Verspielt Hamburg die Digitalisierung der Gesundheitsbranche?

• UKE will keine gemeinsame digitale Plattform mit Asklepios
• Schwerer Rückschlag für die Initiative „Hamburg Health Harbour“ der Gesundheitsbehörde
• Asklepios schaltet den Bürgermeister ein

Deutschland liegt laut Bertelsmann Stiftung bei der Digitalisierung des Gesundheitswesens in Europa abgeschlagen auf einem hinteren Platz. Hamburg hätte die Chance, hier mit der Initiative „Hamburg Health Harbour“ Boden gut zu machen und deutschlandweit in eine Vorreiterrolle zu gehen. Leider erfährt die Initiative der Gesundheitssenatorin auf Krankenhausseite bereits kurz nach ihrem Start einen Dämpfer: Das Universitätsklinikum, das derzeit ein Ausschreibungsverfahren für eine neue elektronische Patientenakte beginnt, hat sich bewusst im Vorfeld gegen ein einheitliches System mit den Hamburger Asklepios Kliniken entschieden. Eine gemeinsame, datenschutzkonforme Plattform zum digitalen Patientenaustausch rückt damit in weite Ferne.


Über mehrere Jahre arbeitete das Universitätsklinikum Eppendorf (UKE) mit dem Klinikinformationssystem (KIS) von Meierhofer als elektronische Patientenakte im Universitären Herzzentrum. Auch die Asklepios Kliniken haben die neueste Version dieses Systems jetzt in ihren Kliniken in Rissen, Wandsbek und St. Georg eingeführt und werden es schrittweise an allen anderen Hamburger Standorten installieren. Für die Patienten wäre das eine gute Nachricht, wenn der größte und der zweitgrößte Klinikanbieter in Hamburg mit kompatiblen Systemen arbeiten würden. Ließen sich so doch Patientendaten bei Bedarf leicht übertragen. Jetzt hat das UKE jedoch bei der Entscheidung über das künftige System das KIS von Meierhofer, das zu den Besten der Branche zählt, bereits bei der Vorauswahl ausgeschlossen. Das Ausschreibungsverfahren werde nun mit fünf anderen Anbietern durchgeführt werden. „Natürlich steht es dem UKE frei, sich im Rahmen des Ausschreibungsverfahrens aus objektiven Gründen für einen anderen Systemanbieter zu entscheiden. Dass die Firma Meierhofer jedoch gar nicht erst an der Ausschreibung teilenehmen darf, spricht nicht für eine sachgerechte, diskriminierungsfreie Auswahl der Teilnehmer an der Ausschreibung, von denen es ohnehin nur sehr wenige Markt gibt“, sagt Marco Walker, Chief Operating Officer der Asklepios Kliniken Gruppe. „Die so frühe Absage zu einem Systemanbieter, der in vergleichbaren Ausschreibungen in Deutschland, Österreich und der Schweiz unter den Top drei Systemen bewertet wird, zeigt, dass eine weitere politische Pflege des Wettbewerbs und die Speicherung der Daten in eigenen Datensilos dem UKE wichtiger ist, als die Stadt Hamburg gemeinsam zur Gesundheitsmetropole zu entwickeln“, sagt Asklepios-Vorstand Walker. Als einzig plausible Gründe für diese Entscheidung sieht Asklepios ein übersteigertes Konkurrenzdenken und Eifersüchtelei auf Seiten der Verantwortlichen der Universitätsklinik. Asklepios hatte im Jahr 2016 eine Minderheitsbeteiligung an Meierhofer von 42 Prozent gekauft.
 
„Um diese Befindlichkeiten auszuräumen, hatten wir der Stadt signalisiert, dass eine gemeinsame Beteiligung von Uniklinik und Asklepios an der Firma Meierhofer denkbar sei. Das UKE und Asklepios, die gemeinsam für mehr als die Hälfte der Hamburger Krankenhausbetten stehen – hätten so die Möglichkeit, innerhalb von wenigen Jahren eine in Europa einmalige datenschutzkonforme Plattform für Patientendaten aufzubauen. Dass die Uniklinik diese Möglichkeit von vornherein ausschließt, ist aus sachlichen Erwägungen heraus nicht begründbar“, sagt Walker.
 
Eine solche Plattform wäre ein in Hamburg gemeinsam betriebenes System und würde sowohl der Forschung, der Technologie als auch der Gesundheitsversorgung in der Stadt viel Antrieb, Aufmerksamkeit und Attraktivität verschaffen. Neue Arbeitsplätze, zusätzliche Fördermittel und Forschungsgelder sowie eine Verbesserung der Gesundheitsversorgung der Bürger könnten eine direkte Folge sein. Stattdessen setzt die Uniklinik auf die langwierige, riskantere Entwicklungspartnerschaft mit Softwareherstellern, deren Schwerpunkt außerhalb des deutschen Marktes liegen, anstatt einen lokalen Softwarepartner zu wählen, der bereits im eigenen Haus etabliert ist und somit einen Systemwechsel deutlich kostengünstiger, schneller und mit geringerem Risiko gewährleisten kann.
 
„Wenn große stark konkurrierende Konzerne wie Mercedes und BMW erkennen, dass es sich lohnt, im digitalen Zeitalter Car-Sharing und Zukunftstechnologien wie autonomes Fahren trotz Wettbewerb auf einer Plattform zusammen zu bringen, hatten wir die Hoffnung, dies gemeinsam in Hamburg auch zwischen Krankenhäusern hinzubekommen. ‚Hamburger Kliniken entwickeln gemeinsame KIS-Plattform zusammen für Patientenversorgung und Forschung‘, das wäre eine wirklich beeindruckende Nachricht gewesen mit viel Wirkung im europäischen Gesundheitswesen für Forscher, Industrie, Pharma, für Startups und für den Bürger“, sagt Walker.
 
„In der Tatsache, dass die Universitätsklinik diese Möglichkeit von vorneherein ausschließt, sehen wir ein zu den Interessen der Stadt Hamburg entgegen gesetztes Handeln. Der Systemwechsel am UKE wird nun teurer, riskanter und länger dauern. Eine gemeinsame, klinikübergreifende Nutzung von Gesundheitsdaten wird in anderen Bundesländern wie Berlin und Bayern vorangetrieben werden mit Fördergeldern, neuen Forschungsprojekten, Arbeitsplätzen und Startups, die der Stadt Hamburg verloren gehen werden“, sagt Walker. Asklepios hat sich dazu auch an den Bürgermeister und die Behörde für Gesundheit und Verbraucherschutz gewendet. „Wir hoffen, dass die Entscheidung des UKE einer erneuten Prüfung unterzogen wird und im Interesse der Stadt noch einmal vermittelt wird“, so Walker weiter.
 
„Für die wichtige Initiative ‚Hamburg Health Harbour‘ der Gesundheitssenatorin ist die Entscheidung des UKE zumindest auf Krankenhausseite ein schwerer Rückschlag. Der Erfolg der Digitalisierung im Gesundheitswesen hängt maßgeblich nicht nur von der gelungenen Vernetzung aller relevanten Akteure, sondern vielmehr von der gemeinsamen Nutzung der Daten ab. Die Vernetzung ist nur Mittel zum Zweck. Wer sich aber derart der gemeinsamen Nutzung verschließt, wird auch langfristig nicht an wirklichen Lösungen interessiert sein“, sagt Walker.

 

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