Corona: Landrat und Mediziner mit Appell an Bevölkerung: Lassen Sie sich impfen!

Angesichts der im Landkreis Bad Tölz-Wolfratshausen weiter hohen Corona-Fallzahlen und der daraus resultierenden enormen Belastung für die Krankenhäuser in der Region schlagen Landrat Josef Niedermaier sowie die Ärztlichen Direktoren der beiden Krankenhäuser im Landkreis Dr. med. Josef Orthuber und Prof. Rüdiger Ilg Alarm. Landrat Josef Niedermaier sagt ganz klar: „Die Intensivstationen in unseren Krankenhäusern sind voll, wir stehen kurz vor den Kollaps“. Damit verbunden ist ein gemeinsamer eindringlicher Appell an die Bevölkerung im Landkreis und der Region. „Lassen Sie sich impfen, nehmen Sie die Impfangebote wahr. Vermeiden Sie unnötige Kontakte und Ansammlungen vieler Menschen und lassen Sie sich testen. Nur so wird es gelingen, die dramatische Situation auf den Intensivstationen zu verhindern. Denn die Lage in der Region ist bedrohlich.“ Die Impfkapazitäten im Landkreis werden aktuell so schnell wie möglich hochgefahren.

Kollaps der Intensivstationen in der Region droht!

Bild ITS

„Wird ein Corona Patient in eine Notaufnahme  eingeliefert,  liegt meist eine Infektion der Atemwege mit Leitsymptomen wie Fieber und trockenem Husten, sowie der Verlust des Geruchssinns vor. Trotz sofort eingeleiteter Therapie erleben wir bei einigen Patienten, dass sich der Zustand rasch verschlechtert. Die Sauerstoffsättigung im Blut nimmt immer weiter ab.  Es kommt zu Atemnot mit erhöhter Atemfrequenz und der Patient wird auf die Intensivstation verlegt. Bevor die Beatmung beginnt, hat der Patient so gerade noch Zeit letzte dringende Telefonate zu erledigen und Angehörige zu informieren. Die Chance das Folgende zu überstehen, liegt dann im Bundesdurchschnitt aktuell bei rund 40 Prozent. Und meistens sind diejenigen, die es so schlimm trifft, nicht geimpft“, berichtet  Dr. med. Martin Schlott, Chefarzt der Anästhesie und Intensivmedizin der Asklepios Stadtklinik Bad Tölz.

Landrat Josef Niedermaier dazu: „Diese Schilderung beschreibt eindringlich, was nüchterne Zahlen wiedergeben.“ Die Inzidenz im Landkreis Bad Tölz-Wolfratshausen steigt seit Tagen exponentiell, am Wochenende wurde die 800er Marke überschritten. „In beiden Kliniken im Landkreis müssen aktuell so viele Patienten wie noch nie seit Ausbruch der Corona Pandemie versorgt werden“, sagt Landrat Josef Niedermaier.

In Zahlen ausgedrückt: In den beiden Kliniken im Landkreis müssen aktuell 47 Corona Patienten, elf von ihnen intensivmedizinisch versorgt werden. In der Stadtklinik Bad Tölz sind es 31 Corona-Patienten, davon sieben auf Intensivstation, in der Kreisklinik Wolfratshausen sind es 16 Patienten, vier davon auf Intensivstation. (Stand 17.11. 8.00 Uhr).  Damit gibt es im Landkreis mit Stand heute zwei freie Intensivbetten. Die Stadtklinik versorgt mit die meisten COVID Patienten im Vergleich aller Kliniken des Rettungszweckverbandes Oberland. 

Aufgrund dieser Zahlen hatten bereits letzte Woche beide Kliniken aufschiebbare Operationen und Behandlungen ausgesetzt. Am Montag, 15. November hatte dann auch die Regierung von Oberbayern angeordnet, alle unter medizinischen Aspekten aufschiebbaren stationären Behandlungen zu unterlassen. „Allen ist bewusst, dass es sich für die betroffenen Patienten um eine sehr belastende Situation handelt, denn auch einer planbaren Operation geht häufig eine lange Leidensgeschichte voraus“, betonen  Dr. med. Josef Orthuber und Prof. Rüdiger Ilg.

