StuPoli Hamburg legt nach dem ersten Jahr Erfahrungsbericht vor

Seit Februar 2018 versorgen Studierende vom Asklepios Campus Hamburg (ACH) in der Studentischen Poliklinik (StuPoli) Hamburg Menschen ohne Krankenversicherung. Nach Abschluss des ersten Jahres, in der sie wöchentlich eine allgemeinmedizinische Sprechstunde unter hausärztlicher Supervision durchgeführt haben, hat nun das Organisationsteam einen Erfahrungsbericht veröffentlicht.

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Seit Februar 2018 bietet die StuPoli Hamburg jeden Freitag eine zweistündige Sprechstunde an

„Establishing a Student-Run Free Clinic in a Major City in Europe: A 1-Year Experience Study from Hamburg” lautet der Titel der Studie, für die zehn Mitglieder des Organisationsteams der StuPoli Hamburg die über das erste Jahr erhobenen Patientendaten ausgewertet haben. Unterstützt wurden sie von PD Dr. Tobias N. Meyer, Chefarzt für Innere Medizin am AK Barmbek und fachverantwortlicher Dozent für Immunologie/Nephrologie sowie für das Wahlfach StuPoli, und Prof. Karl J. Oldhafer, Chefarzt für Allgemeine- und Viszeralchirurgie am AK Barmbek sowie Repräsentant des Dekans der Medizinischen Fakultät der Semmelweis Universität am ACH. Die Jahresbilanz liefert eine Antwort auf die Frage, inwiefern die Hamburger StuPoli, nach Frankfurt die zweite ihrer Art nach Vorbild der amerikanischen Student-Run Free Clinics, in einer Stadt wie Hamburg ihre Berechtigung hat. Im Zentrum der Untersuchung standen daher die Fragen nach Frequentierung und Behandlungsmöglichkeiten, also wer wie oft mit welchem Krankheitsbild die wöchentlich zweistündige Sprechstunde im vergangenen Jahr aufgesucht hat, welche Diagnose dabei gestellt und welche Behandlung geleistet wurde und ob die Weitervermittlung an einen Spezialisten nötig war. Das Ergebnis der Studie in Kurzform lautet: Zwischen Februar 2018 und März 2019 haben 229 Patienten aus 33 verschiedenen Ländern die wöchentlich zweistündige Sprechstunde der StuPoli besucht, knapp 38 Prozent sogar mehrfach. Mehr als 40 Prozent stammen aus Deutschland, weitere 50 Prozent aus anderen europäischen Staaten, vorwiegend aus Polen. Infektionen, Hautkrankheiten sowie Folgen von Verletzungen waren bislang die häufigste Behandlungsursache.

Digitale Patientenakte liefert Daten

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Felix Fröschle ist im StuPoli-Team zuständig für das Thema Qualitätsmanagemant

Über die reinen Zahlen hinaus wird in der Studie außerdem noch einmal der Hintergrund der Idee einer Studentischen Poliklinik in Hamburg beleuchtet, die Organisationsstruktur dargestellt und die Erhebungsmethode der Daten beschrieben. Am Wichtigsten jedoch ist die vorläufige Beantwortung der Frage nach der Notwendigkeit einer StuPoli in einer Großstadt wie Hamburg. Die Studie kommt zu dem Schluss, dass in der Hansestadt angesichts der erhobenen Zahlen tatsächlich viele Menschen keinen direkten Zugang zu einer medizinischen Versorgung haben. Bedürftige Menschen ohne Krankenversicherung sind daher auf eine alternative Anlaufstelle wie die StuPoli angewiesen, die eine qualifizierte und unbürokratische hausärztliche Hilfe bietet. Für die Erhebung der Daten hatte das Autorenteam die digitalen Patientenakten ausgewertet, die seit Beginn geführt wurden. Hierfür hat die StuPoli Frankfurt dankenswerterweise die Software zur Verfügung gestellt. Für die Einhaltung des Datenschutzes zeichnen Felix Fröschle und das Team um Christopher Predel verantwortlich. Fröschle ist Mitbegründer der StuPoli und im Organisationsteam zuständig für das Thema Qualitätsmanagement (QM), in dessen Rahmen auch die vorliegende Studie entstanden ist. Für ihn steht das Thema Qualität im Umgang mit den Patienten im Vordergrund, sowohl in der Lehre in dem Wahlpflichtfach am ACH als auch in der Praxis durch die Supervision der Behandlungen durch erfahrene Ärzte. „Im Moment plane ich einen Fragebogen für eine erstmalige Patientenbefragung, um herauszubekommen, wie die Patienten die Behandlung in der StuPoli wahrnehmen“, erklärt der ACH Student aus dem PJ-Jahrgang den nächsten QM-Schritt.

