Tumorerkrankungen

Das Prostatakarzinom

Das Prostatakarzinom ist der häufigste Tumor des Mannes in der westlichen Welt. Allein in Deutschland erkranken jedes Jahr ca. 65.000 Männer. Die Erkrankung macht in der Regel in frühen Stadien, in denen eine Heilung möglich ist, keine Beschwerden. Die Diagnose wird daher meist im Rahmen der Urologischen Vorsorgeuntersuchung gestellt. Bei auffälligen Veränderungen des Prostata-spezifischen Antigens (PSA-Wert) bzw. bei einem auffälligen Tastbefund der Prostata werden Proben der Prostata entnommen (Prostatastanzbiopsie), welche nach Begutachtung durch den Pathologen den Befund eines Prostatakarzinoms sicher können. Mehr Informationen zum Thema Prostatakrebs erhalten Sie hier.

 

Therapieoptionen beim lokal begrenzten Prostatakarzinom

Heute liegen ausreichend wissenschaftliche Erkenntnisse vor, dass Prostatakrebs sehr unterschiedliche Verläufe haben kann und nicht in jedem Fall eine Therapie (Operation oder Bestrahlung) notwendig ist. Bei aggressiven Prostatakarzinomen (sog. klinisch signifikantes Prostatakarzinom) können Patienten bei einer rechnerischen Lebenserwartung von > 10 Jahren von einer radikalen Therapie profitieren.

Wenn bei einem sehr wenig aggressiven Karzinom bzw. einem sehr alten Patienten dennoch eine radikale Therapie durchgeführt wird, spricht man von „Übertherapie“.

Ob zu einer Therapie geraten werden soll richtet sich nach der Aggressivität des Tumors (hier spielen der PSA-Wert, der sog. Gleasonscore und der Tastbefund eine wichtige Rolle), dem Alter und Nebenerkrankungen des Patienten. Heute stehen neben den Standardverfahren (Operation und Bestrahlung) alternative Optionen wie Kryotherapie, HIFU und neue schonende Ansätze wie die fokale Therapie im Rahmen von Studienprotokollen zu Verfügung.

Daneben kann nach vorgeschriebenen Leitlinien-Empfehlungen unter bestimmten Voraussetzungen eine Überwachung (Active Surveillance) bzw. ein reines Abwarten (watchful waiting) durchgeführt werden. Der niedergelassene Urologe bzw. die niedergelassene Urologin informiert nach Diagnosestellung ausführlich über die verschiedenen Optionen. Gerne führen wir mit Ihnen ein Zweitmeinungsgespräch durch, in dem wir mögliche Vorgehensweisen mit Ihnen in aller Ruhe besprechen und die für Sie am besten geeignete Vorgehensweise finden.

Das Nierenzellkarzinom

 

Bei Nierenkrebs bietet die operative Entfernung im frühen Stadium (neben experimentellen Optionen wir Kryotherapie oder Radiofrequenzablation in Ausnahmefällen) die einzige Chance auf Heilung. Je nach Tumorgröße und –lage kann entschieden werden, ob eine komplette Entfernung der Niere (radikale Tumor-nephrektomie) bzw. eine Nieren-erhaltende Nierenteilresektion durchgeführt werden kann.

Ein maximaler Erhalten an Nierenfunktion durch eine Nierenteilresektion wirkt sich positiv auf das Gesamtüberleben durch ein vermindertes kardio-vaskuläres Risiko des jeweiligen Patienten aus. Dennoch ist ab einer bestimmten Größe ein Nieren-erhaltendes Vorgehen aus onkologischen Gründen nicht mehr ratsam.

In solchen Fällen kann entweder eine laparoskopische Entfernung der Niere (link laparoskopische Nephrektomie) oder eine offen-chirurgische Entfernung notwendig sein. Gerne führen wir mit betroffenen Patienten ein Zweitmeinungsgespräch durch, in dem wir mögliche Vorgehensweisen besprechen und die für den individuellen Patienten richtige Vorgehensweise finden.

 

Das Nierenbecken-/Harnleiterkarzinom

Bösartige Erkrankungen des Nierenbeckens und des Harnleiters sind meist Urothelkarzinome, die auch in der Blase vorkommen. Nur ca. 15% aller Urothelkarzinome befallen den Harnleiter und das Nierenbecken (den sog. oberen Harntrakt), die restlichen Urothelkarzinome werden in der Harnblase gefunden.

