Neurostimulation
Alles Wissenswerte über Neurostimulation
Elektrische Impulse gegen chronische Schmerzen

Chronische Schmerzen beeinträchtigen die Lebensqualität teils erheblich. Nicht immer bringen herkömmliche Behandlungen ausreichend Linderung. Hier setzt die Neurostimulation an – ein modernes medizinisches Verfahren, das die Schmerzsignale im Nervensystem gezielt mit elektrischen Impulsen beeinflusst. Dieser „Schmerzschrittmacher” bietet eine vielversprechende Alternative für Patient:innen, die auf andere Methoden nicht ansprechen.
Gemeinsam mit Expert:innen von Asklepios möchten wir Ihnen diese Technologie im folgenden Text vorstellen. Dabei erfahren Sie, welche Beschwerden damit behandelt werden können und welche Vorteile sowie Risiken sie mit sich bringt.
Wann immer Sie weitergehende Fragen haben, wenden Sie sich gerne an unsere Mediziner:innen. Sie werden sie Ihnen gerne beantworten.
Wie funktioniert die Neurostimulation?
Die Neurostimulation nutzt elektrische Impulse, um chronische Schmerzen zu lindern. Sie basiert auf der sogenannten Gate-Control-Theorie, die 1965 von Melzack und Wall entwickelt wurde. Diese besagt, dass bestimmte Nervenfasern im Rückenmark die Weiterleitung von Schmerzsignalen blockieren, wenn sie durch elektrische Impulse stimuliert werden.
Die Technologie hinter der Neurostimulation
Ein Neurostimulationssystem besteht aus drei Hauptkomponenten: Elektroden, einem Neurostimulator und einer Steuerungseinheit. Zunächst platzieren die Ärzt:innen die Elektroden gezielt an den betroffenen Nervenstrukturen wie dem Rückenmark oder peripheren Nerven. Anschließend transplantieren sie den Neurostimulator, ein kleines Gerät, das elektrische Impulse erzeugt, die über die Elektroden an die Nerven weitergeleitet werden. Oft können die Patient:innen die Intensität der Impulse mit einer Steuerungseinheit selbst einstellen und so flexibel an das Schmerzempfinden anpassen.
Die elektrische Stimulation erhöht die Aktivität der sensorischen A-Beta-Fasern. Diese Fasern haben eine niedrigere Aktivierungsschwelle als Schmerzfasern und können die Übertragung von Schmerzsignalen in der sogenannten Substantia gelatinosa im Rückenmark hemmen. Dabei entsteht ein angenehmes Kribbeln, das die Schmerzempfindung überlagert. Es gibt jedoch auch neuere Technologien, die ohne Kribbelgefühl arbeiten. Diese nutzen hochfrequente oder Burst-Stimulationen, die direkt auf die Schmerzverarbeitung im Nervensystem abzielen.
Welche Beschwerden können mit Neurostimulation behandelt werden?
Die Neurostimulation bietet vielseitige Behandlungsansätze für Patient:innen mit chronischen Schmerzen. Sie wird vor allem dann eingesetzt, wenn Medikamente oder andere konservative Methoden keine zufriedenstellende Linderung bringen. Es gibt verschiedene Verfahren der Neurostimulation, die auf spezifische Krankheitsbilder und Schmerzsyndrome abgestimmt sind.
Chronische Rücken- und Beinschmerzen
Patient:innen mit chronischen Rückenschmerzen oder Schmerzen in den Beinen profitieren häufig von der Neurostimulation. Das gilt insbesondere nach erfolglosen Operationen an der Wirbelsäule (Failed-Back-Surgery-Syndrom, FBSS). Die Rückenmarkstimulation eignet sich vor allem für Betroffene, deren Schmerzen neuropathischen Ursprungs sind, also durch Nervenschädigungen verursacht werden.
Komplexes regionales Schmerzsyndrom (CRPS)
Beim CRPS handelt es sich um eine chronische Schmerzerkrankung, die häufig nach Verletzungen oder Operationen auftritt und die Gliedmaßen betrifft. Bewährt hat sich insbesondere die Spinalganglienstimulation, da sie die Übererregbarkeit des betroffenen Nervengewebes gezielt reduziert.
Phantomschmerzen und neuropathische Schmerzen
Viele Menschen leiden nach Amputationen unter Phantomschmerzen. Sie entstehen durch die Fehlinterpretation von Nervensignalen. Diese Beschwerden können ebenso mit der Neurostimulation behandelt werden wie neuropathische Schmerzen, die durch Nervenschädigungen hervorgerufen werden. Dazu zählt etwa eine diabetische Neuropathie. In solchen Fällen können einzelne Nerven mit der peripheren Nervenstimulation angeregt werden, um die Schmerzen zu lindern.
