Vortrag: Vorsorge für den Ernstfall

Geriatrie-Chefarzt Dr. Dr. Ulrich Kuipers erklärt gemeinsam mit Bernd Albert vom Betreuungsverein Stormarn, warum Patientenverfügung, Vorsorgevollmacht und Betreuungsverfügung ein nützliches Trio ist

Geriatrie-Chefarzt Dr. Dr. Ulrich Kuipers

Was passiert, wenn man plötzlich schwer erkrankt? Was ist, wenn der Patient nicht mehr selbst in der Lage ist, seinen Willen verständlich zu äußern? Wie will man betreut werden, wenn man selbst nicht mehr entscheiden kann? Fragen wie diese verursachen Berührungsängste. Dennoch sollte man sich ihnen stellen. Beim nächsten Gesundheitsforum, das in Kooperation zwischen der Asklepios Klinik Bad Oldesloe und dem Stormarner Tageblatt stattfindet, geht es um Informationen zum Thema „Patientenverfügung, Vorsorgevollmacht und Betreuungsverfügung“.

Dr. Dr. Ulrich Kuipers, Chefarzt Geriatrie in der Asklepios Klinik Bad Oldesloe, erzählt von seinen Erfahrungen aus dem Krankenhaus rund um das Vorsorge-Set. Bernd Albert, Vereinsbetreuer im Betreuungsverein Stormarn, erläutert die einzelnen Begriffe, erklärt, welche wichtigen Entscheidungen zu treffen und welche Aufgaben im Betreuungsrecht geregelt sind. Der Vortrag findet statt am Dienstag, 10. September um 19 Uhr im Bürgerhaus Bad Oldesloe, Mühlenstraße 22.

„Die Patientenverfügung soll sicherstellen, dass der Wille des Patienten bei der gewünschten Behandlung und die Vorstellung vom Lebensende zählen, wenn es für den Patienten unwiederbringlich nicht mehr möglich ist, sich bewusst zu äußern“, erklärt Geriater und Facharzt für Neurologie und Psychiatrie Dr. Dr. Ulrich Kuipers. Deshalb ist es wichtig, dass die Patientenverfügung genau und verständlich formuliert ist und die Patienten im Vorfeld regeln, was sie möchten und was sie auf gar keinen Fall akzeptieren können. Eine pauschale Formulierung wie „keine lebenserhaltenden Maßnahmen“ reicht nicht aus. „Konkret geht es zum Beispiel um die Themen künstliche Beatmung, künstliche Ernährung, Schmerzbehandlung, Wiederbelebung oder Organspende“, sagt Dr. Dr. Kuipers. „Gerade bei diesen hoch sensiblen Themen besteht hoher Erklärungsbedarf, da die Angehörigen die Prognosen und ihre Reversibilität oft nicht einschätzen können. Umso wichtiger ist es, dass der Patient im Vorfeld seinen Willen klar niedergeschrieben hat und so sein Selbstbestimmungsrecht für den Fall ausübt, dass er bei einer schweren Krankheit oder nach einem Unfall seinen Willen nicht mehr äußern kann.
Patientenverfügungen machen es den Medizinern leichter, ihre Entscheidungen für die weitere Behandlung zu treffen und die Motivation des Betroffenen zu verstehen“, weiß Dr. Dr. Kuipers aus seinem Arbeitsalltag.
In seinem Vortrag erläutert der Chefarzt anhand von anonymisierten Fallbeispielen Entscheidungswege von Einzelfällen. Patienten, die in die Asklepios Klinik Bad Oldesloe eingeliefert werden, werden bei Aufnahme gefragt, ob sie eine Patientenverfügung haben. Sie wird in der Krankenhausakte hinterlegt.  „Verschlechtert sich der Zustand des Patienten kritisch, was bei älteren Menschen aufgrund der Multimorbidität der Fall sein kann, haben wir direkten Einblick, wissen Bescheid und sparen damit wertvolle Zeit“, sagt Dr. Dr. Kuipers.

Voraussetzungen, damit eine Patientenverfügung in Kraft tritt, sind unabhängig von Art und Verlauf einer Erkrankung unter anderem, dass der Patient nicht mehr einwilligungsfähig ist und dass die geplante Maßnahme medizinisch notwendig ist. „Liegt keine Patientenverfügung vor, wird es für Ärzte oft schwierig“, erklärt der Altersmediziner. „Dann müssen wir versuchen, den mutmaßlichen Willen des Patienten anhand früherer Äußerungen zu ermitteln. Dazu sprechen wir mit den Angehörigen.
Bis zur Klärung werden meistens erst einmal alle lebenserhaltenden Maßnahmen unternommen.“ Ehepartner oder Kinder können jedoch auch nur dann rechtsverbindlich für den Betroffenen entscheiden, wenn sie als Bevollmächtigte dazu vorab beauftragt wurden.

„Deswegen ist nicht nur die Patientenverfügung wichtig, sondern auch das Verfassen einer Vorsorgevollmacht“, weiß Bernd Albert vom Betreuungsverein Stormarn. Sein Rat: „Kombinieren Sie ihre Patientenverfügung immer mit einer Vorsorgevollmacht. Damit gibt die betroffene Person in gesunden Tagen für den Fall einer später eintretenden Geschäftsunfähigkeit jemand anderen die Vollmacht, im Namen der betroffenen Person zu handeln.
 Die Vorsorgevollmacht kann zum Beispiel zur Anwendung kommen, um die Gesundheitsfürsorge in ambulanter oder stationärer Pflege zu regeln, bei Wohnungsangelegenehiten, bei der  Vermögensverwaltung oder auch bei der Annahme der Post des Betroffenen. „Das Vertrauensverhältnis zwischen Vollmachtgeber und Vollmachtnehmer ist die Grundvoraussetzung für die Vorsorgevollmacht“, sagt Bernd Albert. Deshalb ist es wichtig, vor Erteilung der Vollmacht über die Wünsche und das Vorgehen im Ernstfall zu sprechen.
„Was viele eben nicht wissen, dass auch Ehepartner sich ohne Vollmacht nicht vertreten dürfen“, sagt Bernd Albert. Hat man keinen, dem man hundertprozentig vertraut, kommt die Betreuungsverfügung zum Zug. Durch eine Betreuungsverfügung können dem Betreuungsgericht bestimmte Personen als Betreuer vorgeschlagen werden oder auch vermerkt werden, wen man auf keinen Fall als gesetzlichen Vertreter haben möchte.

Bezüglich des Zeitpunktes zur Erstellung des Vorsorge-Trios sind sich die Oldesloer Experten einig: „Je früher die Vorsorge geregelt wird und je eher über die eigenen Wünsche im Ernstfall gesprochen wird, desto besser. Auch wenn es unangenehme Themen sind. Unnötiges Warten, ist der falsche Weg“, betonen Dr. Dr. Kuipers und Bernd Albert.

Eine Patientenverfügung sollte zudem alle zwei Jahre aktualisiert werden, damit sie den Patientenwillen abgestimmt auf die gesundheitliche Situation widerspiegelt. Die Vorsorgevollmacht sollte nicht laufend aktualisiert werden, sondern nur in dem Fall, wenn sich bei der betroffenen Person und dem Bevollmächtigten etwas persönlich oder wirtschaftlich ändert oder wenn sich mit Blick auf die Rechtsprechung ein Änderungsbedarf ergibt.

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