Risikofaktoren, die das Entstehen dieser Tumoren begünstigen, sind langjähriges Zigarettenrauchen, sowie Berufe, bei denen die Patienten lange Zeit bestimmten Chemikalien ausgesetzt sind. Typische erste Symptome sind das schmerzlose Auftreten von Blutbeimengungen im Urin (schmerzlose Makrohämaturie).

 

 

Diagnostik und Behandlungsmöglichkeiten beim Nierenbecken-/Harnleiterkarzinom

Die Diagnose wird durch die Kombination aus Computertomographie mit Kontrastmittel, endoskopischer Diagnostik mit Röntgen (retrograde Ureteropyelographie) und ggf. Entnahme von Urin und Gewebe gestellt. In selten Fällen kann bei sehr kleinen und wenig aggressiven Tumoren ein Organ-erhaltendes Vorgehen durch Laserung im Nierenbecken, bzw. operativer Entfernung des befallenen Harnleiterabschnittes mit End-zu-End Naht bzw. Neueinpflanzung in die Harnblase möglich sein.

Urothelkarzinome des oberen Harntraktes sind jedoch zumeist sehr aggressiv und können nach Teilentfernung nach kurzer Zeit an anderer Stelle des oberen Harntraktes bzw. in der Harnblase auftreten. Bei Metastasen ist eine Heilung nicht mehr möglich. Mittels Chemotherapie kann dann lediglich eine Verlängerung des Überlebens angestrebt werden.

Daher ist die Standardtherapie des Urothelkarzinoms des oberen Harntraktes die komplette Entfernung der Niere, des Harnleiters und eines ca. Euro-großen Stückes der Blaseneinmündung (sog. Blasenmanschette). Zusätzlich müssen die angrenzenden Lymphknoten entfernt werden.

 

bauch-nierenbecken-harnleiterkarzinom02

Diese liegen je nach Lage des Tumors entlang der großen Bauchgefäße (Aorta und Vena cava) bzw. im Becken. Oberstes Ziel bei jeder Operation ist es, daß keine Tumorzellen in das Operationsfeld austreten. Wenn der Tumor anhand der Bildgebung (CT bzw. MRT) noch auf Nierenbecken bwz. Harnleiter begrenzt zu sein scheint, kann ein minimal-invasives Vorgehen gewählt werden.

In unserer Abteilung erfolgt die Nephro-Ureterektomie + Entnahme einer Blasenmanschette + Lymphadenektomie standardmäßig komplett mit dem da Vinci. Die Entnahme des Operationspräparates und der Lymphknoten erfolgt durch einen sehr kleinen Schnitt im Unterbauch.

 

 

bauch-nierenbecken-harnleiterkarzinom01

Im Gegensatz zu einer offenen Operation entsteht ein wesentlich geringeres Gewebetrauma, wodurch weniger Schmerzmittel verbraucht werden, der Patient schneller wieder mobil ist und früh entlassen werden kann. Für ca. 4 Tagen behält der Patient einen Harnblasenkatheter, der nach Dichtigkeitsprüfung mittels Röntgen (Zystographie) entfernt werden kann. Am Folgetag wird der Patient bei unauffälligem Verlauf entlassen.

Das Hodenkarzinom

Der Hodenkrebs ist die häufigste Krebserkrankung des jungen Mannes. Der Häufigkeitsgipfel liegt zwischen dem 20.-45. Lebensjahr. In Deutschland erkranken jährlich etwa 4.000 Männer an Hodenkrebs. Allgemein gilt: je früher der Hodenkrebs erkannt wird, desto besser sind die Heilungschancen. Rund 95 % der Männer mit Hodenkrebs werden durch eine Leitlinien-gerechte Therapie wieder gesund. Daher gilt Hodenkrebs als das Paradebeispiel einer heilbaren Krebserkrankung.

Typische Beschwerden

Häufig stellen die betroffenen Männer selbst eine schmerzlose Verhärtung und/oder Schwellung des Hodens fest. In seltenen Fällen treten auch Hodenschmerzen auf. Solche Veränderungen sollten nicht verdrängt werden, sondern immer Anlass sein, einen Urologen aufzusuchen, um eine weitere Abklärung des Befundes zu erreichen.

