Erster Filmabend am ACH mit GOLD

Auf Wunsch der Studierenden am Asklepios Campus Hamburg (ACH) zeigte Andreas F. Schneider am 19. Februar seinen Film GOLD – Du kannst mehr, als du glaubst. Über sein Erstlingswerk sowie sein eigenes Leben im Rollstuhl hatte der Filmproduzent und Drehbuchautor bereits bei der ACH Weihnachtsfeier 2019 gesprochen.

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Schwimmerin Kirsten Bruhn erlebte bei den Paralympic den schönsten Tag ihres Lebens.

Dunkler Hörsaal. Film ab. Eine schnelle Drohnen-Kamerafahrt über das offene Meer. Erst nach Sekunden können die anwesenden ACH Studierenden den Punkt erkennen, auf den die Kamera zusteuert. Kirsten Bruhn, Schwimmerin und Teilnehmerin der Paralympics 2012 in London, zerteilt mit kräftigen Kraulschlägen das Wasser. Von ihrem Schicksal – sie sitzt seit einem Motorradunfall auf einer griechischen Insel im Rollstuhl – sowie von dem ihren männlichen Athletenkollegen Henry Wanyoike und Kurt Fearnley erzählt in den nächsten 105 Minuten der Film GOLD – Du kannst mehr, als du glaubst. Schon in der Antwort auf die erste Interview-Frage wird Kirsten Bruhns Verzweiflung überdeutlich: „‘Das mit dem Gehen können Sie vergessen, Frau Bruhn‘ waren die Worte des Arztes kurz vor der OP 1991.“ Erst viel später im Film dreht sich ihre Stimmung und Erfahrung ins Positive: „Ich hätte nicht gedacht, dass der schlimmste Tag meines Lebens, an dem der Unfall passierte, zum schönsten Tag meines Lebens führen wird, nämlich als ich bei den Paralympics 2004 in Athen meine erste paralympische Medaille gewonnen habe.“

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Rennrollstuhlfahrer Kurt Fearnley wollte immer stark und unabhängig sein.

Schnitt. Die Kamera folgt Kurt Fearnley beim sichtbar anstrengenden Training in seinem Rennrollstuhl auf einer Landstraße. Der Australier ist ohne untere Gliedmaßen auf die Welt gekommen. Seinen Eltern sowie seinen Geschwistern hat er es zu verdanken, dass er heute trotzdem so gut es geht ein selbstständiges, selbstbestimmtes und sportlich extrem erfolgreiches Leben führt. Bereits mit 17 wurde er Teil der Mannschaft von Sydney und nahm an zahlreichen internationalen Wettkämpfen teil. Sein Credo lautete von Anfang an: „Ich wollte vor allem immer nur eins sein, stark und unabhängig sein. Und in keiner Situation hören zu müssen: Das kannst du nicht!“

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Marathonläufer Henry Wanyoike, an dessen Seite immer ein sehender Läufer mittrainiert, ist stolz auf all seine sportlichen Erfolge.

Nochmals Schnitt: Der mit 18 über Nacht erblindete Kenianer Henry Wanyoike übt für den Marathon. Er trainiert in Tuchfühlung mit seinem Mit-Läufer, der später auch bei den Wettkämpfen immer an seiner Seite ist. Auch nach seinem Schicksalsschlag, dessen Ursache nie gefunden wurde, hat der als Frohnatur geltende Henry seine Freude am Sport nicht verloren. Trotz seiner Seh-Behinderung engagiert er sich neben seinem stundenlangen Training auf verschiedene Weise ehrenamtlich in seinem afrikanischen Dorf. Er bekennt später im Film: „Ich habe nie bereut, dass ich erblindet bin. Ich habe eine Vision entwickelt, was ich erreichen möchte. Ich bin so stolz auf alle meine sportlichen Erfolge und Medaillen. Wir können alle etwas, wenn man uns nur lässt.“

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Der Film über die drei Ausnahmeathleten schaffte es auf Anhieb zur Biennale 2013.

Sensibel und unmittelbar begleitet die Kamera die drei Athleten mehr als ein Jahr lang auch in sehr intimen Momenten: In der Reha, beim schweißtreibenden Training, unter Wasser, im häuslichen Umfeld. Kurze Interviews mit Eltern, Trainern, Partnerinnen und Partnern sowie Freunden sorgen dafür, dass im Laufe des Films ein sympathisches und beeindruckendes Bild von drei Sportlerpersönlichkeiten entsteht, die ihre Behinderungen dank ihres sportlichen Ehrgeizes und Durchhaltevermögens überwunden zu haben scheinen. Ihre Verzweiflung und ihre Hoffnungen, ihre Frustration und ihre Freude werden ebenso deutlich wie ihr ganz großes Ziel, bei den größten paralympischen Spielen aller Zeiten in London 2016 zweierlei zu erreichen: mit ihren jeweiligen Nationalmannschaften ins Stadion einzuziehen und in ihren jeweiligen Disziplinen eine Medaille zu erkämpfen. Ob und wem es gelingt, wird an dieser Stelle allerdings nicht verraten! Am Ende des Films ist dies aber auch nicht entscheidend. Der eigentliche zentrale Moment ist der, als Protagonisten wie auch Zuschauerinnen und Zuschauer begreifen, dass der Sport eigentlich nur als Metapher dafür dient, dass jeder und jede aufgefordert ist, übertragen gesprochen ‚das Gold in sich selbst zu finden‘.

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Reaktion der ACH Studierenden nach dem Film: "Sie haben nicht zu viel versprochen."

Produzent und Drehbuchautor Andreas Schneider bekannte, dass auch er beim wiederholten Sehen am Ende des Films gerührt war, aktuell auch aus einem ganz anderen Grund: „Morgen Abend beginnt das berühmte Berliner Filmfest. Fast genau vor sieben Jahren waren wir mit diesem Film bei der 63. Berlinale dabei. Damit hatten wir damals einfach niemals gerechnet.“ Für das gesamte Team sei es schon belohnend gewesen, über einen längeren Zeitraum mit den drei außergewöhnlichen Athletinnen und Athleten zusammenzuarbeiten. Dass der Film ein so großer Erfolg wurde, kam dann noch dazu. „Unsere Erfahrung hat vom ersten Moment an gezeigt: Dieser Film zündet die Menschen an. Vorab kann man zwar nicht erklären, um was es wirklich geht. Aber hinterher ist man beschenkt.“ Dies empfanden offensichtlich auch die Studierenden vom ACH, die am Ende eines langen Uni-Tages nochmal mehr als eineinhalb Stunden am Campus ausgeharrt hatten. Nach Geschäftsführer Dr. Christoph Jermann dankte auch ein Student im Namen Aller dem Produzenten mit den Worten: „Sie haben auf jeden Fall bei der Weihnachtsfeier nicht zu viel versprochen.“ Nach einer längeren Fragerunde zu der Entstehung des Films, der Finanzierung, der Suche nach den sportlichen Protagonisten und weiteren Aspekten verließen alle den Campus mit dem Gefühl, tatsächlich durch GOLD beschenkt zu sein.

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