
Prof. Dr. med. Michael Hoffmann
Chefarzt
Joggen. Laufen. Running.

Laufen gehört zur Natur des Menschen: „Da lohnt ein Blick in unsere Geschichte!“ erklärt Professor Dr. Michael Hoffmann, Chefarzt der Orthopädie und Unfallchirurgie am Hamburger Asklepios Klinikum St. Georg. „In der Urzeit mussten wir unsere Nahrung in Form von wilden Tieren über weite Strecken verfolgen, sie regelrecht ‚totlaufen‘, um nicht zu verhungern.“ Menschen, so der 48-Jährige, seien dazu gemacht, stundenlang zu laufen, auch tagelang zu hungern, ohne komplett zu ermüden. „Als Urmenschen hatten wir manchmal Nahrung, manchmal keine. Gerade in mageren Zeiten kam es darauf an, alle Energien sofort mobilisieren zu können, sobald sich die Gelegenheit ergab, ein Tier zu erlegen und damit zu überleben.“
Wer also nach der Winterpause wieder leistungsfähiger, fitter und schlanker werden will, kann dieses Ziel mit der Ausdauersportart Laufen verfolgen: „Alle, die einigermaßen gesund sind und unter keinen schweren Vorerkrankungen wie chronischem Bluthochdruck oder chronischen Herzproblemen leiden, können sofort loslegen“, so Professor Michael Hoffmann. „Wer sich unsicher ist, lässt seinen Gesundheitszustand einmal ärztlich abklären.“

Dabei spricht Professor Michael Hoffmann vom „Laufen“, nicht vom „Joggen“. „Geschwindigkeit und Ambition machen den Unterschied“, erklärt der Chefarzt, der selbst jahrzehntelang Leistungssport betrieben hat. „Wer schneller als vier Stundenkilometer Spaziergeschwindigkeit joggt, der läuft.“ Außerdem wollten Läufer häufig ihre Leistung steigern, entweder das Tempo oder die Distanz.
Trainierte Alltagssportlerinnen und -sportler laufen laut Tracking-Netzwerk Strava durchschnittlich zwischen 4 und 6 Stundenkilometern, benötigen für 5 Kilometer 30 Minuten, für 10 eine Stunde. Da sei allerdings viel Luft nach oben, sagt Professor Michael Hoffmann, selbst aktiver Triathlet und Finisher auf der IRONMAN Langdistanz. „Der kenianische Spitzensportler Eliud Kipchoge läuft 42 Kilometer Marathondistanz in einer durchschnittlichen Geschwindigkeit von 20 Stundenkilometern.“ Pause. „Dieses Tempo erreichen die allermeisten nicht einmal mit dem Fahrrad!“ Und scherzt: „Ich habe das mal selbst auf einem Laufband ausprobiert. Nach wenigen Minuten war Schluss.“
Laufen ist eine unkompliziert umsetzbare und zugleich sehr effiziente Sportart. „Wer schlanker und fitter werden will, erreicht mit Lauftrainings mehr als mit Schwimmen oder Radfahren“, erklärt Professor Michael Hoffmann. Ein weiterer Vorteil: Laufen kann man zu jeder Jahres-, Tages- und Nachtzeit und so gut wie überall. Man benötigt weder ein Studio, noch Geräte oder eine Sparringsperson: einfach antütteln und los. Allerdings: „Vernünftige Sportschuhe sind wichtig“, so Orthopäde und Unfallchirurg Michael Hoffmann. „Die sollten relativ leicht, gut gepolstert und komfortabel sein. Beim Laufen werden Hüft-, Knie- und Sprunggelenke akut belastet. Hochwertige Sportschuhe federn diese Stöße ab und geben die Energie als Rückstoß an den Läufer zurück.“ Gern auch die Schuhe eine Nummer größer als sonst kaufen. Der Fuß brauche nach vorne Luft.
Um die individuell passenden Schuhe zu finden, lohnt es sich, in dafür spezialisierten Geschäften eine Gang- oder videogestützte Laufanalyse machen zu lassen. „Die wenigsten Menschen haben eine gerade Achse beim Laufen, sie laufen ‚schief‘“, erklärt Professor Michael Hoffmann. Über den Kauf qualitativ hochwertiger Sportschuhe hinaus sollte man sich daher zusätzlich Einlagen zulegen, um die Unterschiede zwischen den Füßen auszugleichen. „Zugegeben: Das klingt zunächst mehr nach Reha als nach Sport“, scherzt Professor Michael Hoffmann. „Unter Experten gilt: Sportschuhe ohne Einlagen sind wie ein Fahrrad ohne Pedale. Einlagen sind die Grundlage für verletzungs- und verschleißarmes Laufen.“ Viele Krankenkassen übernehmen die Kosten.

