Beinlängendifferenz bei Kindern

Alles Wissenswerte über die Beinlängendifferenz bei Kindern

Längenunterschied der Beine

Der menschliche Körper ist nicht vollkommen symmetrisch. Es kommt daher gar nicht selten vor, dass die Beine bei Kindern unterschiedlich lang sind. Meist beträgt dieser Unterschied nur wenige Millimeter, im Alltag ist davon nichts zu spüren. Doch größere Unterschiede können die Statik des Körpers stören und so gesundheitliche Probleme hervorrufen. Bei Kindern kann eine Beinlängendifferenz unter anderem daraus resultieren, dass die Beine unterschiedlich schnell wachsen. Auch eine Fehlstellung des Beckens kann eine Ursache sein. Um eine Beinlängendifferenz auszugleichen, gibt es verschiedene Methoden, die von einer Schuheinlage bis zur Operation reichen. In den folgenden Abschnitten haben wir für Sie die wichtigsten Informationen zu den typischen Symptomen, der Diagnostik sowie den möglichen Therapien für Sie zusammengestellt.

Falls Sie für Ihr Kind medizinischen Rat und Unterstützung suchen, stehen Ihnen die Fachkräfte von Asklepios gerne mit ihrer langjährigen Erfahrung auf dem Gebiet der Kinderorthopädie zur Seite.

Welche Symptome treten bei einer Beinlängendifferenz bei Kindern häufig auf?

Wenn eine Beinlängendifferenz frühzeitig erkannt und behandelt wird, kann das entscheidend dazu beitragen, langfristige gesundheitliche Folgen für das Kind zu vermeiden. Deshalb ist es wichtig, auf Beschwerden und körperliche Veränderungen zu achten. Folgende Symptome treten bei Kindern mit einer größeren Beinlängendifferenz häufig auf.

Hinken

Hinken ist eines der auffälligsten Symptome bei Kindern mit einer Beinlängendifferenz. Das kürzere Bein wird beim Gehen oft weniger belastet, wodurch das Gangbild asymmetrisch wird. Kinder versuchen, das Ungleichgewicht durch verschiedene Bewegungsmuster auszugleichen, etwa, indem sie auf den Zehenspitzen gehen, was das Hinken noch deutlicher macht.

Verändertes Gangbild

Neben dem Hinken kann sich das gesamte Gangbild bei einer Beinlängendifferenz verändern. Das betroffene Bein hat oft weniger Bodenkontakt oder ein Fuß wird schneller belastet als der andere. Diese Veränderungen können langfristig die Gelenke, Muskeln und Bänder belasten und die Funktion des Bewegungsapparats beeinträchtigen.

Muskelungleichgewichte

Sind die Beine unterschiedlich lang, belastet dieses Ungleichgewicht auch bestimmte Muskelgruppen stärker als andere. Diese sogenannte Dysbalance kann schmerzhafte Verspannungen verursachen, insbesondere im Rücken- und Hüftbereich. Infolgedessen kann auch die Beweglichkeit eingeschränkt sein.

Asymmetrische Körperhaltung

Eine schiefe Schulter und ein geneigter Kopf: Eine Beinlängendifferenz kann zu einer asymmetrischen Körperhaltung führen. Denn um das Ungleichgewicht der Beine auszugleichen, neigt sich das Becken auf einer Seite. Diese Haltung belastet die Wirbelsäule und kann – vor allem, wenn der Längenunterschied mehr als 2 cm beträgt – langfristig zu einer Skoliose, einer seitlichen Verbiegung der Wirbelsäule, führen.

Haltungsschäden

Neben der Skoliose können Beinlängendifferenzen durch die ständige Fehlbelastung auch langfristig Haltungsschäden verursachen, die sich nicht nur auf die Wirbelsäule, sondern auch auf den gesamten Bewegungsapparat auswirken.

Diese Beschwerden sind die häufigsten Anzeichen einer Beinlängendifferenz bei Kindern. Sollten Sie eines oder mehrere dieser Symptome bei Ihrem Kind feststellen, ist es ratsam, eine orthopädische Untersuchung durchführen zu lassen. Eine frühzeitige Diagnose kann dazu beitragen, die Beschwerden zu lindern und die optimale Entwicklung der jungen Patient:innen zu unterstützen. Die Fachkräfte bei Asklepios stehen Ihnen und Ihrem Kind dabei gerne zur Seite.

Wie wird eine Beinlängendifferenz bei Kindern diagnostiziert?

Die Diagnose einer Beinlängendifferenz bei Kindern ist das Ergebnis einer Kombination aus körperlicher Untersuchung und bildgebenden Verfahren. Ziel ist es, die genaue Längendifferenz zu bestimmen und mögliche Ursachen sowie Begleiterkrankungen herauszufinden.