Durchblutungsstörungen und Angina pectoris
Auch Patient:innen mit peripherer arterieller Verschlusskrankheit (pAVK) oder anderen chronischen Durchblutungsstörungen kann ein Schmerzschrittmacher helfen. Die elektrische Stimulation fördert die Durchblutung und lindert die Schmerzen in den betroffenen Extremitäten. Ebenso wird die Nervenstimulation bei Angina pectoris (chronische Brustschmerzen aufgrund von Herzproblemen) eingesetzt, wenn andere Therapien nicht wirksam sind.
Chronische Kopfschmerzen
Cluster-Kopfschmerzen oder chronische Migräne sind oft therapieresistent. Hier bietet die okzipitale Nervenstimulation eine effektive Behandlungsoption. Dabei platzieren die Ärzt:innen die Elektroden an den Nerven des Hinterkopfes. So werden die Schmerzsignale moduliert und die Intensität der Kopfschmerzen nimmt ab.
Kriterien für den Einsatz von Neurostimulation
Ob sich die Neurostimulation für eine Patientin oder einen Patienten eignet, wird nach sorgfältiger Diagnosestellung von einem interdisziplinären Team abgewogen. Sie kommt vor allem für Personen infrage, die bereits verschiedene konservative und medikamentöse Behandlungen ohne ausreichenden Erfolg durchlaufen haben und erheblich unter den Schmerzen leiden. Es ist wichtig, dass die Betroffenen psychisch stabil sind. Denn nicht immer führt die Behandlung zu vollständiger Schmerzfreiheit, was eine bewusste Auseinandersetzung mit den verbleibenden Beschwerden erforderlich macht.
Die Neurostimulation wird in spezialisierten Zentren durchgeführt. Unsere Expert:innen gewährleisten eine optimale Abstimmung des Behandlungsplans und eine präzise Platzierung der Elektroden. In der Regel beginnt die Therapie mit einer Testphase. Damit soll sichergestellt werden, dass die Methode zu einer signifikanten Schmerzreduktion führt. Erst dann erfolgt die endgültige Implantation.
Welche Vorteile und Risiken birgt die Neurostimulation?
Auch wenn die Neurostimulation chronische Schmerzen effektiv lindern kann, müssen die potenziellen Vorteile und Risiken dieser Methode sorgfältig abgewogen werden.
Wie profitieren Patient:innen von der Neurostimulation?
Ein Schmerzschrittmacher erhöht die Lebensqualität oft spürbar. Viele Patient:innen berichten von einer deutlichen Schmerzreduktion, oft um mehr als 50 Prozent. Dank der Behandlung können sie ihren Alltag aktiver gestalten und körperliche Aktivitäten wieder aufnehmen. Einige Betroffene benötigen anschließend weniger Schmerzmittel. Eine verbesserte Schlafqualität und ein positiver Einfluss auf das psychische Wohlbefinden sind weitere häufig genannte Effekte.
Ein großer Pluspunkt ist außerdem die Reversibilität der Methode. Das bedeutet, dass die Therapie jederzeit beendet werden kann, ohne bleibende Veränderungen am Nervensystem zu hinterlassen. Darüber hinaus können die Patient:innen bei modernen Neurostimulationssystemen die Intensität der Impulse individuell anpassen. Somit ist eine flexible und bedarfsgerechte Schmerzlinderung möglich.
Welche Risiken sind zu beachten?
Wie jede medizinische Behandlung birgt auch die Neurostimulation Risiken. Die Komplikationsrate ist insgesamt zwar niedrig, trotzdem sollten mögliche Nebenwirkungen nicht außer Acht gelassen werden. So können vor allem in der Frühphase nach der Implantation Infektionen auftreten. Und in seltenen Fällen können Blutungen oder Verletzungen von Nerven während des Eingriffs zu vorübergehenden oder dauerhaften Schäden führen.
Technische Probleme wie das Verrutschen oder Brechen der Elektroden sind selten. Sollten sie doch einmal auftreten, ist eine Nachoperation erforderlich.
Bei einigen Patient:innen gewöhnt sich der Körper an die elektrischen Impulse, was die Wirksamkeit der Behandlung mindern kann. Moderne Technologien haben dieses Risiko jedoch erheblich reduziert.
Wie erfolgreich ist die Neurostimulation?
Die Erfolgschancen der Neurostimulation sind unter anderem von der genauen Diagnose und der individuellen Reaktion der Patient:innen auf die Therapie abhängig. Studien zeigen, dass etwa 70 bis 80 Prozent der Behandelten von der Methode profitieren. Dabei gilt: Je früher die Neurostimulation im Krankheitsverlauf eingesetzt wird, desto besser die Wirkung.
Trotzdem muss betont werden, dass die Methode keine Garantie auf vollständige Schmerzfreiheit bietet. Eine realistische Erwartungshaltung und eine bewusste Auseinandersetzung mit verbleibenden Schmerzen sind daher entscheidend für den Therapieerfolg.
