Kinesiotapes – Voodoo-Medizin oder sinnvolle Unterstützung?

Modischer Schnickschnack oder tatsächlich wirkungsvoll? Viele Sportler:innen schwören auf die bunten Tapes. Höchste Zeit, den Effekt einzuordnen.

Kinesiotapes sollen unter anderem dabei unterstützen, die Muskulatur zu durchbluten und Schmerzen zu lindern.
Kinesiotapes sollen unter anderem dabei unterstützen, die Muskulatur zu durchbluten und Schmerzen zu lindern. © iStock

Juri Knorr, Spielmacher der deutschen Handball-Nationalmannschaft, trug sie kürzlich am Knie. Auch viele Leichtathlet:innen und Beachvolleyballer:innen setzen auf die Wirkung sogenannter Kinesiotapes. Die bunten Bänder schmücken Schultern, Rücken, Nacken, Beine, Bauch – und wurden vor allem zwecks Unterstützung der Muskulatur und Linderung von Schmerzen entwickelt. 

Anders als starre Tapes, die der Stabilisierung von Gelenken dienen und deren Bewegungsfreiheit gezielt einschränken, handelt es sich bei Kinesiotapes um bewegungselastische und atmungsaktive Tapes, die insbesondere über Hautreize aktiviert werden. Man unterscheidet dabei drei verschiedene Techniken der Anwendung: die Faszien-, die Muskel- sowie die Lymphtechnik.

Unterschiedliche Techniken

Mithilfe der sogenannten Faszientechnik wirkt man in erster Linie Schmerzen in der Bindegewebsstruktur des Körpers entgegen. Bei Sportler:innen, die beispielsweise über Schmerzen an der Außenseite des Oberschenkels klagen, wird das Tape just auf dem Schmerzpunkt angebracht, sodass das Gewebe bzw. die Bindegewebsfasern entlastet werden und weniger Druck auf die Schmerzrezeptoren ausgeübt wird. Die Folge: Die Beschwerden regulieren sich, die Beweglichkeit steigt. 

Die Muskeltechnik wird derweil bei erhöhter oder verminderter Muskelspannung angewandt. Wichtig: Die Tapes werden im Dehnungszustand aufgeklebt, in der neutralen Position werfen die farbigen Bänder bei den Nutzer:innen Falten. Hierbei handelt es sich also nicht um eine fehlerhafte Anwendung, sondern um die korrekte Positionierung. Mithilfe dieser Tapingtechnik wird insbesondere die Durchblutung der Muskulatur gefördert und angeregt. Diese verspricht gleichzeitig einen besseren Heilungsansatz. 

Last but not least wird die sogenannte Lymphtechnik praktiziert – etwa nach einer Kreuzband-OP, durch welche der Lymphabfluss eingeschränkt sein und ein Anschwellen des Unterschenkels zur Folge haben kann. Die Tapes werden in diesem Fall in schmalen Streifen angebracht und unterstützen den Abfluss der Lymphflüssigkeit. Ziel: Sie sollen ähnlich wie eine manuelle Lymphdrainage wirken. Wichtig ist auch hier die korrekte Anbringung der Tapes.

Gute Ergänzung

Klingt alles ziemlich klasse – doch ist die Wirkung auch wissenschaftlich erwiesen? Ja, ist sie. Mehrere Studien haben Effekte der Tapes nachgewiesen, sie können als ergänzende Maßnahme zu Physiotherapie und Reha-Übungen sinnvoll sein. Im gleichen Atemzug muss man allerdings betonen: Die einst angepriesene Farbenlehre der Tapes ist Quatsch! Die Farben haben keine besondere Wirkung, verstärken oder schwächen die gewünschten Effekte nicht. Ob man sich nun also für ein pinkes, ein schwarzes oder ein blaues Tape entscheidet, ist letztlich Geschmackssache. Entscheidend ist vielmehr, die korrekte Anbringung. Deshalb lohnt es sich, diese von jemandem durchführen zu lassen, der zertifiziert ist.

Herzlichst Ihr 

Michael Hoffmann

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