Die Urologen empfehlen allen Jungen und Männern zwischen 14 und 45 Jahren, beide Hoden regelmäßig abzutasten. Mit etwas Übung wird die Selbstuntersuchung der Hoden schnell zur Routine und benötigt wenig Zeit.

Risikofaktoren

Risikofaktoren für das Auftreten von Hodenkrebs sind:

  • ein Hodenhochstand bei Geburt, also ein ausgebliebener bzw. unvollständiger Abstieg des Hodens in den Hodensack, auch wenn dieser behandelt wurde
  • eine Hodenektopie, das bedeutet eine Lage des Hodens außerhalb des Hodensacks
  • Verwandte ersten Grades mit Hodentumor
  • ein vorangegangener Hodentumor.

Tumorarten und Stadieneinteilung

Bösartige Neubildungen des Hodens werden grundsätzlich nach dem Gewebe, aus dem sie entstanden sind, eingeteilt. Prinzipiell unterscheidet man Keimzell-Tumoren mit einer Häufigkeit von 95% von Nicht-Keimzelltumoren (5%). Die Keimzelltumoren werden weiter in Seminome (mittleres Alter: 37. LJ) und Nichtseminome (mittleres Alter: 25. LJ) unterteilt. Diese Subgruppen bestimmen die weiteren Therapieverfahren.

Des Weiteren verwenden die Ärzte die sogenannte TNM-Klassifikation um den Hodentumor in verschiedene Stadien einzuteilen. Hierbei werden die Größe des Tumors, die Lymphgefäßausbreitung sowie der Lymphknoten- bzw. Organbefall berücksichtigt. Dementsprechend wird dann auch die geeignete Therapie für jedes Stadium festgelegt.

Diagnostik

Besteht der Verdacht auf Hodenkrebs, sollten entsprechende Untersuchungen zur weiteren Abklärung eingeleitet werden.

Bei der körperlichen Untersuchung werden beide Hoden vom Arzt abgetastet und fachgerecht beurteilt. Mittels Ultraschalluntersuchung, die nicht schmerzhaft ist und keine Strahlenbelastung verursacht, kann der Befund bildlich dargestellt und fachgerecht beurteilt werden.

Eine wichtige diagnostische Ergänzung sind Blutuntersuchungen zur Bestimmung der sogenannten Tumormarker. Hierbei handelt es sich um folgende im Blut zirkulierende, körpereigene Stoffe, welche bei einer Hodenkrebserkrankung vermehrt auftreten können:

  • AFP (Alpha-Feto-Protein)
  • Beta-HCG (Humanes Choriongonadotropin)
  • LDH (Lactatdehydrogenase)

An den Tumormarkern kann man wichtige Informationen über die Art des Tumors erwerben. Außerdem, kann man anhand deren einen Tumorfortschritt oder Tumorrückgang im Verlauf der Therapie sehr gut erkennen. Allerdings sind diese Laborwerte nicht spezifisch. Das bedeutet, dass eine Erhöhung der Tumormarker nicht zwangsläufig durch eine Hodenkrebserkrankung bedingt sein muss.

Im Rahmen der Ausbreitungsdiagnostik wird eine Computertomographie (CT) oder eine Kernspintomographie (MRT) der Lunge und des Bauchraums durchgeführt. Diese bildgebende Diagnostik liefert wichtige Informationen über eine mögliche Ausbreitung/ Streuung des Tumors in Lymphknoten oder Nachbarorgane (Metastasen), so dass anhand des Gesamtbildes die geeignete Therapie ausgewählt werden kann.

Behandlung

Operation:

Die erste Behandlungsmaßnahme beim begründeten Verdacht auf Hodenkrebs ist grundsätzlich die operative Entfernung des betroffenen Hodens (Orchiektomie oder Ablatio testis oder Semikastration) mitsamt Samenstrang. Diese wird in der Regel über einen Schnitt durch die Leiste durchgeführt. Während der Operation kann eine vorläufige feingewebliche Untersuchung des entnommenen Materials (Schnellschnitt) durchgeführt werden. Unter bestimmten Voraussetzungen erfolgt in gleicher Sitzung eine separate Probeentnahme (Biopsie) der Gegenseite zur weiteren Untersuchung.

