Erweiterung der Hauptschlagader (Aortenaneurysma)

Als Aneurysma bezeichnet man die krankhafte Erweiterung einer Schlagader (Arterie). Am häufigsten betroffen sind die Hauptschlagader (Aorta), gefolgt von der Kniekehlen-Arterie (A. poplitea). Ein Aneurysma kann in Abhängigkeit von Größe, Beschaffenheit und Lokalisation verschiedene Gefahren bergen. Meist erfolgt die operative Ausschaltung von Aneurysmen zur prophylaktischen Vermeidung dieser Gefahren.

Aneurysmen der Hauptschlager (sogenannte Aortenaneurysmen) verursachen oft und über Jahre zunächst keine Symptome, können jedoch insbesondere durch Bauch- oder Rückenschmerzen auffällig werden. Viele weitere, teilweise unspezifische, Beschwerden erweitern die möglichen Gründe für eine Vorstellung bei Gefäßspezialisten (z.B. Pulsationsempfinden, Störungen der Darmpassage, Nervenschmerzen). Je nach Größe des Aneurysmas kann es in späteren Stadien zu einem Einriss der krankhaft erweiterten Gefäßwand kommen (sogenannte Aortenruptur).

Aortenaneurysmen kommen vermehrt im Alter >50 Jahren vor, wobei Männer etwa 4-5x häufiger betroffen sind als Frauen. Risikofaktoren für das Auftreten eines Aortenaneurysmas sind insbesondere das Rauchen, jedoch auch ein Bluthochdruck und eine Fettstoffwechselstörung. Selten kann eine angeborene (hereditäre) Bindegewebserkrankung vorliegen, wobei die Aneurysmen in diesem Fall oft bereits im jüngeren Alter entstehen. Das Aneurysma der Bauchschlagader ist eine typische Manifestation der systemischen Atherosklerose und tritt daher auch bei Patient:innen mit peripherer arterieller Verschlusskrankheit (PAVK) gehäuft auf.

Grundsätzlich besteht für asymptomatische Aortenaneurysmen der Bauchschlagader erst ab einem Durchmesser von 5,5 cm eine Behandlungsindikation zur elektiven, d.h. geplanten Versorgung. Bei Frauen kann eine Behandlung bereits ab 5,0 cm erwogen werden. Schnell wachsende Aneurysmen (>1 cm/Jahr) sollten größenunabhängig versorgt werden. Bei symptomatischen Aneurysmen (z.B. druckschmerzhaft) besteht eine dringliche Behandlungsindikation. Ist die Hauptschlagader bereits eingerissen, besteht akute Lebensgefahr mit der Notwendigkeit einer sofortigen Notoperation. Die hohe Sterblichkeit in diesen Fällen rechtfertigt keinen Aufschub. Das Risiko einer Ruptur hängt dabei im Wesentlich vom Durchmesser des Aneurysmas ab: Je grösser der Durchmesser, desto höher das Rupturrisiko!

Kleinere Aortenaneurysmen (<5,5 cm) sollten mittels Ultraschalluntersuchung im Intervall verlaufskontrolliert werden.

Sobald ein Aortenaneurysma diagnostiziert wurde, sind die Risikofaktoren konsequent zu optimieren. Insbesondere sollte der Blutdruck und die Blutfettwerte gut eingestellt sein. Ein Rauchverzicht ist dringend empfohlen.

Bauchaortenaneurysma

Default Youtube Poster

Diagnostik

Ein großes Aneurysma der Bauchschlagader kann bereits bei einer gründlichen körperlichen Untersuchung auffallen. Oft werden Aortenaneurysmen jedoch im Rahmen von Ultraschalluntersuchungen oder Schnittbildgebungen als Zufallsbefund entdeckt. 
Ein Ultraschall-Screening der Bauchschlagader wird in Deutschland durch den Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA) für gesetzlich versicherte Männer ab 65 Jahren empfohlen. Die Teilnahme an dieser Früherkennungs-Untersuchung ist einmal möglich, sollte eine Beratung beinhalten und ist freiwillig sowie kostenlos.