Körperliche Untersuchung

Im Zentrum der Diagnostik steht die gründliche körperliche Untersuchung: Die untersuchende Ärztin oder der Arzt beobachtet zunächst, wie das Kind geht. So kann sie oder er Auffälligkeiten wie Hinken oder asymmetrische Bewegungsmuster erkennen. Zudem überprüfen sie das Becken, während das Kind steht, da ein Beckenschiefstand häufig auf eine Beinlängendifferenz hinweist. Mithilfe der sogenannten „Brettchenmethode“ wird der Längenunterschied der Beine gemessen: Die Orthopädin oder der Orthopäde platziert Unterlagen („Brettchen“) unter dem kürzeren Bein, bis das Becken gerade steht. Diese Methode hilft auch dabei, festzustellen, ob die Beine tatsächlich unterschiedlich lang gewachsen sind (reelle Differenz), oder ob die Differenz funktionell durch den Beckenschiefstand bedingt ist.

Bildgebende Verfahren

Um die Beinlängendifferenz präzise zu messen, werden bildgebende Verfahren eingesetzt. So ist eine Röntgenaufnahme des kompletten Beins im Stehen (Ganzbeinbild) besonders hilfreich, da sie eine genaue Vermessung der Knochenstrukturen ermöglicht. Zum Einsatz kann auch eine 3D-Wirbelsäulenmessung mittels einer Videokamera kommen. Videoaufzeichnungen helfen außerdem bei der orthopädischen Ganganalyse.

Welche Behandlungsmöglichkeiten gibt es bei einer Beinlängendifferenz?

Die Möglichkeiten, eine Beinlängendifferenz zu behandeln, sind vielfältig. Welche Maßnahmen geeignet sind, hängt vom Ausmaß der Differenz, der Ursache und dem Alter des Kindes ab. Ziel der Therapie ist es, die Beinlängen anzugleichen und mögliche Folgeschäden wie Haltungsprobleme oder Schmerzen zu verhindern. In den medizinischen Einrichtungen von Asklepios stehen verschiedene konservative und operative Behandlungsmöglichkeiten zur Verfügung, die individuell auf die Bedürfnisse der Patient:innen abgestimmt werden. Erfahrene Pflegefachkräfte begleiten die Kinder und ihre Familien während des gesamten Behandlungsprozesses.

Schuherhöhungen und Einlagen

Beträgt der Unterschied zwischen den beiden Beinen nicht mehr als etwa 2 cm, ist es meist ausreichend, die Differenz mit Schuherhöhungen oder speziell angefertigten Einlagen auszugleichen. Dies fördert eine bessere Körperhaltung. Ob die Schuherhöhungen dabei außen oder innen am Schuh angebracht werden, richtet sich nach dem Bedarf des Kindes. Schuherhöhungen und Einlagen sind besonders geeignet, um Haltungsprobleme wie einen Beckenschiefstand zu korrigieren und die Belastung der Gelenke zu reduzieren. Die orthopädischen Fachkräfte bei Asklepios beraten Sie individuell, um die optimale Lösung für Ihr Kind zu finden und eine konsequente Anwendung sicherzustellen.

Wachstumsbremsung (Epiphysiodese)

Die Wachstumsbremsung ist eine minimalinvasive operative Methode, die das Wachstum des längeren Beins gezielt verlangsamt, sodass das kürzere Bein aufholen kann. Der Eingriff ist aber nur bei Kindern geeignet, bei denen die sogenannten Wachstumsfugen noch offen sind. Das heißt, die Längsknochen haben noch nicht ihre endgültige Größe erreicht, die Kinder sind noch nicht „ausgewachsen“. In die Wachstumsfugen des längeren Beins setzt die Chirurgin oder Chirurg über winzige Schnitte kleine Klammern oder Schrauben ein. Sobald sich die Beine aneinander angeglichen haben, werden diese Klammern oder Schrauben wieder entfernt. Alternativ kann auch eine endgültige Blockierung erfolgen durch eine gezielte Ausbohrung der betreffenden Wachstumsfuge. Der Eingriff ist wenig belastend und ermöglicht eine präzise Anpassung der Beinlängen. Nach der Operation können Kinder in der Regel schnell wieder in ihren Alltag starten und nach wenigen Wochen auch wieder Sport treiben. Die Wachstumsbremsung ist bei kleinen Längendifferenzen von maximal 2-3 cm sinnvoll, bei größeren Differenzen sind Maßnahmen zur Verlängerung der Knochen die sicherere Wahl.

