Bankgeflüster – so läuft es beim HSVH hinter den Kulissen

Zugegeben: Die Welt des Profihandballs ist für mich noch vollkommen neu. Ich habe zwar schon viele Breiten- und Spitzensportler:innen behandelt und/oder operiert. Aber gleich für ein ganzes Team zuständig zu sein und gemeinsam mit meinen Kolleg:innen aus St. Georg im Rotationsprinzip Saisonspiele zu begleiten, ist auch für mich eine neue Dimension.

Viele Menschen kommen seither auf mich zu, fragen mich: „Wie ist es denn nun hinter den Kulissen beim HSVH? Wie ist der Ablauf bei den Spielen?“ Grund genug, in diesem Blog ein paar Einblicke hinsichtlich unserer Arbeit zu gewähren. 

Zunächst einmal: Als Teil des Medical-Teams sind wir live dabei, wenn HSVH-Trainer Torsten Jansen seine Mannschaft vor dem Warm-up auf eine Partie einstimmt. Wir erleben die Emotionen, diese unbändige Energie, die Jansen durch seine Worte transportiert, um die Spieler zu aktivieren und ihren Fokus auf den Gegner zu lenken. Die Sätze wirken wie eine Lunte – und die Akteure stehen sprichwörtlich jedes Mal kurz vor der Explosion. Man kann diese Spannung und Anspannung kaum beschreiben. Sie ist einzigartig, treibt nicht nur den Puls der Aktiven in die Höhe. Danach folgt ein Moment der Ruhe. Die Spieler gehen in sich, man sieht lauter hochkonzentrierte Gesichter. Die Blicke erinnern mich an mich selbst, wenn ich kurz vor einer Operation stehe. Auch diese Situation erfordert ein hohes Maß an Fokussierung, Konzentration und Präzision. Insofern haben Handballer und Chirurgen durchaus etwas gemeinsam. 

Dann beginnt das Warm-up. Ich selbst bin für die Spieler jederzeit ansprechbar – vor, während und natürlich auch nach der Partie. Ich bin da, wenn etwas zwickt oder sich etwas seltsam anfühlt. Wenn eine Beratung oder auch nur ein paar aufmunternde Worte benötigt werden. Klar ist: Noch stecken die Aktiven und wir vom Medical-Team in der Kennenlernphase, in der wir gegenseitiges Vertrauen und ein Gefühl für unser Gegenüber entwickeln müssen. Doch die ersten seichten Bande sind geknüpft. Jeder weiß, was zu tun ist. Alle sind voll fokussiert. 

Im Spiel selbst sitze ich schließlich in der HSVH-Box hinter der Bank. Ich verfolge gespannt jeden Angriff und jede Abwehraktion. Werden Spieler gefoult oder kommen Sie nach einem Sprung- oder Fallwurf unglücklich auf dem Boden auf und bleiben liegen, erkenne ich schnell, ob es sich um eine kleine Blessur oder aber um eine ernste Verletzung handelt. In diesen Situationen sind meine Kolleg:innen und ich unmittelbar gefordert. Nach Erlaubnis durch die Schiedsrichter eilen wir auf das Parkett. Wir sprechen mit dem Verletzten, führen routiniert Checks durch, prüfen Körper- und Gelenkfunktionen und schätzen ein, ob ein Akteur spielfähig ist oder vom Feld muss. In diesen Sekunden funktionieren wir. Das ist unsere Passion. Darin sind wir Profis. Und die Spieler und das gesamte Umfeld extrem dankbar. 

Genauso wie nach dem Spiel: wenn Verletzungen erst richtig hervortreten. Wenn entschieden werden muss, ob eine weiterführende Diagnostik nötig ist oder man Entwarnung geben und einen Spieler nach Hause schicken kann. Häufig diagnostizieren wir muskuläre Probleme, die meistens sehr schnell und effektiv behandelt werden können. Anders sieht es aus bei Schulter-, Knie- oder Sprunggelenksverletzungen. Diese erfordern meistens eine MRT-Untersuchung. In diesen Situationen ernten wir bange Blicke von Spielern und Verantwortlichen. Doch sie gehören zum Handball-Kosmos und dieser extrem verletzungsanfälligen Disziplin dazu.

Die Sportart, das kann ich schon jetzt nach nur zwei Saisonspielen, die ich bislang begleitet habe, sagen, ist eine ganz besondere, die jedoch einen wahnsinnigen Reiz ausübt. Auf Fans, auf Spieler – und, ja, auch auf uns medizinische Betreuer:innen. Wie heißt es so schön: Jedem Anfang wohnt ein Zauber inne. Der HSVH hat uns schon jetzt in seinen Bann gezogen!

Herzlichst Ihr

Michael Hoffmann

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