Die gesamte Operation dauert in der Regel 45 - 60 Minuten und ist mit einem 2-3 tägigen Krankenhausaufenthalt verbunden. Die Operation ist für die endgültige Diagnosestellung erforderlich, aber auch gleichzeitig der erste wichtige therapeutische Schritt.

Kryokonservierung:

Ein Verlust der Zeugungsfähigkeit ist allein durch die Entfernung eines Hodens in der Regel nicht erwartet. Normalerweise reicht ein gesunder Hoden für die Produktion von männlichen Hormonen (Testosteron) und von Spermien aus. Durch eine mögliche weitere Behandlung der Krebserkrankung mittels Chemotherapie oder Bestrahlung kann allerdings die Fruchtbarkeit in einigen Fällen zeitweise oder sogar dauerhaft eingeschränkt werden. Deswegen gibt es die Möglichkeit, vor der operativen Entfernung des betroffenen Hodens, spätestens jedoch vor einer möglicherweise notwendigen Stahlen- oder Chemotherapie, Spermien einfrieren zu lassen. Dieses Verfahren nennt man Kryokonservierung.

Zweitmeinung:

Nach der endgültigen feingeweblichen Untersuchung des entnommenen Hodens und nach durchgeführter Ausbreitungsdiagnostik muss das weitere Vorgehen festgelegt werden. Im einzelnen wird festgelegt, ob und welche Chemotherapie notwendig ist, ob eine Tumornachsorge ausreicht, ob die Möglichkeit einer Strahlentherapie besteht oder wann bei fortgeschritteneren Tumoren eine weitere Operation angezeigt ist. Um optimale Behandlungsergebnisse zu erreichen, wurde in Deutschland das Hodentumor-Zweitmeinungsportal eingerichtet, das den behandelnden Ärzten ermöglicht kostenfrei über das Internet bei Hodentumorspezialisten rasch eine Zweitmeinung für jeden einzelnen Fall einzuholen.

Chemotherapie:

Ziel der Chemotherapie ist Krebszellen im ganzen Körper durch zellwachstumshemmende Medikamente (Zytostatika/Chemotherapeutika) abzutöten. Zytostatika wirken gut gegen schnell wachsende Zellen, eine Eigenschaft, die auf Hodentumorzellen zutrifft.

 

Bei großen, auf den Hoden begrenzten Seminomen oder bei Ausbreitung in die Samenkanälchen (Rete testis-Infiltration) wird nach der Operation eine sog. adjuvante Chemotherapie mit dem Wirkstoff Carboplatin durchgeführt.

Eine Polychemotherapie mit den Wirkstoffen Cisplatin, Etoposid und Bleomycin (sogenanntes PEB-Schema) wird in fortgeschrittenen Krankheitsstadien durchgeführt, also dann, wenn bereits Lymphknoten oder andere Organe von der Krebserkrankung betroffen sind (Metastasen).

Bei Nicht-Seminomen kann diese Polychemotherapie auch in früheren Krankheitsstadien erfolgen, besonders dann, wenn in der feingeweblichen Untersuchung festgestellt wird, dass bereits Tumorzellen in die Hodengefäße eingedrungen sind (Gefäßinvasion).

Auch im fortgeschrittenen Stadium kann ein Hodentumor durch eine adäquate Chemotherapie dauerhaft therapiert werden.

Strahlentherapie (Radiatio):

Eine Strahlentherapie kann zur Behandlung von Seminomen in verschiedenen Stadien eingesetzt werden. Im Unterschied zum Seminom ist die Strahlentherapie keine Behandlungsoption für Nicht-Seminome.

Das Harnblasenkarzinom

Das Harnblasenkarzinom ist mit rund 16000 Neuerkrankungen in Deutschland eine der häufigsten Krebserkrankungen. Männer erkranken etwa viermal häufiger als Frauen. Das mittlere Alte bei Diagnosestellung liegt bei ca. 70 Jahren.  Neben einer genetischen Disposition gibt es zahlreiche Risikofaktoren, die das Risiko, an einem Harnblasenkarzinom zu erkranken, begünstigen können. Hierzu zählt an erste Stelle das Rauchen und an zweiter Stelle eine berufliche Exposition gegenüber chemischen Schadstoffen (sog. aromatische Amine). Eine Übersicht über Berufsgruppen mit erhöhter Gefährdung finden Sie hier.