Die seit Tagen hohe Inzidenz wird in den kommenden Tagen und Wochen insbesondere die Intensivstationen in eine Extremsituation bringen. Bereits heute ist absehbar, dass Patienten nicht mehr im Landkreis versorgt werden können. Grund: Rund ein Drittel aller stationären COVID Patienten muss mit einer Verzögerung von fünf bis zehn Tagen meist auch auf der Intensivstation versorgt werden. Gleichzeitig werden aber auch für andere dringende, potentiell lebensbedrohliche Behandlungsfälle, wie Patienten mit einem Herzinfarkt oder einem Schlaganfall, intensivmedizinische Versorgungskapazitäten benötigt.  Angesichts ähnlich hoher Corona Zahlen in den Nachbarlandkreisen gestaltet sich aktuell zudem auch eine Verlegung von Patienten in andere Kliniken sehr schwierig. Gerade deswegen appellieren die Ärzte an die Bürgerinnen und Bürger, sich bei Verdachtssymptomen auf andere Krankheitsbilder, dringend frühzeitig ärztlichen Rat einzuholen und dringende Behandlungen nicht aufzuschieben. „Holen Sie sich frühzeitig ärztliche Hilfe, denn ein langes Zuwarten bei Symptomen kann zur Verschlimmerung führen. Viele haben gerade auch wegen Corona Angst davor, sich bei Beschwerden im Krankenhaus zu melden. Aber die müssen Sie nicht haben, wir haben Hygienekonzepte, um die Gefahr diesbezüglich zu minimieren. Wichtig ist, dass auch beispielsweise einem Schlaganfallpatienten oder bei einem Herzinfarkt so schnell wie möglich geholfen wird.“

Die meisten COVID Intensivpatienten sind ungeimpft

„Die überwiegende Zahl der Patienten die bisher wegen einer COVID Erkrankung stationär oder intensivmedizinisch behandelt werden musste, ist ungeimpft bzw. nicht vollständig geimpft.  Zudem beobachten wir, dass auch jüngere Menschen ohne Impfschutz ein reales Risiko haben, sehr schwer zu erkranken“, betonen die Ärztlichen Direktoren der Kreisklinik Wolfratshausen Dr. med. Josef Orthuber und der Asklepios Stadtklinik Bad Tölz Prof. Dr. med. Rüdiger Ilg. Lag der Median der hospitalisierten COVID-Patienten in der zweiten Corona Welle bundesweit noch bei 77 Jahren, liegt er nun bei 48 Jahren. „Darunter sind auch Patientinnen und Patienten unter 30, die ungeimpft sind und so schwer an Corona erkranken, dass sie auf der Intensivstation beatmet werden müssen“, so Prof. Ilg weiter.

Die lokalen Erfahrungswerte decken sich dabei auch mit aktuellen Erhebungen des Robert Koch-Instituts (RKI). Laut RKI sind 87 Prozent der Patienten zwischen 18 und 59 Jahren, die wegen einer Corona Infektion in Deutschland auf einer Intensivstation versorgt werden müssen, nicht vollständig oder gar nicht geimpft. Hinzu kommt die vergleichsweise niedrige Impfquote im Landkreis Bad Tölz-Wolfratshausen, die mit 58 Prozent sogar noch unter dem bayerischen Durchschnitt von 66,5 Prozent der vollständig Geimpften liegt.

„Die Inzidenz korreliert ganz eindeutig mit der Rate der Ungeimpften, das zeigen lokale Unterschiede in Deutschland und im europäischen Vergleich. Die Leidtragenden sind am Ende nicht nur die betroffenen Patienten selbst, sondern auch die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Krankenhaus, die am Ende Ihrer Kräfte sind und nicht zuletzt alle anderen Patienten, deren Behandlung nun einmal mehr verschoben werden muss. Das ist schlimm genug. Jetzt geht es darum, das schlimmste anzunehmende Szenario abzuwenden, in dem auch eine Triage von behandlungsbedürftigen Patienten nicht mehr ausgeschlossen werden kann. Dies wird nur noch möglich sein mit einer strikten Einhaltung der Hygiene- und Testmaßnahmen, Vermeidung aller unnötigen Kontakte und möglichst raschem Anstieg der Impfquote.“ so Dr. Orthuber und Prof. Ilg weiter.

„Lassen Sie sich impfen und nehmen Sie auch die Angebote der Booster-Impfung wahr. Ein vollständiger Impfschutz bietet einen hohen Schutz insbesondere vor schweren COVID-Verläufen,“ raten die Mediziner. „Es ist es entscheidend, dass die Impfbereitschaft in der Bevölkerung erhöht wird. Die Impfung ist unser einziges medizinisches Mittel, um die Pandemie einzudämmen und zudem auch anderen Patienten weiter versorgen zu können, die ebenfalls dringend ein Intensivbett brauchen,“ appelliert auch Landrat Josef Niedermaier an die Bürgerinnen und Bürger. Aktuell arbeiten Landratsamt und Impfzentrum mit Hochdruck daran, die Impfkapazitäten weiter auszubauen und Abläufe zu verbessern. Ab nächster Woche wird wieder Terminvereinbarungen für eine Impfung möglich sein.

Festzustellen ist, dass sich auch Geimpfte mit der hochansteckenden Deltavariante anstecken, das Virus weitergeben oder vereinzelt stationär im Krankenhaus versorgt werden müssen. Diese Infektionen verlaufen jedoch in der Regel asymptomatisch oder mit geringen Symptomen. COVID-Impfdurchbrüche bei vollständig geimpften Patienten mit schweren Verläufen sind aber deutlich weniger häufig und betreffen vor allem Diejenigen, deren Immunsystem geschwächt ist oder die älter als 70 Jahre sind. Gerade diese Gruppen können sich mit der Booster-Impfung nochmal stärker schützen.

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