Chefärzt:innen-Podium am Asklepios Campus Hamburg

Fünf erfahrene Mediziner:innen standen den Studierenden am Asklepios Campus Hamburg der Semmelweis Universität (ACH) am 6. Mai Rede und Antwort zu den Themen Bewerbung, Berufseinstieg und Karriereplanung.

OTB Alumnipodium am Asklepios Campus Hamburg

Zwei Termine gehören im Frühjahr für die ACH Studierenden des zehnten Semesters, die an der Schwelle zum Praktischen Jahr (PJ) stehen, fest in den Studienplan: Zunächst ein informelles Podium mit ACH Alumni, um unter Ausschluss der Campus-Öffentlichkeit alle Fragen rund um den Berufseinstieg stellen zu können, auf die sie sich von den jungen Assistenzärzt:innen ungeschönte und offene Antworten erwarten. Nur zwei Tage später treffen sie auf ein Podium mit erfahrenen Mediziner:innen, die die gleichen Fragen aufgrund ihrer langjährigen Berufserfahrung und mit deutlichem Abstand zum Berufseinstieg vielleicht ganz anders beantworten. Beide Veranstaltungen sollen dazu beitragen, dass für die angehenden Ärzt:innen sowohl fachlich als auch persönlich der Schritt von der Universität in die Klinik möglichst passend und reibungslos gelingt.

Begeisterung als bester Schlüssel für die Wahl des Faches

OTB Chefärzt:innenpodium am Asklepios Campus Hamburg

Dr. phil. Arne Krause, seit 2021 Sprecher des Leitungsteams der Lehrkoordination am ACH, kam die Aufgabe zu, das fünfköpfige Podium sowie die Moderatorin zu begrüßen, die allesamt zum ersten Mal an dieser Podiumsveranstaltung teilnahmen. Als Moderatorin fungierte Dr. biol. hum. Jutta von Camphausen, freie Wissenschaftsjournalistin und Buchautorin, wissenschaftliche Mitarbeiterin im Zentrum für psychosoziale Medizin am Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf (UKE). 

Die Antworten auf die breit gestellten Eingangsfragen der Moderatorin (Warum ist aus Ihrer Sicht gerade Ihr Fach für wen geeignet? Warum haben Sie diese Richtung gewählt? Was macht Ihnen daran Spaß? Frisst die Arbeit Sie auf? Welche Chancen gibt es?) fielen ebenso persönlich wie unterschiedlich aus. Selbstredend, dass alle Fünf ihren Fachbereich als besonders erfüllend darstellten und Begeisterung als besten Schlüssel für ein Fach und für Erfolg und Zufriedenheit im Beruf bezeichneten.

Prof. Dr. Dr. Henning Hanken

Dr. med. Dr. med. dent. Henning Hanken, Chefarzt Mund-Kiefer-Gesichtschirurgie (MKG) Asklepios Klinik (AK) Nord-Heidberg und Fachverantwortlicher Dozent für MKG, bekannte, dass ihn gerade das Doppelstudium gereizt und fasziniert habe, ebenso wie die Bandbreite seiner jetzigen Tätigkeit, im Rahmen deren er besonders die großen Operationen liebe.

OTB Chefärzt:innenpodium am Asklepios Campus Hamburg

Dr. Anna Jakob, Chefärztin Gynäkologie AK Wandsbek, beschrieb die Gynäkologie als ein breit angelegtes „Fach für Unentschiedene“, zumal auch die Geburtshilfe zur Facharztausbildung zähle. Die Doppelgleisigkeit bringe zahlreiche Möglichkeiten mit sich, sich später niederzulassen und Beruf und Familie gut zu vereinbaren.

OTB Chefärzt:innenpodium am Asklepios Campus Hamburg

Dr. Thomas Mansfeld, Chefarzt Viszeralchirurgie und Ärztlicher Direktor AK Rissen, beschrieb, dass er schon früh von seinem späteren Fach geträumt habe: „Ich wollte schon mit zwölf Jahren Chirurg werden. Während des Studiums habe ich aus lauter Begeisterung auch alle anderen Fachbereiche in Betracht gezogen. Am Ende hat sich das Herz durchgesetzt. Die Chirurgie ist technisch und körperlich anstrengend, aber alles ist zu schaffen, wenn man es nur schaffen möchte.“

OTB Chefärzt:innenpodium am Asklepios Campus Hamburg

Dr. Claudia Schnabel, Fachärztin Labor Fenner sowie Fachverantwortliche Dozentin für Labormedizin, beschrieb ihre Labortätigkeit als abwechslungsreich und spannend, gleichzeitig ruhiger als einen klinischen Job. Durch die geregelten Arbeitszeiten sei er außerdem gut planbar und als Teilzeitjob oder sogar im Home office möglich.

OTB Chefärzt:innenpodium am Asklepios Campus Hamburg

Besonders ins Schwärmen geriet schließlich PD Dr. Sarah Sheikhzade, Chefärztin der Zentralen Notfallaufnahme AK St. Georg: „Ich habe mich per Zufall in die Notaufnahme verliebt. Das muss man auch, denn das ist ein stressiger Job, den man ebenso wie die Menschen und das Chaos dort lieben muss, sonst hält man ihn nicht aus.“

Auszüge aus den Antworten der Profis auf die Fragen der Nachwuchsmediziner:innen:

OTB

1. Was kann man tun, damit im beruflichen Alltag die Freude erhalten bleibt?

Gemeinsam nahmen die Podiumsteilnehmer:innen den Studierenden die Sorge, dass bereits ab Kliniktag eins die Verantwortung sowie die Arbeitszeit erdrückend seien; eine gelungene Work-life-balance hänge immer von der gewählten Fachrichtung, der Größe des Hauses, dem oder der Chefärzt:in, der Möglichkeit, sich später niederzulassen sowie den eigenen Erwartungen an die Karriere und an das Einkommen ab. Am entscheidendsten bleibe aber die eigene Begeisterung.