Knochenverlängerung

Helfen Einlagen und Wachstumsbremsung nicht weiter, kann eine Knochenverlängerung angezeigt sein. Dies ist vor allem dann der Fall, wenn die Unterschiede der Beinlängen besonders ausgeprägt oder die Wachstumsfugen der Längsknochen bereits geschlossen sind. Etwa bei angeborenen Knochenfehlbildungen wie der Fibularen Hemimelie (Fehlbildung des Wadenbeins) und Tibialen Hemimelie (Fehlbildung des Schienbeins) sowie bei einem Proximalen Fokalen Femurdefekt (Fehlbildung des hüftgelenknahen Oberschenkels, PFFD). Auch können sich Wachstumsfugen vorzeitig nach einer Verletzung (posttraumatisch) oder einer Infektion (postinfektiös) schließen. Meist geht die Beinlängendifferenz dann auch mit Fehlstellungen der Achse einher.

Bei der Knochenverlängerung bringen unsere Spezialist:innen innovative Methoden zum Einsatz. Dazu gehört der magnetgetriebene Verlängerungsnagel. Dabei setzen die Chirurg:innen einen Nagel mit Teleskopfunktion in den Knochen, der dann über einen Magneten von außen in regelmäßigen Abständen verlängert wird. Hat das Bein die gewünschte Länge erreicht, wird der Nagel wieder entfernt.

Eine weitere Methode zur Knochenverlängerung sind externe Fixateure: Zunächst werden der Ober- oder Unterschenkelknochen durchtrennt und dann durch eine Schiene von außen fixiert. Dabei gibt es unilaterale, also einseitige Fixateure oder Hexapoden-Ringfixateure, Ringe, die das Bein umgeben.  Mit den Fixateuren können meistens zugleich Fehlstellungen korrigiert werden.

Bei beiden Methoden dauert es mehrere Wochen bis Monate, bis das Bein die gewünschte Länge erreicht hat. Außerdem sind regelmäßige Kontrolluntersuchungen sowie physiotherapeutische Begleitung nötig. Dann aber sind die Verbesserungen meist deutlich.

Welche Methode für das betroffene Kind die geeignetste ist, entscheiden die kompetenten und einfühlsamen Mediziner:innen bei Asklepios in enger Absprache mit den Eltern oder anderen Erziehungsberechtigten und ihren jungen Patient:innen. Es ist ihnen dabei sehr wichtig, alle Beteiligten umfassend über mögliche Risiken, die Prognose und Erfolgsaussichten zu beraten. Zögern Sie bitte nicht, unsere Expert:innen so lange zu befragen, bis alle Unklarheiten beseitigt sind.

Welche Erkrankungen können bei einer Beinlängendifferenz auftreten?

Eine Beinlängendifferenz kann sowohl Ursache als auch Folge anderer Erkrankungen sein. Diese Beschwerden betreffen häufig den Bewegungsapparat und entstehen durch die ungleiche Belastung oder durch zugrunde liegende Wachstumsprobleme oder auch frühere Verletzungen. Im Folgenden finden Sie eine Übersicht über die häufigsten Erkrankungen, die im Zusammenhang mit einer Beinlängendifferenz auftreten können:

Skoliose

Skoliose bezeichnet eine seitliche Verkrümmung der Wirbelsäule mit gleichzeitiger Verdrehung der Wirbelkörper. Sie kann durch einen Beckenschiefstand infolge einer Beinlängendifferenz von mehr als 2 cm ausgelöst werden. Denn der Körper versucht ganz automatisch, diesen Unterschied auszugleichen, was zu einer asymmetrischen Haltung und infolgedessen zu einer Fehlstellung der Wirbelsäule führen kann. Ohne Behandlung kann eine Skoliose langfristig Schmerzen und Bewegungseinschränkungen verursachen.

Hüftdysplasie

Hüftdysplasie ist eine Fehlbildung des Hüftgelenks. Sie kann angeboren sein oder durch eine Beinlängendifferenz verursacht oder verstärkt werden. Eine Hüftdysplasie führt zu einer ungleichmäßigen Belastung des Gelenks. Diese Belastung erhöht wiederum das Risiko für Arthrose, also Gelenkverschleiß.

Rückenschmerzen

Unterschiedlich lange Beine führen zu einem muskulären Ungleichgewicht und einer Fehlbelastung der Wirbelsäule. Die Folge sind häufig chronische Rückenschmerzen. Diese können bereits im Kindesalter auftreten und sich im Erwachsenenalter verschlimmern.

In den medizinischen Einrichtungen von Asklepios untersuchen die Mediziner:innen sorgfältig, ob eine Beinlängendifferenz mit diesen oder anderen Erkrankungen zusammenhängt, um eine umfassende und individuelle Therapie anzubieten.

Wie können Sie einer Beinlängendifferenz bei Kindern vorbeugen?

Auch wenn nicht alle Ursachen einer Beinlängendifferenz vermeidbar sind, können bestimmte Maßnahmen das Risiko verringern und helfen, schwerwiegende Folgen der Fehlstellungen zu verhindern. Hier finden Sie einige Tipps, die Sie in den Alltag Ihres Kindes integrieren können.