Des Weiteren können auch dauerhafte Reizzustände der Harnblase, z. B. durch chronische Harnwegsinfekte oder Dauerkatheterableitung, sowie bestimmte Medikamente (z.B. Cyclophosphamid) zu einem erhöhten Erkrankungsrisiko führen.

Stadieneinteilung

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In etwa 95 Prozent  gehen Blasentumor von der Blasenschleimhaut (Urothel) aus. In der Mehrzahl aller Fälle ist der Tumor bei Erstdiagnose oberflächlich auf die Schleimhaut begrenzt. Ist der Befund jedoch weiter fortgeschritten und in die Blasenwand eingewachsen, besteht das Risiko einer Metastasierung. Neben der Infiltration bzw. Ausdehnung in die verschiedenen Blasenwandschichten ist der Malignitätsgrad, der sich in low-grade und high-grade aufteilt, von wichtiger Bedeutung für das weitere Vorgehen und die Prognose.

So werden nach der aktuellen UICC Klassifikation die oberflächlichen Tumorstadien (Ta, Tis, T1) von den muskelinvasiven (T2) und organüberschreitenden Tumorstadien (T3 und T4) unterschieden.

Ta: Tumor auf die Harnblasenschleimhaut begrenzt

pTis: Tumor auf die Harnblasenschleimhaut begrenzt, jedoch hoch aggressiv

pT1: Tumor durchbricht die Schleimhaut, ist aber noch nicht in die Muskulatur eingewachsen

pT2: Tumorinfiltration in die Harnblasenmuskulatur

pT3: Tumorwachstum über die Muskulatur hinaus ins umgebende Fettgewebe

pT4: Tumorinfiltration in Nachbarorgane (Gebärmutter, Prostata, Scheide)

Diagnostische Möglichkeiten

Anamnese und körperliche Untersuchung:

Besteht der Verdacht eines Harnblasenkarzinoms, werden zunächst in einem ausführlichen Gespräch neben den bekannten Risikofaktoren alle wichtigen Vorerkrankungen und Symptome erfasst.

Harnblasenkrebs macht in frühen Stadien oft kaum Beschwerden. Als wichtigstes Leitsymptom gilt eine schmerzlose Makrohämaturie (schmerzlose Blutbeimengung im Urin). Die weiteren Symptome, wie z.B. häufiger und verstärkter Harndrang oder Brennen beim Wasserlassen, sind meist eher unspezifisch und ähneln dem Bild einer Harnwegsinfektion. In fortgeschrittenen Tumorstadien kann es zusätzlich zu Schmerzen im Unterbauch oder der Nierengegend zu Lymphknotenschwellung, Lymphödemen oder Knochenschmerzen kommen.

 

Urinuntersuchung:

Hierbei lassen sich auch mikroskopische Blutbeimengungen (rote Blutkörperchen) nachweisen. In einer Urinzytologie kann der Harn auf Tumorzellen untersucht werden.

 

Ultraschalluntersuchung des Urogenitaltraktes:

Ab einer bestimmten Größe lassen sich Blasentumore bereits bei der Ultraschalluntersuchung bei voller Harnblase erkennen. Insbesondere in fortgeschrittenen Stadien lässt sich gelegentlich durch die Infiltration des Tumors in die Harnleitermündungen eine neu aufgetretene Stauung der Nieren darstellen.

 

Zystoskopie:

Bei begründetem Verdacht ist die Blasenspiegelung (Zystoskopie) nach wie vor die aussagekräftigste Methode zum Nachweis eines Blasentumors.

 

Computertomographie mit Kontrastmittel:

Besteht der Verdacht auf einen fortgeschrittenen, schleimhautüberschreitenden Befund, kann durch eine Computertomographie des Bauchraums und ggf. auch des Brustkorbes (Thorax) eine Beurteilung der Tumorausdehnung bzw. einer möglichen Metastasenbildung erfolgen.

