen Versorgungszentren (MVZ) in der Stadt sollten ebenso wie die Notaufnahmen der Kliniken vom Rettungsdienst angefahren werden. Dies sollte für Patient:innen möglich sein, die absehbar einer ambulanten Behandlung bedürfen und nicht zwingend in eine voll ausgestattete zentrale Notaufnahme gehören. Etwa Patient:innen mit Wundversorgung älterer und auch kleinerer Wunden oder Beschwerden, die nicht akut sind, sondern bereits seit langem bestehen.
 
Die Pandemie-Maßnahmen müssen auf den Prüfstand
 
In den Kliniken und in den Rettungsdiensten fehlt derzeit zu viel Personal, weil auch asymptomatische Kolleg:innen aufgrund der gültigen Quarantäneregelungen ihren Dienst nicht antreten können. Grundsätzlich sollten ab sofort die Entscheidungsgrundlagen für Quarantänemaßnahmen umgestellt werden: Sie müssen sich nicht am Infektionsgeschehen und den vielen asymptomatischen Fällen orientieren, sondern an der Anzahl wirklicher COVID-Erkrankungen. COVID hat mittlerweile eine geringe Mortalitätsrate und eine Überlastung des Gesundheitssystems durch COVID ist nicht mehr zu erwarten. Entsprechend sollte in den Kliniken auch eine Kohortenisolation zugelassen werden (also zum Beispiel die Unterbringung von zwei positiv auf das Corona-Virus getesteten Patient:innen in einem Zimmer). Bis zum „Cut-Off“ von definierten Mortalitätsraten sollte – unter Beobachtung des Gesundheitsamtes – das Management innerklinischer Infektionen wieder in die professionellen Hände der Kliniker:innen vor Ort übertragen werden.

 

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