Frühzeitig, gemeinschaftlich und konsequent handeln

Am Asklepios Fachklinikum Stadtroda werden Kinder und Jugendliche bei Schulangst, Schulphobie und Schulschwänzen behandelt / Einbeziehung von Eltern und Lehrern ist unerlässlich

Stadtroda, den 01. 02. 2018. „Ausfall“ gilt bekanntermaßen als das Lieblingsfach. Viele Schüler wüssten zudem genau, wie sie entscheiden würden, stünde ihnen die Wahl frei zwischen einem Unterrichtstag oder einem Tag zu Hause. Doch, wo hört der Spaß auf? An welcher Stelle wird die Grenze überschritten zwischen einer „normalen“ gelegentlichen Schul-Unlust und pathologischer Schulvermeidung?

„Schulvermeidung ist ein weit verbreitetes Problem“, sagt Dr. Michael Kroll, Chefarzt der Klinik für Kinder- und  Jugendpsychiatrie, Psychosomatik und Psychotherapie am Asklepios Fachklinikum Stadtroda. Es handele sich dabei häufig um ein „komplexes Störungsbild, das am besten in guter Kooperation zu therapieren ist“, erklärt Dr. Kroll.

Die aktive Einbeziehung der Eltern, im Idealfall auch der Lehrer, erachten die Experten des Asklepios Fachklinikums Stadtroda daher als unerlässlich. Dem Störungsbild der Schulvermeidung wird mit einem multiprofessionellen Team und vielfältigen Behandlungsmöglichkeiten in einem ganzheitlichen Ansatz begegnet. „Die Betroffenen selbst verklären ihre Situation oftmals lange Zeit“, so die Erfahrung von Chefarzt Dr. Kroll. Je länger aber schulvermeidendes Verhalten bestehe und sich somit verfestige, umso schwieriger werde die Behandlung.

Frühzeitig, gemeinschaftlich und konsequent – das sind die drei Säulen, auf denen das Handeln beim Umgang mit schuldistanzierendem Verhalten fußt. „Zu einem konsequenten Verhalten gehört es auf Seiten der Eltern zum Beispiel auch, im Ernstfall den WLAN-Router mit auf Arbeit zu nehmen, dass für das Kind kein Anreiz besteht, zu Hause zu bleiben“, unterstreicht Dr. Kroll.

„Schulvermeidung“ ist ein Oberbegriff für drei unterschiedliche Formen: die Schulangst, die Schulphobie und das Schulschwänzen. Schulangst resultiert häufig aus der Sorge darum, die geforderten Leistungen nicht erzielen zu können. Von Schulangst betroffene Kinder und Jugendliche können an einer Teilleistungsstörung, wie der Lese-Rechtschreib- oder der Rechenschwäche, leiden. „Versagensängste sind bei Kindern heute sehr ausgeprägt. Früher hatte jemand auch mit einem schlechten Schulabschluss eine Zukunft“, erklärt Chefarzt Kroll. Nicht selten kommen zur Schulangst noch erschwerend Mobbing oder Cyber-Mobbing hinzu.

Die Schulphobie hingegen ist ihrem Wesen nach eine Trennungsangst, bzw. eine Sorge um die Familie daheim. Die Betroffenen leiden häufig unter körperlichen Beschwerden ohne organische Ursache – zumeist während des Schulbesuchs. Typisch sind zudem emotionale Störungen, extreme Ängstlichkeit, eine depressive Symptomatik und Stimmungsschwankungen. Das Fernbleiben vom Unterricht geschieht in der Regel mit dem Wissen der Eltern.

Dem Schulschwänzen liegt im Unterschied zu Schulangst und Schulphobie eine dissoziale Störung zugrunde. Hier ist nicht Angst der Grund für die Schulvermeidung, sondern Unlust. Schulschwänzen wird häufig begleitet von Aggressivität und sozialer Verhaltensauffälligkeit und findet meist ohne das Wissen der Eltern statt. Statistisch gesehen ist der typische Schulschwänzer männlich, älter als zehn Jahre und besucht bei meist schlechtem Leistungsniveau eine Hauptschule.

Was das Störungsbild der Schulvermeidung angeht, so sieht Dr. Michael Kroll durchaus einen Zusammenhang mit einem „unpassenden Schulsystem, das die Kinder nicht richtig auffängt.“ Oft seien Betroffene in einer Schulform untergebracht, die nicht zu ihnen passt. Eine Schule sei dann gut, wenn sie die Kinder da abhole, wo sie sind.

Stattdessen sei das aktuelle Bildungssystem völlig überfrachtet. Anstelle eines nachhaltigen Lernens werde – gerade an Gymnasien - möglichst viel Unterrichtsstoff im Schnelldurchlauf behandelt. Der Besuch außerschulischer kommerzieller Nachhilfe-Institutionen gilt für Gymnasiasten als Normalfall. Ende 2016 zeigte die Pisa-Studie stagnierende Leistungssteigerungen bei 15-Jährigen – und nach einer aktuellen Studie des Instituts zur Qualitätsentwicklung im Bildungswesen (IQB) haben sich die Leistungen von Viertklässlern beim Rechnen, Schreiben und Zuhören gegenüber 2011 im Bundesdurchschnitt deutlich verschlechtert.

Andererseits sei es um die Kommunikation zwischen Eltern und Lehrern oft nicht gut bestellt. „Viele Eltern reden nicht wertschätzend über Schule“, so die Erfahrung von Dr. Kroll. Klagen Kinder über Kopf- oder Bauchschmerzen, sind Eltern oft verunsichert und lassen sie zu Hause. Manche seiner jungen Patienten haben – mit Unterbrechung – regelrechte Dauerkrankschreibungen. „Wenn die Kinder zu uns kommen, besteht das Problem oft schon ein oder zwei Jahre“, erklärt Chefarzt Kroll. Er ist froh, die Sonderpädagogin Dr. Petra Baum in seinem Team zu haben, deren dezidierte Diagnostik er – nicht zuletzt auch als Alleinstellungsmerkmal der Klinik - schätzt.

Je nach Schwere des Störungsbildes werden Kinder und Jugendliche in Stadtroda ambulant oder stationär behandelt. In Gera betreibt das Asklepios Fachklinikum zudem eine Tagesklinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie. Oberstes Ziel ist es, die Kinder wieder bereit für den Schulbesuch zu machen. Im Fall einer stationären Behandlung finden erste Versuche hierzu im geschützten Rahmen der Klinikschule statt.

 

Kontakt

Dr. Michael Kroll
Chefarzt Kinder- u.  Jugendpsychiatrie,
Psychosomatik u. Psychotherapie
Tel.: (036428) 56 13 53

E-Mail: mi.kroll@asklepios.com

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