Hängt nicht zuletzt von der Motivation ab. Wer nur einmal die Woche joggt, für den ist das klassische Jogging-Outfit – Hose, T-Shirt, Hoodie – ausreichend. „Wer ambitionierter laufen will, sollte in atmungsaktive Kleidung investieren, die bei Bedarf Wärme speichern oder Feuchtigkeit und Wärme abgeben kann“, empfiehlt Professor Michael Hoffmann. Er selbst kleide sich nach dem Zwiebelprinzip: Im Winter trage er mehrere Schichten übereinander, mit steigender Temperatur ziehe er diese sukzessive aus.
Für eine Grundausstattung mit hochwertigen Schuhen (zwischen 120 bis 160 Euro), zwei Paar atmungsaktiver Socken (2 mal 10 Euro) und atmungsaktiver Sportkleidung (rund 100 Euro) benötigt man ein Start-Kapital zwischen 240 und 280 Euro. Gute Sportschuhe halten bis zu 500 Kilometer. Danach muss man sie nicht wegschmeißen, kann sie beispielsweise für Spaziergänge oder Radfahrten nutzen. Für das Lauftraining aber sollte man mittelfristig in neue investieren.

Wichtig: Erst einmal aufwärmen und dehnen. „Das ist wie beim Auto“, erklärt Professor Michael Hoffmann. „Das kann ich nach dem Kaltstart auch nicht sofort auf die höchste Drehzahl hochjagen. Es muss sich warm fahren.“ Also: Dehnen und langsames Aufwärmen, beispielsweise auf der Stelle hüpfen, Beine nach vorn und hinten schwingen, mit den Armen rudern, den Rumpf in der Achse drehen. Dann langsam loslaufen. „Wer anfängt, sollte sich nicht zu viel auf einmal vornehmen“, rät Professor Michael Hoffmann. „Sonst ist man gleich frustriert: Lieber kurze Distanzen von drei Kilometern an zwei Tagen in der Woche, dabei gern zwischen Laufen und Gehen abwechseln, sich selbst ein positives Feedback geben und am Aufbau erfreuen!“ Kontinuität sei wichtiger als Dauer und Distanz. „Die ersten sichtbaren Effekte – mehr Muskeln, weniger Bauch, länger Luft – zeigen sich nach sechs Wochen regelmäßigen Trainings. Die muss man durchhalten“, so der Chefarzt.
Hintergrund ist, dass der menschliche Körper Wiederholungen liebt. Die kann er sich merken und baut sie in sein „Gedächtnis“ ein. Man kennt das: Wer in ein Auto einsteigt, greift automatisch zum Sicherheitsgurt. Weil wir das immer so machen. Oder Zähneputzen! Wer versucht, das abendliche Ritual ausnahmsweise zu schwänzen, erntet meist eine anstrengende und langanhaltende Diskussion mit sich selbst. Weil der Körper nicht auf Knopfdruck umschalten kann und mit Ihrer Entscheidung hadert. So ergeht es auch regelmäßigen Läufern: Irgendwann wird die Routine zum geschätzten Muss. Und hier, so Professor Michael Hoffmann, liegt der Schlüssel zur Leistungssteigerung.

Wer mehr will, als sich regelmäßig zu bewegen, sollte sich über seine Ziele klar werden. Wichtig ist, dass die Laufpläne zur mir, meinen Zielen und meiner Konstitution passen.
Wer mehr will, als sich regelmäßig zu bewegen, sollte sich über seine Ziele klar werden: „Will ich meine Leistung steigern, schlanker werden, fitter und gesünder? Will ich bisschen schneller werden oder hat mich der sportliche Wettkampfgeist gepackt?“ so Professor Michael Hoffmann. „Da trennen sich dann die Welten: Die einen joggen weiterhin für ihr Wohlbefinden, die anderen stellen Laufpläne auf.“
Dabei habe sich das Intervalltraining mit der Grundformel „80 zu 20 Prozent“ bewährt. „Bei einer Strecke von zehn Kilometern beispielsweise laufe ich 80 Prozent der Kilometer in meiner Komfortzone – das ist die, in der ich mich noch gut unterhalten kann – und baue dann sich wiederholende 200 Meter Sprints an meiner Schmerzgrenze ein. Diesen Wechsel vollziehe ich über die gesamte Strecke. Mit der Zeit kann ich Tempo und Distanz immer weiter steigern.“ Wichtig sei dabei, „dass die Laufpläne zur mir, meinen Zielen und meiner Konstitution passen“. Wer also konditionsmäßig noch keine zehn Kilometer schafft, startet mit einer kleineren Distanz und weniger Sprints. Sinnvoll ist auch, das Lauftraining mit wöchentlichen Krafttrainings wie Pilates oder Gerätetraining zu ergänzen, um Muskelaufbau, Balance und Beweglichkeit zu unterstützen.