2. Wann merkt man, dass einem eine operative/chirurgische Tätigkeit liegt?

Dr. Mansfeld: „Das fühlen Sie.“

Dr. Anna Jacob: „Es macht einem doch immer das Spaß, was man kann.“

Dr. Hanken: „Das lernen Sie erst in der Facharzt-Ausbildung. Wenn Sie aus dem Studium kommen, können Sie manuell nichts. Das wissen alle. Ob Sie herausragend sind, merken Sie erst später. Ich musste vor den Augen meines Chefarztes eine Orange schälen – bei dem Test siehst man schnell, ob jemand mit dem Messer umgehen kann...“

3. Wie wichtig ist im heutigen Umfeld noch ein Doktortitel?

Die Antworten changierten zwischen „an der Uni sehr wichtig, außerhalb nice to have bzw. eine reine Eitelkeitssache“, „gut für den Zugang zum wissenschaftlichen Arbeiten“, „wenn, dann gleich anfangen“ und – mit Blick auf eine Habilitation – „ein angenehmes Attribut auf Kongressen.“ Dazu Dr. Mansfeld: „Ein Professorentitel ermöglicht das Gespräch mit anderen Professorinnen und Professoren auf Augenhöhe. Sonst bleibt man bei Fachgesprächen gern mal im Hintergrund und hält eher den Mund. Aus meiner Erfahrung lohnt es sich auf jeden Fall, im Rahmen einer Karriereplanung zumindest über die Möglichkeit einer Habil nachzudenken.“

4, Wann ist der beste Moment, um sich zu bewerben? Ist Reisen davor noch möglich?

Dr. Sheikhzadeh: „Machen Sie das, was Sie wollen, aber seien Sie vor allem authentisch und sagen Sie, was Sie für Pläne haben. Ich will Sie doch so kennenlernen, wie Sie sind. Sie können alles machen, auch ein Forschungsjahr – aktuell kämpfen wir doch um jeden und jede, die zu uns kommen möchte, da ist alles möglich. “

5. Ist Arbeiten im Ausland, zum Beispiel in den USA, möglich und sinnvoll?  

Einmütige Antwort: „Schwierig!“. Detaillierte Hintergründe kann der Bericht über ACH Alumna Katherina Böttge liefern, die ihre Erfahrungen auch gern mit interessierten ACH-Studierenden teilt. 

6. Wie wichtig sind die Abschlussnoten bei der Bewerbung?

Auch hier gab es eine einmütige Antwort: Die Noten seien mehr oder weniger egal, die spürbare Einstellung allerdings nicht. Es komme vor allem darauf an, dass die Bewerber:innen sich als offene, aufgeschlossene und interessierte Menschen vorstellten. Empfehlenswert sei immer auch eine Hospitation, dann merke auch das Team, ob jemand passt.

7. Wie soll eine Bewerbung bestenfalls aussehen?

Old school vs. new school, schriftlich, persönlich oder online? Dazu fielen die Antworten unterschiedlich aus:  

Dr. Sheikhzadeh „Wir alle lechzen nach gut ausgebildeten, motivierten Kolleginnen und Kollegen. Der Weg Ihrer Bewerbung ist mir daher egal, gern aber schriftlich. Und sie sollten fachlich wissen, wovon sie sprechen. Für mich muss Respekt und Bescheidenheit dem Fach gegenüber rüberkommen.“

Dr. Mansfeld: „Mails mit Schreibfehlern sortiere ich gleich aus. Auch wenn heute alles über Bewerbungsportale läuft, freue ich mich über einen Anruf. Allerdings stehe ich persönlich auf Bewerbungsmappen – wer sich damit bewirbt, den oder die bestelle ich gleich ein!“ 

Dr. Hanken: „Wir machen Medizin, daher müssen wir immer 100 % genau sein. Das muss sich auch in den Bewerbungen zeigen. Die Art und Weise ist mir egal, aber die Bewerbung muss ordentlich gemacht sein – so, wie wir auch unseren ganzen Beruf ordentlich machen müssen.“

8. Frauen in der Medizin, Frauen mit Kinderwunsch - muss man die künftige Facharztrichtung davon abhängig machen?

Deutlicher hätte ein Nein! vor allem von den beiden Chefärztinnen, die selbst Kinder haben, nicht klingen können:

Dr. Sheikhzadeh: „Was immer sie wann mögen, machen Sie’s! Kinder passen nie. Und Kinder kann man nicht planen. Als Frau sollten Sie vor allem nicht immer als erstes daran denken, was familienkompatibel ist.“

Dr. Hanken: „Ich bin auch als Mann sehr daran interessiert, dass ich für meine Mitarbeiterinnen eine gute und machbare Situation schaffe. Da müssen Sie sich keine Gedanken machen.“

Dr. Jakob: „Ich bin das beste Beispiel für ein supercooles Modell, wie drei Frauen gemeinsam eine Chefärztinnen-Stelle teilen können. Und es gibt noch viel mehr mutmachende Beispiele. Mein einziger und letzter Rat: Suchen Sie sich einen Mann, der die Familiensituation gut mitträgt, denn er ist genauso beteiligt!“

Lachen, Applaus, Dank, Ende.

 

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