Behandlungsmöglichkeiten beim oberflächlichen Harnblasenkarzinom

Endoskopische Entfernung von Blasentumoren durch die Harnröhre (TUR-Blase)

Zur Bestätigung des Verdachts auf einen Blasentumor ist zuallererst die Gewinnung von Tumorgewebe erforderlich. Dazu wird der Tumor in Narkose durch die Harnröhre, wie bei einer Blasenspiegelung, mittels einer elektrischen Schlinge (transurethrale Resektion der Blase = TUR-Blase) entfernt und anschließend histologisch (feingeweblich) untersucht. Nach der Operation verbleibt ein Katheter für wenige Tage in der Harnblase. Bei komplikationslosem Verlauf wird dieser in der Regel nach 2 bis 3 Tagen entfernt und der Patient am selben Tag aus der stationären Behandlung entlassen. Das weitere Vorgehen richtet sich dann u.a. nach dem histologischen Befund.

 

Phototdynamische Diagnostik (PDD) mittels Hexaaminolävolinsäure (Hexvix®)

In vielen Fällen wenden wir im Rahmen der transurethralen Resektion zusätzlich eine photodynamische Diagnostik an. Hierbei wird bereits vor der Operation über einen Katheter ein bestimmter Farbstoff (Hexvix®) in die Blase eingefüllt. Dieser reichert sich in Tumorgewebe vermehrt an. Durch Anleuchten mit einem speziellen Blaulicht leuchten diese auffälligen Areale rot auf und grenzen sich scharf vom gesunden Gewebe ab. Auf diese Weise können insbesondere diffus und flach wachsende Tumore und Tumorvorstufen, z.B. Carcinoma in situ, genauer erkannt und abgetragen werden.

 

Instillationstherapie (Einfüllungen in die Harnblase)

 

Chemotherapie:

Unter vorgegebenen Bedingungen erfolgt im Rahmen der Erstoperation eines oberflächlich erscheinenden Blasentumors die leitliniengerechte Einfüllung mit einem Chemotherapeutikum, das das weitere Tumorwachstum hemmen soll (Frühinstillation). Dadurch wird verhindert, dass es zu einer ungewollten Aussaat frei beweglicher Tumorzellen innerhalb der Blase kommt.  Auf diese Weise wir die Wahrscheinlichkeit eines Wiederauftretens des Tumors (Rezidiv) verringert.

 

Immuntherapie:

Bei oberflächlichen Harnblasenkarzinomen mit höherem Entartungspotential (high-risk Tumoren und Carcinoma in situ) erfolgt nach 2-3 Wochen eine Nachbehandlung mit abgetöteten Tuberkulose-Bakterienstämme (BCG), die in die Blase instilliert werden. Dadurch wird die Immunantwort der Blase verstärkt und das Rezidivrisiko verringert, die Dauer bis zu einem möglichen Wiederauftreten des Karzinoms verlängert bzw. das Risiko des Einwachsens in die Blasenwand reduziert.

Es erfolgt zunächst eine Induktionsphase, wobei über einen Zeitraum von 6 Wochen wöchentliche BCG-Instillationen in die Harnblase erfolgen. Nach einer 6-wöchigen Pause wird eine Kontrollzystoksopie durchgeführt. Lässt sich hierbei kein erneuter Tumor nachweisen, wird dieses Therapieschema alle 6 Monate über bis zu 36 Monate fortgeführt (Erhaltungstherapie).

Behandlungsmöglichkeiten beim muskelinvasiven Harnblasenkarzinom

Radikale Zystektomie

Bei Harnblasenkarzinomen, die in die Muskelschicht der Harnblase eingewachsen sind oder auch oberflächlichen Tumoren, die nach intravesikaler Immuntherapie wieder auftreten, ist die radikale Entfernung der Harnblase (radikale Zystektomie) mit den angrenzenden Lymphknoten die Therapie der Wahl.

Hierbei werden bei Männern neben der Harnblase auch die Prostata und die Samenblasen mitentfernt. Während der Operation wird in einem sogenannten Schnellschnittverfahren mikroskopisch untersucht, ob auch die Harnröhre vom Tumor befallen ist. In diesem Fall muss die Harnröhre ebenfalls entfernt werden.

Bei der Frau wird zusätzlich zur Blase die Gebärmutter, die Eierstöcke, die vordere Scheidenmanschette und zumeist die Harnröhre entfernt.

