Patient Blood Management

Alles Wissenswerte über Patient Blood Management

Patientenorientiertes Blutmanagement

Bluttransfusionen können Leben retten. Aber nicht immer sind sie medizinisch sinnvoll. Oft gibt es bei geplanten Eingriffen bessere Alternativen. Denn zum einen ist Blut eine wertvolle Ressource, mit der wir sorgsam umgehen müssen. Zum anderen birgt jede Übertragung von Fremdblut auch Risiken.

Hier setzt das sogenannte Patient Blood Management an. Ziel des patientenorientierten Blutmanagements ist es, Blutarmut und Blutverlust zu reduzieren und Fremdblutprodukte angemessen einzusetzen. Patient Blood Management optimiert die Versorgung von Patient:innen in allen medizinischen Bereichen – von der Kinderheilkunde bis zur Behandlung auf der Intensivstation.

Seit einigen Jahren entwickelt sich das Blutmanagement zu einem wesentlichen Qualitätskriterium deutscher Krankenhäuser. Selbstverständlich verfolgen wir dieses medizinische Konzept auch in unseren medizinischen Einrichtungen von Asklepios.

Aber was heißt das nun konkret? Darüber möchten wir Sie in den folgenden Abschnitten informieren. Sie erfahren, welche Maßnahmen das patientenorientierte Blutmanagement umfasst und wie dadurch Ihre Sicherheit bei operativen Eingriffen steigt. Gerne stehen wir Ihnen darüber hinaus für individuelle Fragen zur Verfügung. Sollte eine Operation bei Ihnen geplant sein, bei der ein erhöhtes Blutungsrisiko besteht, erklären Ihnen unsere Fachkräfte in einem persönlichen Gespräch alle Einzelheiten.

Was ist Patient Blood Management (PBM)?

Beim Patient Blood Management geht es darum, nicht benötigte Bluttransfusionen zu vermeiden. Es ist ein interdisziplinäres, also fachübergreifendes, Gesamtkonzept, das insgesamt mehr als 100 Einzelmaßnahmen umfasst. Das vornehmliche Ziel ist die größtmögliche Sicherheit für die Patient:innen.

Seit 2011 wird die Umsetzung von der Weltgesundheitsorganisation (WHO) empfohlen. In Deutschland zählt es bisher noch nicht zum medizinischen Standard, findet jedoch immer größere Akzeptanz. Seit 2016 stellt es laut Deutscher Gesellschaft für Anästhesie und Intensivmedizin (DGAI) einen der zehn Qualitätsindikatoren für Anästhesiologie dar. Umso stolzer sind unsere Mitarbeiter:innen bei Asklepios darauf, mit dem PBM die Blutgesundheit ihrer Patient:innen fördern zu können.  

Warum ist es wichtig, die Anzahl der Bluttransfusionen zu reduzieren?

Aktuell sind die Krankenhäuser in Deutschland ausreichend mit Blutkonserven versorgt. Das könnte sich zukünftig allerdings ändern. Dank der modernen Medizin können viele Krankheiten bis ins hohe Alter gut behandelt werden. Dafür ist jedoch viel Blut erforderlich. Gleichzeitig sinkt in einer älter werdenden Gesellschaft der Anteil der Menschen, die als Blutspender:innen in Frage kommen. Hinzu kommt, dass in Deutschland der Pro-Kopf-Verbrauch an Blutkonserven besonders hoch ist: Jedes Jahr verwenden die deutschen Krankenhäuser 54 Blutkonserven pro tausend Einwohner – so viel wie in keinem anderen Land. Mit einem gezielten Management könnten etwa 20 Prozent davon eingespart werden.

Jede Transfusion ist eine Transplantation

Mit den Maßnahmen des Patient Blood Management möchten unsere Fachkräfte bei Asklepios aber vor allem Ihre Sicherheit erhöhen. Grundsätzlich sind Blutprodukte hierzulande unbedenklich, die allermeisten Übertragungen verlaufen ohne Komplikationen. Allerdings handelt es sich bei jeder Transfusion um eine Art Mini-Transplantation, die gewisse Risiken und Nebenwirkungen mit sich bringt. So kann es beispielsweise zu allergischen Reaktionen, einer Veränderung im Elektrolythaushalt oder einer Überlastung des Kreislaufs durch die verabreichte Flüssigkeit kommen. Auch Infektionen sind trotz aller Vorsichtsmaßnamen nicht ausgeschlossen. Und Studien zeigen, dass Patient:innen, die eine Blutspende erhalten haben, ein erhöhtes Risiko für Schlaganfälle, Herzinfarkt oder Lungenembolien (Verstopfung eines Blutgefäßes der Lunge) haben.