In unseren Einrichtungen bei Asklepios wird die Entscheidung für eine Neurostimulation immer in enger Absprache mit Fachärzt:innen getroffen. Dabei werden sowohl die individuellen Chancen als auch mögliche Risiken bedacht und ausführlich mit der Patientin oder dem Patienten besprochen.
Wie läuft die Behandlung mit Neurostimulation ab?
Unsere Fachkräfte stimmen die Neurostimulation individuell auf die Bedürfnisse ihrer Patient:innen ab. Hier erfahren Sie, wie der Neurostimulator eingesetzt wird und was Sie anschließend erwartet. Für unsere Mediziner:innen steht im gesamten Prozess die Sicherheit ihrer Patient:innen an erster Stelle.
Was passiert während der Implantation?
Die Implantation eines Neurostimulators erfolgt in der Regel in zwei Schritten. Zuerst führen unsere Ärzt:innen eine Testphase durch, um die Wirksamkeit der Methode zu prüfen. Zunächst platziert die Operateurin oder der Operateur Elektroden im Bereich des Rückenmarks oder der betroffenen Nerven. Der Eingriff erfolgt unter lokaler Betäubung. Die Elektroden werden mit einem externen Stimulator verbunden, den Sie außerhalb des Körpers tragen. In der Regel dauert die Testphase einige Tage bis Wochen. So können Sie überprüfen, ob die Schmerzreduktion signifikant genug ist, um die Therapie fortzusetzen.
Sollte die Testphase erfolgreich sein, folgt die endgültige Implantation des Neurostimulators. Der kleine Impulsgeber wird unter der Haut eingesetzt, häufig im Bereich des unteren Bauchs oder des Gesäßes. Der Eingriff ist minimalinvasiv und erfordert in der Regel nur einen kurzen stationären Aufenthalt. Die Elektroden bleiben an ihrer ursprünglichen Position und werden mit dem implantierten Gerät verbunden.
Was müssen Patient:innen nach der Implantation beachten?
Um das bestmögliche Ergebnis zu erzielen, müssen Sie in der Heilungsphase ein paar Dinge beachten. Direkt nach dem Eingriff sollten Sie körperliche Anstrengungen vermeiden, damit die Elektroden an Ort und Stelle bleiben. In den ersten Wochen werden Sie regelmäßig untersucht, um sicherzustellen, dass das System korrekt funktioniert und keine Komplikationen auftreten.
Außerdem zeigen Ihnen unsere Fachkräfte von Asklepios, wie sie die Steuerungseinheit des Neurostimulators bedienen. Damit können Sie die Intensität anpassen und bei einigen Schrittmachern verschiedene Stimulations-Programme einstellen. So ist eine individuelle Anpassung der Therapie an Ihre täglichen Bedürfnisse möglich.
Wie wird ein Neurostimulator gewartet?
Ein moderner Neurostimulator erfordert nur wenig Wartung. Die meisten Systeme können über eine drahtlose Ladestation wieder aufgeladen werden. In der Regel dauert das wenige Stunden. Die Lebensdauer der Batterie beträgt je nach Nutzung und Modell mehrere Jahre. Eine erschöpfte Batterie wird in einem kleinen ambulanten Eingriff ausgetauscht.
Wie sieht die Nachsorge mit einem Neurostimulator aus?
Eine regelmäßige Nachsorge gewährleistet die Funktionalität des Systems. Bei Kontrollterminen prüfen unsere Fachkräfte die Einstellungen und passen sie gegebenenfalls an. Bei Bedarf können sie auch die Programme des Neurostimulators optimieren, um eine gleichbleibende oder sogar verbesserte Schmerzreduktion zu erreichen.
Bitte beachten Sie, dass durch den Schmerzschrittmacher bestimmte Einschränkungen im Alltag auftreten können. Beispielsweise können starke Magnetfelder, wie sie bei der Magnetresonanztomografie (MRT, Bildgebungsverfahren) auftreten, die Funktion des Neurostimulators beeinträchtigen. Moderne Systeme sind jedoch zunehmend MRT-kompatibel, was die Flexibilität im medizinischen Alltag erhöht.
Wie kann die Behandlung beendet werden?
Falls die Neurostimulation nicht mehr benötigt wird oder die gewünschte Wirkung ausbleibt, kann der Neurostimulator bei einem ambulanten Eingriff problemlos entfernt werden. Meist verbleiben die Elektroden im Gewebe, da sie keine negativen Auswirkungen haben.
Unseren Fachkräften ist es sehr wichtig, dass Sie sich bei Asklepios stets gut versorgt und in besten Händen wissen können. Wann immer Sie Fragen und Anliegen haben, wenden Sie sich bitte an eine Mitarbeiterin oder einen Mitarbeiter aus dem Sie betreuenden Team.