Es handelt sich bei der Zystektomie um einen großen operativen Eingriff, der standardmäßig offen-chirurgisch durchgeführt wird. In ausgewählten Fällen kann diese Operation auch minimal-invasiv (laparoskopisch) bzw. mit dem da Vinci Roboter-System durchgeführt werden.

Sexualitäts-erhaltende Zystektomie und Neoblase bei der Frau

Wann wird eine radikale Zystektomie bei der Frau empfohlen?

  • muskelinvasives Harnblasenkarzinom ohne Fernmetastasen
  • oberflächliches high-grade Harnblasenkarzinom mit hohem Progressionsrisiko bei jungen Patientinnen (frühelektive Zystektomie)
  • rezidivierendes oberflächliches Harnblasenkarzinom mit high-grade Differenzierung
  • endoskopisch nicht beherrschbares oberflächliches Karzinom
  • palliative Zystektomie bei fortgeschrittenem Harnblasenkarzinom und therapierefraktären Blutungen

Was erfolgt bei einer Standard-Zystektomie bei der Frau?

Standardmäßig beinhaltet die radikale Zystektomie bei der Frau die Entfernung der Harnblase, der Gebärmutter (Uterus), eines Teils der vorderen Scheidenwandwand, sowie die Entfernung der Eierstöcke. Zusätzlich erfolgt die Entfernung der Lymphknoten des Beckens und ggf. weiterer (retroperitonealer) Lymphknoten.

  • Wenn keine Neoblase geplant ist, sollte die Harnröhre entfernt werden
  • Wenn eine Neoblase geplant ist, sollte die Harnröhre erhalten bleiben

Einflüsse einer Standardzystektomie auf das Sexualleben

Eine radikale Zystektomie kann bei sexuell aktiven Frauen mit deutlichen Einschränkungen in deren Sexualleben verbunden sein. Falls aus onkologischen Gründen ein großer Teil der vorderen Scheidenwand im Rahmen der Standardzystektomie entfernt wird, kann die rekonstruierte Vagina unter Umständen für den Geschlechtsverkehr zu kurz werden.

Geschlechtsorgan-erhaltende und Nerven-erhaltende radikale Zystektomie

Oberstes Ziel der radikalen Zystektomie ist die komplette Entfernung des Tumors und die Heilung der Patientin. Ohne hierbei Einschränkungen hinzunehmen ist unter bestimmten Voraussetzungen ein Erhalt der Geschlechtsorgane sowie der paravaginalen Nerven bei der Frau möglich:

  • Organbegrenzter Tumor (≤pT2)
  • keine Infiltration der Geschlechtsorgane im CT oder MRT
  • kein großer Tumor am Blasenboden
  • Keine Harnstauungsniere
  • Sexuell aktive Patientin
  • ggf. bestehender Kinderwunsch bei jungen Patientinnen

 

Bei dieser Operationsvariante wird lediglich ein geringer Teil der hinteren Scheide mit entfernt, so daß eine ausreichend lange Scheide verbleibt. Gleichzeitig kann das Nervengeflecht neben der Scheide geschont werden. Unter bestimmten Umständen können Gebärmutter und Eierstöcke ebenfalls erhalten werden.

Harnableitung nach radikaler Zystektomie

Die Urinableitung nach radikaler Zystektomie erfolgt entweder mittels kontinenter oder inkontinenter Harnableitung. Bei der inkontinenten Harnableitung wird der Urin durch einen aufgeklebten Beutel aufgefangen. Bei der kontinenten Harnableitung kann die Patienten die Urinentleerung willkürlich steuern (entweder durch eine Miktion über die Harnröhre oder durch einen Selbstkatheterismus).

Inkontinente Harnableitung:

  • Ileum-Conduit
  • Ureter-Hautstoma

Kontinente Harnableitung:

Pouchverfahren:

  • Indiana Pouch
  • Mainz Pouch
  • Mansoura Pouch

Neoblase:

  • Hautmann
  • Studer

Ileum-Conduit:

Die Harnableitung mittels Ileum-Conduit zählt zu den inkontinenten Harnableitungen. Der Urin fließt kontinuierlich in einen auf der Haut aufgeklebten Auffangbeutel (Stoma). Dieser kann über ein Ventil jederzeit von der Patientin entleert werden. Im Rahmen der Operation werden beide Harnleiter in ein ca. 15 Zentimeter langes ausgeschaltetes Stück Darm (meistens letzter Abschnitt des Dünndarms) verpflanzt. Das offene Ende des Dünndarmstückes wird als künstlicher Ausgang (Stoma) direkt in die Haut, zumeist im rechten Unterbauch, ausgeleitet und eingenäht. Diese Art der Urinableitung stellt eine sichere Form der Harnableitung mit geringer Komplikationsrate dar. Sie eignet sich vor allem für Patienten in höherem Lebensalter.

