Krankenhausreformgesetz ist eine Gefahr für die Versorgung im ländlichen Raum

Die Umsetzung der von Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach geplanten Krankenhausreform in ihrer jetzigen Form bedroht zahlreiche Kliniken in ihrer Existenz und gefährdet die Gesundheitsversorgung in Bayern. Dies zeigt eine aktuelle Auswirkungsanalyse, die von der Deutschen Krankenhausgesellschaft (DKG) vorgestellt wurde. Felix Rauschek, Asklepios Regionalgeschäftsführer Bayern Süd/West und Geschäftsführer der Stadtklinik Bad Tölz sieht den Standort Bad Tölz zwar gut aufgestellt, sorgt sich aber grundsätzlich um die ländliche Versorgung in Bayern.

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Felix Rauschek, Asklepios Regionalgeschäftsführer Bayern Süd/West und Geschäftsführer der Stadtklinik Bad Tölz sieht den Standort Bad Tölz zwar gut aufgestellt, sorgt sich aber grundsätzlich um die ländliche Versorgung in Bayern.

Umfangreiche Investitionen in den vergangenen Jahren. Sukzessiver Ausbau des Leistungsspektrums und der Zahl der Mitarbeiter:innen. In 2022 in 12 Fachabteilungen rund 28.000 Patienten stationär und ambulant versorgt. Aktuell erfüllt die Asklepios Stadtklinik Bad Tölz als einer von nur etwa 15 Prozent der 1.731 Krankenhausstandorte in Deutschland die Anforderungskriterien der Stufe 2 (erweiterte Notfallversorgung) und bietet ein umfangreiches Behandlungsspektrum mit zahlreichen Spezialisierungen, die weit über die Grund- und Regelversorgung hinausgehen.

„Eine solch erfolgreiche Entwicklung und der Ausbau des Behandlungsspektrums wären für die Klinik unter den Bedingungen der von Herrn Lauterbach nun vorgeschlagenen Reform nicht möglich gewesen“, betont Geschäftsführer Felix Rauschek.

Er sieht große Gefahren für die Versorgung in Bayern: „Die Reform in ihrer jetzigen Fassung ist eine Bedrohung für die ländliche Gesundheitsversorgung. Durch ein geplantes System aus Leveln und Leistungsgruppen wird kleineren Kliniken, die insbesondere im ländlichen Bereich bislang eine feste Säule der Versorgung sind, die Existenzgrundlage entzogen“, warnt Rauschek.

Grund: Das aktuelle Reformvorhaben teilt Krankenhäuser, je nach Umfang ihres Versorgungsangebots, in drei verschiedene Versorgungsstufen ein: Krankenhäuser Level 1i und 1n (Basisversorgung mit stark eingeschränktem Angebot), Krankenhäuser Level 2 (Regel- und Schwerpunktversorgung) und Krankenhäuser Level 3 (Maximalversorgung).  Entscheidend sind dabei nicht regionale Begebenheiten, sondern einzig das im Krankenhaus existierende Leistungsangebot.

Die möglichen Auswirkungen auf die Krankenhauslandschaft in Bayern

Durch diese reformbedingte Aufteilung haben kleinere Kliniken im ländlichen Raum das Nachsehen. Kleine Krankenhäuser der Stufe-1 die nur über eine geringe Zahl an Fachabteilungen verfügen, werden in einen Wettlauf um die Einordnung in eine höhere Versorgungsstufe gedrängt, wobei sie sich die Investitionen dafür nicht leisten können und wirtschaftlich in Schieflage geraten. Unzählige Krankenhäuser werden damit an den Rand der Insolvenz getrieben.

Das generelle Problem der Unterfinanzierung des deutschen Gesundheitssystems wird in der Reform dagegen nicht angegangen. Vielmehr werden die ohnehin knappen Mittel nicht aufgestockt, sondern nur zu Gunsten der großen Häuser und Unikliniken anders verteilt.