"Fast wie die Gründung eines Start Ups"

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Richard Drexler, Berit Sturm und Klara Ustorf aus dem Leitungsteam der StuPoli

Für die Qualität der bisherigen Arbeit spricht nicht nur die hohe Zahl der Wiederkehrer und erfolgreichen Behandlungen, sondern auch die technische Ausstattung der StuPoli: Ein Sonogerät, ein gutes EKG-Gerät sowie durch weitere Sach- und Geldspenden möglich gewordene zusätzliche Geräte und Instrumente erlauben eine immer umfassendere Diagnose und Versorgung der Patienten. Falls das StuPoli-Team dennoch an seine medizinischen Grenzen kommt, sorgt ein wachsendes Netzwerk an Hausärzten, niedergelassenen Fachärzten und anderen Anlaufstellen für Nicht-Versicherte für eine reibungslose Weiterbehandlung der Patienten. „Ich bin nach wie vor überrascht, wie gut es läuft“, meint Klara Ustorf, Vorsitzende des Trägervereins der StuPoli und Leiterin der Öffentlichkeitsarbeit. „Der größte Schritt war für mich die Umstellung von der Planungs- zur Projektphase.“ Berit Sturm, Projektleiterin der StuPoli, teilt die Ansicht ihrer Kommilitonin und Mitstreiterin: „Bis zu diesem Schritt am Ball zu bleiben und durchzuhalten, das war fast wie bei der Gründung eines Start Ups.“ In den Augen von Richard Drexler, Vorsitzender des Teams Lehre, ist der Erfolg vor allem der Geschlossenheit des Teams zu verdanken. „Wir haben alle im Laufe des Prozesses viel voneinander gelernt und profitiert. Bei der Eröffnung hatten wir den Eindruck, unser Ziel erreicht zu haben. Erst im Laufe der Zeit hat sich dann die Motivation eingestellt, die StuPoli so richtig ans Laufen zu bringen“, resümiert der angehende PJler. Alle drei finden, dass zwei Menschen am Ende dieses ersten Jahres besonders erwähnt werden müssen: Dr. Refmir Tadzic vom Hamburger Gesundheitszentrum MVZ, der den Kontakt zu Tomislav Ilicic hergestellt hat, Medizinprodukteberater der Firma Zimmer MedizinSysteme GmbH. Ihnen beiden hat die StuPoli die für sie besonders wertvolle Spende des EKGs und der Ansauganlage zu verdanken.

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Rund 20 ACH Studierende verantworten gemeinsame die StuPoli Hamburg

Die StuPoli ist eine jahrgangsübergreifende Initiative von rund 20 Medizinstudierenden. Der Betrieb der StuPoli ist als klinisches Wahlpflichtfach in das Curriculum am ACH eingebettet und hatte von Anfang an deutlich mehr Interessenten als Plätze. Seit Februar 2018 werden in der StuPoli Menschen ohne Krankenversicherung in einer wöchentlichen Sprechstunde von den Studierenden unter hausärztlicher Supervision unersucht und behandelt. Sie ist im spendenfinanzierten „CaFée mit Herz“ im Gesundheitszentrum St. Pauli untergebracht, einer zentralen Anlaufstelle in Hamburg, in der täglich bis zu 300 Menschen vorwiegend ohne festen Wohnsitz kostenlos Mahlzeiten, Kleidung und eine Duschmöglichkeit erhalten.

Weiterführende Berichte zur StuPoli Hamburg

Der QM-Bericht wird hier zu einem späteren Zeitpunkt veröffentlicht.

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