Wichtig auch, wie man läuft. „Die meisten Menschen sind zu Beginn ihrer Laufkarriere Rückfußläufer: Sie kommen mit der Ferse zuerst auf dem Boden auf“, erklärt Professor Hoffmann. „Gesünder ist es, mit dem Mittelfuß aufzukommen und sich über den Mittelfuß nach vorn zu federn. Diese Lauftechnik stellt sich in der Regel automatisch ein, sobald man schneller läuft.“ Ein weiterer Aspekt sei die Atmung: „Insbesondere am Anfang sollte man durch die Nase Luft holen und durch den Mund ausatmen“, so Professor Michael Hoffmann. „Die Atmung sollte sich den Schritten anpassen, das heißt: Beim Ein- und Ausatmen jeweils gleich viele Schritte aufwenden. Auch hier findet man meist automatisch über das Laufen die richtige Rhythmik.“ Wer sich beim Laufen ohne Atemnot noch gut unterhalten kann, hat die aktuell für ihn richtige Geschwindigkeit und schrittsynchrone Atmung gefunden.
Was viele nicht wissen: Jedes Training ist nur so gut wie die anschließende Regeneration. „Sportliche Aktivitäten lösen Umbauprozesse im Körper aus“, erklärt Professor Michael Hoffmann. „Der braucht danach Zeit, um sie zu verarbeiten.“ Wer eher im unteren Leistungsbereich trainiere, regeneriere automatisch, sobald er das Training beende. Da reicht es schon, sich gemütlich vor den Fernseher zu setzen oder ein Buch zu lesen.
Für Leistungssportler aber gilt: Die Zeit der Regeneration sollte ebenso lang sein wie die Zeit der sportlichen Aktivität. Eine Empfehlung, die Professor Michael Hoffmann an „Tour de France“-Athleten verdeutlicht: „Die fahren da brutale Etappen mit bis zu zehnprozentigen Steigungen – und was machen sie danach? Die legen sich nicht auf die Couch, die setzen sich auf ihr Cardio-Bike und strampeln noch mal eine Stunde! Zwar gemütlich, aber unsereins würde gleich wieder schwitzen. Für die Radprofis hingegen ist es aktive Regeneration.“ Übertragen auf uns Normal-Sportliche bedeutet das: Nicht gleich ins Sofa sinken, sondern je nach Intensität und Dauer des Trainings aktiv runterkommen. Mit einem kleinen Spaziergang beispielsweise, Yoga- oder Pilates-Übungen oder einem Gang in Sauna und Schwimmbad.

Nicht zuletzt: Bewegung tut der Seele gut. Für Professor Michael Hoffmann einer der wesentlichen Gründe, regelmäßig zu laufen. Laufen halte die Seele im Lot, helfe dabei Stress, Burnout, Niedergeschlagenheit oder einfach eine Alltags-Herausforderung zu bewältigen: Man bekomme sie im wahrsten Sinne des Wortes „laufend unter die Füße“. „Ich habe für mich früh gemerkt, dass mir der Ausdauersport ein extrem positives Mindset und Kraft für meinen Arbeitsalltag gibt“, resümiert der Vater von zwei ebenfalls Sport begeisterten Töchtern. „Ich habe einen großen Motor, der wie ein Diesel funktioniert und große Distanzen überwinden kann.“ Die wurden immer länger, irgendwann packte ihn der Ehrgeiz. Über die Teilnahme auf der Olympischen Distanz hinaus – 1,5 Kilometer Schwimmen, 40 Kilometer Radfahren, 10 Kilometer Laufen – wagte er sich als damals 42-Jähriger erstmals an die IRONMAN Langdistanz heran: 4 Kilometer Schwimmen, 180 Kilometer Fahrrad fahren, 42 Kilometer Laufen.
Bis heute hat Professor Michael Hoffmann an über zehn IRONMAN-Wettbewerben teilgenommen. Seine persönliche Bestzeit auf der Langdistanz: 11h58 min.

Chefarzt

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