Ureterhautstoma:

Bei dieser Form der inkontinenten Harnableitung werden die Harnleiter direkt in die Haut eingenäht. Wie beim Conduit wird der Urin kontinuierlich aufgefangen. Der Vorteil gegenüber den anderen Formen der Harnableitung liegt in der geringen Komplikationsrate, da der Darm geschont wird. Daher kommt diese Form der Harnableitung insbesondere bei älteren Patienten mit erhöhtem operativen Risiko zur Anwendung.

Pouchverfahren:

Bei der kontinenten Harnableitung mittels Pouch wird ein Darmsegment detubularisiert und chirurgisch zu einem großen Niederdruckreservoir neu konfiguriert. Das eine Ende wird mit den Harnleitern anastomosiert. Das andere Ende wird entweder im Bauchnabel oder in der unteren Bauchwand ausgeleitet. Eine komplette Harnentleerung wird mittels intermittierendem Selbstkatheterismus (ISK) bewerkstelligt (mehrmals am Tag).

Ileum-Neoblase (kontinente Ableitung):

Hierbei wird aus einem ca. 60 cm langen ausgeschalteten Dünndarmstück eine neue Ersatzblase modelliert. Diese wird an Stelle der ursprünglichen Blase im kleinen Becken an die Harnröhre und die beiden Harnleiter angeschlossen. Es wird also kein künstlicher Harnausgang angelegt und der Urin kann über den Schließmuskel gehalten werden. Die Entleerung der Harnblase erfolgt willkürlich mittels Bauchpresse in regelmäßigen Abständen.

Welche Harnableitung bei der Frau?

Weltweit wird in den meisten Fällen bei Frau eine inkontinente Harnableitung im Rahmen der radikalen Zystektomie durchgeführt. Eine Studie an 18 deutschen Kliniken zeigte, dass lediglich 10% der Frauen eine kontinente Harnableitung erhalten hatten (PROMETRICS Studie).

Die Gründe hierfür werden wahrscheinlich durch zwei gefürchtete Komplikationen beeinflusst: Überkontinenz und Fistelbildung.

  • Bei der Überkontinenz kann die Frau die Harnblase nicht mehr willkürlich entleeren und muss daher mehrmals am Tag einen Selbstkatheterismus durchführen. Die Überkontinenz wird meist durch eine mangelnde Fixierung und ein Abkippen der Neoblase im Becken begünstigt.
  • bei der Neoblasen-Vaginalfistel kommt zu einer Verbindung von Neoblase und Scheide, was in der Regel aufwändige Folgeoperationen erfordert.

 

Es konnte jedoch gezeigt werden, dass eine kontinente Harnableitung der der Frau mit einer erhöhten Lebensqualität im Vergleich zu einer inkontinenten Harnableitung verbunden ist (Buchner et al. 2010, Porter et al. 2005).

Technik der Neoblase bei Frauen:

Unter bestimmten Voraussetzungen ist bei Frauen die Harnableitung mittels Neoblase mit sehr guten Ergebnissen und geringem Risiko einer Überkontinenz und einer Fistelbildung möglich:

Wir führen hierbei folgende Schritte durch:

  • Fixierung der Vagina mit dem Ligamintum Rotundum beidseits.
  • Abdecken des Vaginalstumpfs mittels Omentum majus (großes Netz).

Wann ist eine Neoblase bei Frauen möglich?

  • Kein Blasenhalstumor
  • Negativer Harnröhrenschnellschnitt
  • Keine Leberinsuffizienz
  • Serum Kreatinin bis 1,8 mg/dl
  • Keine präoperative Belastungsinkontinenz
  • Keine präoperative Beckenbestrahlung
  • Intraoperative Rekonstruktion des kleinen Beckens
  • Präoperative Patientenschulung

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Tel: (08041) – 507 1261
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