Information zum Ultraschall-Screening auf Bauchaortenaneurysmen


Sobald der Verdacht auf ein Aortenaneurysma besteht, sollte eine Überweisung an Gefäßspezialist:innen erfolgen. Die weiterführende Bildgebung der ersten Wahl und zur Therapieplanung ist typischerweise eine Computertomographie-Angiographie (CTA). 

Behandlung

Das wichtigste Ziel der elektiven Behandlung eines Aortenaneurysmas ist das Vermeiden einer Ruptur, also des akuten Einreißens mit starker Blutung.
Die Behandlung von Aortenaneurysmas erfolgt heutzutage überwiegend „endovaskulär“, d.h. minimal-invasiv mit kathetergestützten Verfahren. Eine weitere Behandlungsmöglichkeit, insbesondere für jüngere Patient:innen und solche mit geringen operativen Risikofaktoren ist die offen-chirurgische Behandlung. 
Die sogenannte endovaskuläre Ausschaltung des Aneurysmas erfolgt in der Regel durch Stentprothesen (auch Stentgrafts), die über die Leistenschlagadern in die Bauch- und Beckenschlagadern eingebracht werden. Nach Kontrastmittelgabe und unter Röntgendurchleuchtung werden die Stentprothesen so platziert, dass der Blutfluss nur noch durch die Stentprothesen und nicht mehr in das Aneurysma gelangt. Diese Prozedur nennt sich Endovascular Aortic Repair (kurz EVAR) und hat sich für Aneurysmen der Bauchschlagader, die mit passender Anatomie unterhalb der Nierenarterien gelegen sind, als Standardverfahren etabliert. Reicht das Aortenaneurysma direkt bis an die Nierenarterien oder Darmschlagadern, können zur endovaskulären Behandlung spezielle Stentprothesen mit Fenstern („Fenestrierung“) oder Seitenarmen („Branches“) für die Nieren- und Darmschlagadern notwendig werden. Allen endovaskulären Verfahren gemein ist die Notwendigkeit einer lebenslangen regelmäßigen Verlaufskontrolle zur Früherkennung von Undichtigkeiten (sogenannte Endoleckagen).
Jüngere, weitestgehend gesunde Patient:innen mit speziellen anatomischen Gegebenheiten können von einer konventionellen offen-operativen Versorgung profitieren, bei die Bauchschlagader über einen Bauchschnitt freigelegt und eine Kunststoffprothese eingenäht wird, um den erkrankten Gefäßabschnitt zu versorgen.
Eine Entscheidung zur Behandlung und das beste Verfahren wird immer unter Risiko-Nutzen-Abwägung mit und patientenindividuell diskutiert. Hierbei sollten Sorgen und Bedenken ebenso offen und sachlich diskutiert werden, wie die zu erwartenden langfristigen Ergebnisse.

Nachsorge

Die Verlaufskontrollen nach Eingriffen an der Hauptschlagader richten sich nach der durchgeführten Operation. 
Nach endovaskulärer Behandlung erfolgt zunächst eine Ultraschalluntersuchung oder Computertomographie-Angiographie vor Entlassung. Nicht selten tritt nach diesem Verfahren noch ein sogenannte „Endoleckage“ auf. Dies beschreibt einen verbleibenden Blutfluss im Aneurysmasack, welcher unterschiedlicher Herkunft sein kann, jedoch meist keiner weiteren Therapie bedarf. Je nach Befund der Bildgebung wird das Intervall zur nächsten Verlaufskontrolle (3, 6 oder 12 Monate) und die Art der Kontrolluntersuchung (Ultraschall oder Computertomographie-Angiographie) festgelegt. Anschließend folgen jährliche bzw. mehrjährliche Kontrollen.
Nach offen-chirurgischer Behandlung besteht ein geringerer Kontrollbedarf. Typischerweise erfolgt eine Ultraschallbildgebung innerhalb der ersten 3 Monate nach Operation und eine erneute Verlaufskontrolle innerhalb des ersten Jahres nach Operation.

Seite teilen: