Hydrozephalus

Hydrozephalus - Allgeime Informationen

Unter Hydrozephalus versteht man eine vermehrte Ansammlung von Hirnwasser (Liquor) innerhalb der sogenannten Liquorräume von Gehirn und Rückenmark. Täglich werden bis zu 500 ml Liquor in den Hirnkammern gebildet, die innerhalb dieser Liquorräume in einer bestimmten Weise zirkulieren und schließlich über Strukturen in der Nachbarschaft großer Blutleiter über dem Gehirn und wahrscheinlich auch spinal in diese wieder aufgenommen und dem Körper zurückgeführt werden.

Kommt es zu einem unausgewogenen Verhältnis zwischen Liquorproduktion und - resorption und/oder zu einer Behinderung des Liquorweges, dann hat dies eine übermäßige Liquormenge zur Folge, die bei Nichtbehandlung zu erheblichen intrakraniellen Druckanstiegen und entsprechenden neurologischen Folgen bis hin zum Tode führen kann. Gesundes Hirngewebe wird mehr und mehr zusammengedrängt. Zusätzlich kann es infolge der dadurch entstehenden Druckerhöhung im Schädelinneren zu einer dauerhaften Schädigung der Sehnerven und schließlich zur Erblindung kommen. Der Hydrozephalus im Kindesalter zeigt verschiedene Ursachen und Formen. Entsprechend kompliziert ist seine Einteilung. Es hat sich eine Unterteilung bewährt, die sich auf die Art der Liquorzirkulationsstörung bezieht, da hieraus auch Behandlungsstrategien abgeleitet werden können, obwohl hierzu wissenschaftlich bewiesene Grundlagen noch immer fehlen. Je nach dem, welche Ursache vorliegt, unterscheidet man in sogenannte kommunizierende oder nicht kommunizierende Hydrozephalusformen. Allerdings gibt es auch Mischformen zwischen beiden Gruppen. Eine weitere Unterteilung zwischen angeboren und erworben wird zusätzlich vorgenommen:

Angeborene Formen des kommunizierenden Hydrozephalus
z.B. bei
• Chiari-Malformation
• Dandy-Walker-Malformation
• leptomeningeale Entzündungen
• Insuffizienz der arachnoidalen Villi
• Enzephalozelen
• (arachnoidale) Zysten

Erworbene Formen des kommunizierenden Hydrozephalus
z.B. im Rahmen von Tumorerkrankungen oder Infektionen:
• Aquäduktstenose
• Foramen-Monroi-Atresie
• Chiari-Malformation
• (arachnoidale) Zysten
• Schädelbasisanomalien
• Tumoren

Viele Krankheits-Syndrome in der Kinderheilkunde können mit einem Hydrozephalus einhergehen, so z.B. der seltene x-chromosomal rezessive Hydrozephalus (L1CAM), der familiäre Typ der Dandy-Walker-Malformation, die Spina bifida zystika, der M. Albers-Schönberg (schwere Osteopetrose), die Achondroplasie, die Akrodysostose, das Apert Syndrom, der Basalzellnävus, der M. Hurler, das Meckel-Gruber-Syndrom, oro-fazio-digitale Syndrome, die Osteogenesis imperfecta, das Riley-Day-Syndrom sowie Triploidie, Trisomie 13, Trisomie 18, u.a.

Hydrozephalus Diagnostik

hydrozephalus_diagnostik

Zur Feststellung, ob und weshalb ein Hydrozephalus besteht, werden unterschiedliche Untersuchungen durchgeführt: Kopfumfangsmessung bei Säuglingen und Kleinkindern, Ultraschall, Kernspintomographie, Computertomographie, Untersuchungen zur Liquorbeschaffenheit und selten auch Ventrikulographie, Zisternographie, Hirndruckmessung, transkranieller Doppler und EEG. Zusätzlich sind augenärztliche, neurologische, neuropsychologische und selten auch endokrinologische Untersuchung notwendig. Bei regelmäßigen Nachsorgeterminen werden einige dieser Untersuchungen wiederholt, um mögliche Ventilstörungen rechtzeitig feststellen zu können. Eine Ventilkontrolle sollte mindestens einmal, eine augenärztliche Kontrolle zweimal pro Jahr erfolgen.

Hydrozephalus Sonderformen

Posthämorrhagischer Hydrozephalus des Frühgeborenen

Die intraventrikuläre Blutung selbst sowie eine chemische Ventrikulitis führen hierbei zu einer Liquorresorptionsstörung und gelegentlich auch zum Verschluß der inneren Liquorwege.

Benigner extraaxialer Hydrozephalus des Kleinkindes

Diese Form des Hydrozephalus tritt in den beiden ersten Lebensjahren auf und bedarf in der Regel keiner operativen Behandlung.

Im Erwachsenenalter treten zudem noch der idiopathische Normaldruckhydrozephalus (iNPH) und der langfristig bestehende Hydrozephalus des Erwachsenen (LOVA) auf, bei denen die Ursachen noch nicht hinreichend geklärt sind. Jüngste Theorien diskutieren einen Zusammenhang zwischen dem iNPH und möglichen kompensierten Hydrozephalusformen der Kindheit.

Hydrozephalus Therapie

Therapie des Hydrozephalus
 
Die Standardtherapie besteht nach wie vor in der Anlage einer Hirnwasserableitung (Ventil, Shunt), die zumeist von einer Hirnkammer in die Bauchhöhle (ventrikulo-peritoneal) führt. Eine medikamentöse Therapie, z.B. mit Osmodiuretika (Mannitol, Sorbitol), Schleifendiuretika (Furosemid) oder einem Carboanhydrasehemmer (Acetazolamid) ist nur noch sehr selten angezeigt und sollte dann nur über einen kurzen Zeitraum angesetzt werden.

Operative Therapie
 
Neben dem o.g. ventrikulo-peritonealen Ventil gibt es eine Reihe weiterer Verfahren: ventrikuloatriale (in den Herzvorhof) oder lumboperitoneale Ventile, innere Shunts (ventrikulo-ventrikulär z.B. Leksell-Drainage), (endoskopische) III.Ventrikulostomie, (endoskopische) Zystoventrikulostomie, (endoskopische) Zystoarachnoidale Fensterungen oder endoskopische Aquäduktoplastie.

Ventiloperation

Bei der Ventiloperation wird ein dünner Silikonschlauch von einer Hirnkammer oder -zyste unter der Haut bis in die Bauchhöhle oder über eine Vene bis in den Herzvorhof gelegt. Zwischen den zentralen und den peripheren Katheterteil wird ein Ventil gesetzt, das häufig auch eine Pumpkammer besitzt. Diese Ventile steuern durch einen jeweils speziellen Mechanismus den Durchfluss des Liquors.
Man unterscheidet folgende Ventilarten:

Hochdruckventil

Bei sinkendem Differentialdruck wird Flussrate allmählich immer geringer. Hoher Flusswiderstand

Mitteldruckventil

Niederdruckventil

Geringer Flusswiderstand bis Verschlussdruck erreicht ist.

Die Druck- und Flussregulierung der Ventile wird über verschiedene Mechanismen erreicht: Schlitzventil, Kugelventil, Kugel-Feder-Ventil, Membranventil.

In besonders komplizierten Hydrocephalusfällen können von außen verstellbare Ventile eingesetzt werden, deren Öffnungsdrücke (elektro)magnetisch verstellt werden können.

Komplikationen

Ventiloperationen haben unverändert eine relativ hohe Komplikationsrate von durchschnittlich 30 % im ersten Jahr nach dem Eingriff. Dabei ist die Gefahr einer Komplikation bei Frühgeborenen am größten. Es handelt sich hierbei zumeist um folgende Komplikationen:
Infektion (3 - 38 %), Fehlplatzierung, Obstruktion, Katheterabriss, Katheterfehllage, Durchwanderung, Tumoraussaat, Blutung.
Funktionelle Störungen sind Komplikationen, die bei funktionierendem Ventil auftreten, wie z.B. Unterdrainage, Überdrainage (subdurale Hygrome, Kraniosynostose), Siphoneffekt, Mittelhirnsyndrom / Parkinsonismus, Schlitzventrikelsyndrom (0,9 - 3,3%), Kompartimentierung.

Endoskopie

Endoskopische Verfahren können in bestimmten Fällen Ventiloperationen ersetzen oder erleichtern. Gut geeignet für eine so genannte Ventrikulo-Zisternostomie (III. Ventrikulostomie) ist der Hydrozephalus bei Aquäduktstenose. Hierbei wird mittels endoskopischer Technik eine Verbindung zwischen dem Boden des dritten Ventrikels (Hirnkammer) und dem äußeren Liquorraum (Zisterne) vor dem Hirnstamm hergestellt.

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