So viel Fremdblut wie nötig, so wenig wie möglich

Im Ernstfall retten Blutkonserven Leben. Für medizinische Notfälle oder sehr schwere Operationen stehen in den medizinischen Einrichtungen von Asklepios ausreichend Blutkonserven zur Verfügung. Sie können sich sicher sein, dass unsere Ärzt:innen Transfusionen stets mit der gebotenen Sorgfalt durchführen. Gleichzeitig verfolgen unsere Fachkräfte einen achtsamen Umgang mit der wertvollen Ressource Blut. Um unnötige Blutübertragungen zu vermeiden, setzen sie das Patientenblut-Management-Programm konsequent im Krankenhausalltag um.

Welche Maßnahmen umfasst das Blutmanagement?

Das interdisziplinäre Konzept fußt auf drei tragenden Säulen: eine frühe Diagnose und Behandlung einer gegebenenfalls vorhandenen Blutarmut (Anämie) vor geplanten Operationen mit hohem Transfusionsrisiko; der Minimierung des Blutverlustes und die vermehrte Nutzung von fremdblutsparenden Maßnahmen; ein rationaler Einsatz von Blutkonserven. Im Folgenden stellen wir Ihnen die wichtigsten Maßnahmen vor.

1. Säule: Blutarmut erkennen und behandeln

Sind die Mundschleimhäute und die Bindehäute der Augen blass, könnte das ein erstes Anzeichen einer Blutarmut (Anämie) sein. Weitere typische Symptome sind Kopfschmerzen und Schwindel. Viele Betroffene sind außerdem sehr müde und fühlen sich abgeschlagen. Um eine Blutarmut sicher feststellen zu können, nehmen unsere Ärzt:innen eine Blutuntersuchung vor. Eine Blutarmut im Blick zu haben ist sehr wichtig, denn während einer Operation stellt eine unbehandelte Anämie ein zusätzliches Risiko für die Patient:innen dar.

Blutuntersuchung
Vor einem Eingriff, bei dem ein größerer Blutverlust möglich ist, ermitteln unsere Fachkräfte Ihren Hämoglobin- (eisenhaltiger, roter Blutfarbstoff) und den Hämatokritwert (Maß dafür, wie viele rote Blutkörperchen im Blut sind). Befinden sich diese Werte unter dem Normbereich, liegt eine Anämie vor. Das ist gar nicht so selten: Etwa 30 Prozent der Patient:innen sind davon betroffen.

Eisenspeicher auffüllen
Die Ärzt:innen in den Einrichtungen von Asklepios tun alles, um zu verhindern, dass es durch eine Blutarmut zu Komplikationen während der Operation kommt. Zunächst ermitteln sie die Ursache für eine Blutarmut. Bei etwa jeder zweiten Patientin beziehungsweise jedem zweiten Patienten ist sie durch einen Eisenmangel bedingt. In der Regel lassen sich die Eisenspeicher des Organismus mit einer intravenösen Eisengabe rasch auffüllen. Im Vergleich zu früheren Zubereitungen sind die heutigen Präparate sehr gut verträglich. Die Infusion dauert etwa zehn bis zwanzig Minuten. Anschließend kann der Körper die Zahl der roten Blutkörperchen aus eigener Kraft erhöhen. In einigen Fällen ist eine zusätzliche Gabe von Vitamin B12, Folsäure oder Substanzen, die die Blutbildung unterstützen, sinnvoll. Unsere Fachkräfte bei Asklepios stimmen die Behandlung individuell auf Ihre Bedürfnisse ab, damit Sie gestärkt für Ihre geplante Operation sind.
 

2. Säule: Blutverlust minimieren

Es gibt verschiedene Möglichkeiten, um die eigenen Blutreserven vor, während und nach dem Eingriff zu schonen und somit den Bedarf an Fremdblut zu reduzieren. Zu den gängigsten Maßnahmen gehören:

Minimalinvasive Verfahren
Unsere Operateur:innen wenden gewebsschonende Techniken an und setzen bevorzugt auf minimalinvasive Verfahren, bei denen nur winzige Schnitte notwendig sind. Durch das laserbasierte Schneiden, das die Schnittfläche sofort mit der Haut versiegelt, können Blutungsursachen direkt unterbunden werden.

Fremdblut sparen
Bei Eingriffen wie Herzoperationen, Tumorentfernungen oder Gelenkersatz, bei denen größere Blutverluste zu erwarten sind, setzen unsere Ärzt:innen sogenannte Cell-Saver-Geräte ein. Diese Geräte fangen das Blut auf, waschen und filtern es und geben es anschließend wieder in den Körper zurück. Das Verfahren wird auch in Notfallsituationen angewendet.

Optimierung der Blutgerinnung
Wichtig ist auch, dass die Blutgerinnung während des Eingriffs gut funktioniert. Vor dem Eingriff prüfen unsere Fachkräfte, ob Gerinnungshemmer abgesetzt oder ersetzt werden müssen. Während der Operation setzen unsere Anästhesist:innen auf ein effektives Wärmemanagement. Bleibt die Körpertemperatur der Patientin oder des Patienten im optimalen Bereich, wirkt sich das positiv auf die Blutgerinnung aus. Gegebenenfalls können die Gerinnungsfaktoren zudem mit Kalzium unterstützt werden.