Regelmäßige Vorsorgeuntersuchungen wahrnehmen

Fehlstellungen und Wachstumsprobleme lassen sich frühzeitig erkennen, wenn Kinder regelmäßig untersucht werden. Kinderärzt:innen oder Orthopäd:innen werden auf mögliche Anzeichen einer Beinlängendifferenz, etwa Hinken oder eine schiefe Körperhaltung, achten. Eltern sollten deshalb die empfohlenen Termine zur Vorsorgeuntersuchung einhalten. Frühzeitige Diagnosen erleichtern die Behandlung und können verhindern, dass Probleme fortschreiten.

Eine ausgewogene Ernährung sicherstellen

Eine gesunde Ernährung sorgt für ein gesundes Knochenwachstum und ist auch gut für die allgemeine körperliche Entwicklung. Achten Sie darauf, dass Ihr Kind täglich ausreichend Kalzium und Vitamin D zu sich nimmt – diese Nährstoffe fördern die Knochengesundheit. Beispielsweise können Sie 200 ml Milch oder 150 g Joghurt in die tägliche Ernährung integrieren, um den Kalziumbedarf zu decken. Vitamin D kann durch den Verzehr von Fisch wie Lachs oder durch angereicherte Lebensmittel aufgenommen werden. Zusätzlich sollten Sie darauf achten, dass Ihr Kind regelmäßig Zeit im Freien verbringt, um durch Sonnenlicht die Vitamin-D-Produktion der Haut anzuregen.

Frühzeitig auf Symptome achten

Eltern sollten aufmerksam auf mögliche Symptome wie Hinken, Rückenschmerzen oder asymmetrische Bewegungen achten. Wenn solche Anzeichen auftreten, kann eine frühzeitige Abklärung durch eine Spezialistin oder einen Spezialisten helfen, größere Probleme zu verhindern. Auch kleinere Auffälligkeiten sollten nicht ignoriert werden, da sie auf strukturelle oder funktionelle Ungleichgewichte hinweisen könnten.

Indem Sie diese Maßnahmen in den Alltag Ihres Kindes und in den Ihren integrieren, können Sie die gesunde Entwicklung seines Bewegungsapparates aktiv unterstützen. Die Fachkräfte bei Asklepios stehen Ihnen für weitere Beratung gerne zur Verfügung.

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Wie beeinflusst eine Beinlängendifferenz die Wirbelsäule?

Unsere Beine sorgen nicht nur dafür, dass wir uns fortbewegen können, sondern auch für einen stabilen Stand. Im Stehen sollte das Gewicht gleichmäßig auf beide Beine verteilt sein, das Becken ist dann beinahe waagerecht. Eine Beinlängendifferenz, selbst in geringem Ausmaß, kann aber dazu führen, dass das Becken schiefsteht. Dies wiederum beeinflusst die Ausrichtung der Wirbelsäule. Unter anderem kann eine Skoliose, eine seitliche Krümmung, entstehen, wenn der Körper versucht, die unterschiedlichen Beinlängen auszugleichen. Aufgrund einer Beinlängendifferenz werden auch die Muskeln unterschiedlich belastet, Diese sogenannten muskulären Dysbalancen führen ihrerseits oft zu Verspannungen und Schmerzen im Rückenbereich.

Studien zeigen, dass bereits Beinlängendifferenzen von mehr als 2 cm langfristig strukturelle Veränderungen in der Wirbelsäule hervorrufen können. Besonders im Kindesalter, wenn die Wirbelsäule noch im Wachstum ist, können aus einer unbehandelten Beinlängendifferenz dauerhafte Haltungsschäden entstehen.

Eine frühzeitige Behandlung der Beinlängendifferenz, wie etwa durch Schuherhöhungen oder physiotherapeutische Maßnahmen, kann die Belastung der Wirbelsäule reduzieren und das Risiko für Skoliose oder andere Haltungsschäden minimieren. In schwereren Fällen sollte die Differenz durch einen chirurgischen Eingriff ausgeglichen werden. Diese Operationen können inzwischen häufig sehr schonend durchgeführt werden und führen zumeist zu einer deutlichen Verbesserung der Wirbelsäulenhaltung.

Die kinderorthopädischen Spezialist:innen bei Asklepios berücksichtigen bei der Diagnostik und Therapie der Beinlängendifferenz diese Zusammenhänge. Sie verfügen über umfassende Erfahrungen und sind dank sehr guter medizintechnischer Ausstattung auch für komplexere Vorgehen gewappnet. Sie werden ihr Bestes tun, damit Ihr Kind schnellstmöglich wieder im Gleichgewicht ist.