Sollte die Krankenhausreform, wie von der Regierungskommission vorgeschlagen, umgesetzt werden, würde etwa jedes Dritte der rund 400 bayerischen Krankenhäuser auf das sog. „Level Ii“ herabgestuft werden und künftig eine Art medizinisches Versorgungszentrum mit angegliederter Pflegestation sein. Ein regulärer Stationsbetrieb oder eine Notaufnahme wären dort nicht mehr vorgesehen.

Bei strikter Anwendung des 30.Min. Erreichbarkeitskriteriums könnte diese Einschränkung sogar nahezu jedes 2. Krankenhaus in Bayern treffen. Diese Häuser könnten keine reguläre stationäre Versorgung mehr anbieten.

Auch die stationäre Versorgung in den sogenannten „Level 1n“-Häusern müsste laut Reformvorschlag auf eine internistische und chirurgische Basisversorgung und stationäre Notfallversorgung begrenzt werden, was in Bayern einen erheblichen Rückbau von Versorgungsstrukturen bedeuten würde. „Regionale Besonderheiten werden damit komplett ignoriert“, betont Rauschek weiter.

Lediglich 42 Krankenhäuser in Bayern dürften dann noch eine umfängliche stationäre Versorgung über mehrere Leistungsgruppen in Level II und III (einschl. Uniklinika) anbieten, was völlig unzulänglich für eine stationäre Versorgung wäre und ebenfalls negative Auswirkungen auf die ambulante Versorgung und den Rettungsdienst hätte.

„Wir sind zuversichtlich, dass die Asklepios Stadtklinik Bad Tölz in das Level 2 der Regel- und Schwerpunktversorgung eingruppiert wird. Neben der Notfall-, sowie der Grund und Regelversorgung wollen und werden wir wie bisher daher auch in Zukunft auf ganz besondere Schwerpunkte mit überregionaler Strahlkraft und ein besonders breites Leistungsspektrum setzen und ein verlässlicher Partner für die Menschen in der Region sein“, betont Rauschek.

Das Reformvorhaben in seiner aktuellen Form führt laut Rauschek aber unausweichlich zu einer massiven Verschlechterung der Versorgung für die Menschen in den ländlichen Regionen Bayerns.

Keine Antwort auf Fachkräftemangel und noch mehr Bürokratie

Darüber hinaus verschlimmert sich auch der ohnehin schon gravierende Fachkräftemangel in der Branche.  Die Facharztausbildung wird massiv unter den starren Leistungsstufen der Kliniken leiden. Der Ärztemangel insbesondere in ländlichen Regionen wird weiter verschärft.  Auch die Mobilität der Pflegekräfte wird völlig falsch eingeschätzt.

„Man kann nicht einfach davon ausgehen, dass die Mitarbeiter:innen einen sehr langen Arbeitsweg in Kauf nehmen werden, wenn die Zahl der Kliniken durch die Reform reduziert wird“, so Rauschek. Zusätzlich verschärft sich mit der Reform der ohnehin bereits hohe bürokratische Aufwand in den Krankenhäusern. 

Kliniken erfüllen als große, regionale Arbeitgeber zuletzt auch eine zentrale Rolle im Wirtschafts- und Sozialgefüge vieler Landkreise.  „Nicht selten sind die Kliniken an ihren Standorten die größten Arbeitgeber. Eine Schließung der Kliniken hätte damit entsprechende irreversible Folgen weit über den Gesundheitssektor hinaus“, betont Rauschek.

Er ergänzt: „Es ist unumstritten, dass das deutsche Gesundheitssystem eine Reform nötig hat. Doch Minister Lauterbach entzieht mit diesem Reformvorschlag vielen Kliniken die wirtschaftliche Grundlage und jagt sie so in einen darwinistischen Verdrängungswettbewerb.“

Die Forderung an die Politik lautet daher, die Reformvorschläge einer erneuten kritischen Auseinandersetzung zu unterziehen und dringend auch die Vertreter:innen von Fachverbänden, Krankenhäusern und Gesundheitseinrichtungen zu beteiligen.

Zur aktuellen Auswirkunsanalyse der DKG 

Vorschlag der DKG zur Krankenhausreform

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