Blutentnahmen verringern
Während des gesamten Krankenhausaufenthalts achten unsere Fachkräfte bei Asklepios darauf, zu Diagnostik- und Kontrollzwecken nur die tatsächlich benötigte Menge Blut abzunehmen. Dazu verwenden sie beispielsweise kleinere Röhrchen.

In unseren Einrichtungen von Asklepios arbeiten interdisziplinäre Teams zusammen, die Sie vor Ihrer Operation umfassend untersuchen, Vorerkrankungen und Medikamenteneinnahmen klären und Ihr persönliches Blutungsrisiko ermitteln.
 

3. Säule: unnötige Transfusionen vermeiden

Fremdblut kann das Immunsystem belasten und die Wundheilung stören. Darüber hinaus bergen Blutübertragungen das Risiko einer Infektion. Unsere Fachkräfte prüfen in jedem Einzelfall, ob eine Fremdbluttransfusion erforderlich und sinnvoll ist und stellen eine optimale Bluttherapie bereit. Dabei richten sich unsere Einrichtungen nach der sogenannten Transfusionstrigger-Checkliste, die die Leitlinien der Bundesärztekammer zusammenfasst.

Welche Aufgaben hat unser Blut?

Je nach Körpergewicht fließen etwa vier bis sechs Liter Blut pro Minute durch die Adern eines erwachsenen Menschen. Die lebenswichtige Flüssigkeit besteht zu rund 55 Prozent aus Blutplasma, das sich aus Wasser und verschiedenen Eiweißen zusammensetzt. Die übrigen 45 Prozent bilden die Blutzellen, also die roten und weißen Blutkörperchen sowie die Blutplättchen.

Die roten Blutkörperchen (Erythrozyten) machen 99 Prozent aller Blutzellen aus. Sie sind vor allem dafür zuständig, den Körper mit Sauerstoff zu versorgen. Sie nehmen den Sauerstoff in der Lunge auf und bringen ihn zu allen Organen und Geweben. Außerdem transportieren sie das beim Stoffwechsel entstehende Kohlendioxid zurück zur Lunge, wo es ausgeatmet wird. Bei einer Blutarmut sind nicht genügend funktionstüchtige rote Blutkörperchen vorhanden. Weil dadurch nicht mehr ausreichend Sauerstoff in die Zellen gelangt, haben die Betroffenen meist eine auffallend blasse Haut und leiden unter Symptomen wie Müdigkeit, Schwäche oder Kopfschmerzen.

Die weißen Blutkörperchen (Leukozyten) dienen der Immunabwehr. Sie erkennen Eindringlinge wie Bakterien, Viren oder Pilze und bekämpfen sie gezielt. Bei einem gesunden Menschen machen die weißen Blutkörperchen nur ein Prozent der Blutzellen aus. Im Krankheitsfall nimmt ihre Zahl jedoch rasant zu. So können sie die Erreger schnell unschädlich machen.

Die Blutplättchen (Thrombozyten) spielen eine wichtige Rolle bei der Blutgerinnung und bilden die Grundlage für die Wundheilung. Bei Verletzungen dichten sie die Blutgefäße schnell ab und verhindern so größere Blutverluste. Menschen mit einer zu geringen Anzahl an Blutplättchen leiden unter häufigen Nasen- und Zahnfleischblutungen und bekommen bereits bei leichten Stößen blaue Flecken.

Das Blutplasma dient vor allem als Transportmittel. Es bringt Vitamine, Mineralstoffe, Eiweiße, Zucker und Fette, aber auch Hormone zu den Zellen im gesamten Körper, damit diese ihre Funktionen erfüllen können. Abbauprodukte, die nicht mehr benötigt werden, transportiert das Blutplasma zu den Ausscheidungsorganen. Darüber hinaus sorgt das Blutplasma für die richtige Körpertemperatur und reguliert den pH-Wert des Blutes.

Blut erfüllt eine Vielzahl lebenswichtiger Aufgaben. Auch nach einem operativen Eingriff trägt ein gesunder Blutkreislauf wesentlich dazu bei, dass sich der Körper schnell wieder erholt. Die Fachkräfte in den medizinischen Einrichtungen von Asklepios gehen sehr sorgsam mit dieser wertvollen Ressource um. Unsere interdisziplinären Behandlungsteams prüfen eingehend, mit welchen Maßnahmen aus dem Patientenblut-Management-Programm sie die Blutgesundheit der jeweiligen Patientin oder des Patienten am besten unterstützen können. Das Ziel unserer Expert:innen ist maximale Sicherheit für Ihre Operation. Wann immer Sie Fragen haben, wenden Sie sich bitte an unsere medizinischen Fachkräfte. Sie werden sich ausreichend Zeit nehmen, sie Ihnen zu beantworten, bis alle Unklarheiten beseitigt sind. Wir möchten, dass Sie sich bei uns stets gut informiert und in sehr guten Händen wissen.