Alkoholabhängigkeit hat oft weitreichende Folgen

Im Rahmen einer qualifizierten Entzugsbehandlung kann aber vieles langsam wieder verbessert werden.

„In Deutschland sind 1,3 Millionen Menschen alkoholabhängig und 2,7 Millionen Menschen missbrauchen Alkohol“, sagt Dr. Udo Polzer, Ärztlicher Direktor und Chefarzt der Klinik für Allgemeine Psychiatrie/ Psychotherapie, Gerontopsychiatrie und Suchterkrankungen am Asklepios Fachklinikum Stadtroda. Auch im Saale-Holzland-Kreis ist Alkohol die Droge Nummer eins. Die Folgen jahrelanger Alkoholabhängigkeit sind dabei oft weitreichend – sowohl sozial als auch gesundheitlich.

Die gute Nachricht sei, dass viele der durch Alkohol verursachten gesundheitlichen Schäden im Zuge einer erfolgreichen Behandlung und anschließender Abstinenz wieder abgemildert werden können, auch kognitive Störungen können sich verbessern, erklärt Oberärztin Dr. Steffi Leipold-Haas. Am Asklepios Fachklinikum Stadtroda erhalten Patienten eine qualifizierte Entzugsbehandlung – auch in Zeiten der Corona-Pandemie. „Wir nehmen nach wie Patienten mit Alkoholabhängigkeit auf“, sagt die Oberärztin. Es sei für die Betroffenen ohnehin schon schwer genug.

Soziale Folgen der Alkoholabhängigkeit seien unter anderem familiäre bzw. Eheprobleme, finanzielle Probleme, Beschimpfungen, Beleidigungen oder Verletzungen. „Der Volkswirtschaftliche Schaden beträgt jährlich 26,7 Milliarden Euro: Zehn Milliarden Euro durch Kosten für ambulante und stationäre Einrichtungen, Krankenhäuser, Sachbeschädigung, Straßenverkehrsunfälle; sechzehn Milliarden Euro durch Verlust der Arbeitszeit, Nichtmarkttätigkeiten, Frühberentung und Reha“, beziffert Dr. Leipold-Haas die Problematik.

Die gesundheitlichen Probleme, die im Zusammenhang mit Alkoholabhängigkeit auftreten können, sind vielfältig. Das Gedächtnis und die kognitiven Leistungen vermindern sich. Betroffene sind oft reizbar, aggressiv, depressiv, unruhig und leiden nicht selten unter Schlafstörungen. „Die Botenstoffe im Gehirn verändern sich, was zu Depressionen oder Schlafstörungen führen kann – und gerade bei Männern oft auch zu Aggressivität“, sagt Dr. Steffi Leipold-Haas.

Am Anfang würden durch Alkoholkonsum Botenstoffe ausgeschüttet, die sich positiv auf Antrieb und Stimmung auswirken, erläutert sie. Später schaffe es der Körper dann nicht mehr, diese ohne Alkohol ausreichend zu produzieren. Depression und Alkoholkonsum bedingen sich oft wechselseitig; es entsteht gleichsam eine Spirale.

Zu den körperlichen Folgen gehören vorzeitiges Altern, vor allem auch der Haut und ein insgesamt ansteigendes Krebsrisiko. Die Immunabwehr ist geschwächt, nicht zuletzt auch deswegen, weil die Betroffenen nicht mehr ausreichend auf körperliche Signale achten. Es kann zu Herzmuskelschwäche oder Herzversagen kommen. Blutbildveränderungen können zum einen durch den Vitaminmangel entstehen, zum anderen deshalb, weil Alkohol insgesamt die Blutbildung dämpft.

Viele Alkoholabhängige entwickeln eine Fettleber oder sogar eine Leberzirrhose. Auch Polyneuropathien, also Empfindungsstörungen durch die Zerstörung von Nervenzellen, sind nicht selten. Ebenso kann es zu Durchfall und Erbrechen sowie zu Entzündungen der Magenschleimhaut (Gastritis) oder der Bauchspeicheldrüse (Pankreatitis) kommen. Eine Überlastung der Bauchspeicheldrüse kann zu Diabetes mellitus führen. Auch können Zysten auftreten, die Krebserkrankungen verursachen können.

Jahrelange Alkoholabhängigkeit beeinträchtigt oft auch die Sexualität; Libido und Potenz vermindern sich. Da Nerven und Muskeln insgesamt geschädigt werden, kommt es häufig zu Muskelathrophie, also zur Verringerung von Muskelmasse.

Zu den psychiatrischen Folgeerkrankungen von hohem Alkoholkonsum gehören die Abhängigkeitserkrankung selbst, Psychosen, Persönlichkeitsveränderungen, kognitive Einschränkungen sowie das Delir beim Entzug. Zu den häufigsten neurologischen Erkrankungen zählen epileptische Anfälle.

„Im Rahmen der dreiwöchigen qualifizierten Entzugsbehandlung kann allerdings vieles rückgängig gemacht werden: Die Botenstoffe erholen sich, die Depression geht oft wieder weg, die Patienten können wieder schlafen. Selbst kognitiv erholen sich die Betroffenen oft wieder, ähnlich wie nach einem Schlaganfall. Vieles kann langsam wieder verbessert werden“, sagt Oberärztin Leipold-Haas.

 

Kontakt:

Dr. Udo Polzer
Ärztlicher Direktor
Chefarzt der Klinik für Allgemeine Psychiatrie/ Psychotherapie,
Gerontopsychiatrie und Suchterkrankungen
Tel.: (036428) 56 1200
E-Mail: u.polzer@asklepios.com

Dr. Steffi Leipold-Haas
Oberärztin
Abteilung für Suchterkrankungen
Tel.: (036428) 561435
E-Mail: s.leipold@asklepios.com

 

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