Ringvorlesung 2.7: Endoprothetik

Als Experte seines Fachs stellte Prof. Dr. med. Heiko Graichen aus der Asklepios Orthopädischen Klinik Lindenlohe auch im zweiten Durchlauf der Ringvorlesung Asklepios Centers of Excellence am ACH (Asklepios Campus Hamburg der Semmelweis Universität) sein Exzellenzzentrum vor.

Prof. Dr. med. Heiko Graichen
Prof. Dr. med. Heiko Graichen © Asklepios

Nach der Begrüßung sowie Vorstellung des Referenten durch Prof. Dr. Kilian Reising, Chefarzt der Orthopädie und Unfallchirurgie am Asklepios Klinikum Harburg, stellte Prof. Dr. med. Heiko Graichen zunächst Lindenlohe als Region sowie die Eckdaten des Asklepios Centers of Excellence für Endoprothetik vor. In der orthopädischen Fachklinik in der Nähe von Regensburg kämen Patient:innnen von Jung bis Alt zur Behandlung ihrer Bewegungsapparate vom großem Zeh bis zur Halswirbelsäule. Das für seine Qualität vielfach ausgezeichneten Endoprothetik-Zentrum der Maximalversorgung verfüge über 115 Betten für 4100 stationäre Patient:innen pro Jahr im Bereich Endoprothetik und allgemeine Orthopädie. Hinzu kämen jährlich 13.000 ambulante Fälle. Den ACH Studierenden biete das Exzellenzzentrum die Möglichkeit zu Famulaturen, Doktorarbeiten sowie einer Fachärzt:innenausbildung für die ersten fünf der verpflichtenden sechs Jahre.

Den Fokus seines Vortrags legte Prof. Graichen zunächst auf das Thema Patien:innenzufriedenheit sowie später auf eine konkrete Möglichkeit, diese zu erhöhen. „Ein Patient, der eine Klinik für eine endoprothetische Behandlung wählt, hat den Wunsch, dass alle seine Vorstellungen und Ziele erreicht werden. Dies ist entscheidend für die spätere Frage nach der Patientenzufriedenheit. Ganz anders sieht es nach einem traumatologischen Eingriff nach einem Unfall aus. Da dieser unvermittelt kommt, werden spätere Bewegungseinschränkungen nach einer Operation eher akzeptiert“, umriss der Referent eine zentrale Problematik, die allerdings differenziert betrachtet werden müsse: „Bei Hüften erzielen wir eine Patientenzufriedenheit von nahezu 100 Prozent. Im Bereich Knie-Endoprothetik ist die Zahl jedoch lediglich bei 80-90%. Die Analyse der Revisionen zeigt, dass ungefähr die Hälfte aller Revisionen in den ersten zwei entscheidenden Jahren nach OP erfolgen. Aber“, so der wertvolle Hinweis an die angehenden Ärztinnen und Ärzte, „Sie müssen vor allem die Erwartungen der Patient:innen vor der OP verstehen, denn ein Großteil der Unzufriedenheit beruht häufig auf falschen Erwartungen.“

 

Bessere Planung, Umsetzung und Kontrolle

Asklepios Centers of Excellence am ACH

Ein Grund für das Nicht-Erreichen eines OP-Ziels (zum Beispiel bei Achskorrektur, Stabilisierung eines Gelenks oder der Wiederherstellung der physiologischen Anatomie) liege häufig auch in der mangelnden technischen Genauigkeit. Im Umkehrschluss bedeute dies, dass bei der Operation von Knien eine präzisere Navigation durch immer modernere Hilfsmittel wie z.B. der Robotik hilfreich sei. „Allerdings ist die Navigation keine Kassenleistung, sondern quasi ein „Hobby“ des Leistungserbringers. Allerdings zeigen die Registerdaten in Australien ebenso wie zahlreiche Studien, dass durch eine erhöhte Präzision die Revisionsrate gesenkt werden kann. „Durch die technischen Möglichkeiten kann eine OP einfach besser geplant, umgesetzt und kontrolliert werden, da jeder einzelne Schritt sehr präzise ausgeführt werden kann.“ Unter der OP könne so permanent die Schnittebenen, die Mobilität und die Stabilität des Gelenks dynamisch gemessen und quantitativ erfasst werden. Dies ist ein großer Unterschied zur klassischen chirurgischen Technik, die in erster Linie auf der Erfahrung beruht. Daher ist Navigation/Robotik auch in der Ausbildung ein hervorragendes Mittel, um die intraoperativen Entscheidungen transparent für alle zu machen.

Die Frage, ob Robotik und andere Techniken nur für Profis bzw. Exzellenzzentren seien, beantwortet Prof. Graichen mit einem klaren „Nein“: „Neue Technologien müssen allerdings in den OP-Alltag integriert und nicht nur ab und zu herausgeholt werden. Wenn Navigation zum Standard wird, stellt sie keinen zusätzlichen Zeitaufwand dar. Aber es ist und bleibt ein Rechenexempel, ob sich eine Klinik die technische Präzision leisten kann und will.“  Einer aktuellen Untersuchung zufolge hielten zwei Drittel aller Operateure den Einsatz von Navigation für relevant, allerdings besitze nur ein knappes Drittel aller Krankenhäuser ein Navigationssystem. Noch geringer sei mit maximal 18 Prozent die Zahl der navigierten Knie-OPs. Warum dies so sei, darüber wundere sich auch der Referent aus Lindenlohe: „Die klinischen Ergebnisse sind eindeutig und die Lernkurven überzeugend, wenn man nicht gerade erwartet, bereits beim ersten Einsatz ein Profi zu sein. Die hohen Kosten sind ein klares Gegenargument, aber dem steht der geringere Zeitaufwand, das Vermeiden zahlreicher OP-Schritte sowie deutlich geringerer Blutverlust gegenüber. “ Prof. Graichens Fazit lautet daher so: „Robotik macht meines Erachtens besonders in hoch-volumigen Zentren wie zum Beispiel unserem Exzellenzzentrum in Lindenlohe Sinn, denn dort rechnet sich die Technik auch. Aber auch bei uns gilt: Die OP mit ihren technischen Voraussetzungen stellt nur einen Teil der Versorgungsqualität sicher. Wichtigster Baustein bleibt die richtige Indikation beim richtigen Patienten.“

Die letzte Ringvorlesung im Frühjahrssemester hält am 5. Mai 2022 Prof Dr. med. Karsten Krakow, Asklepios Klinik Falkenstein, zum Thema Neurologische Frühreha.

 

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