Beinachsenfehlstellungen (X-Bein, O-Bein) bei Kindern

Alles Wissenswerte über Beinachsenfehlstellungen bei Kindern

X-Beine und O-Beine

X-Beine (Genu valgum) und O-Beine (Genu varum) sind häufige orthopädische Themen bei Kindern. Gemeint ist damit, dass die Beinachse, also die gedachte Linie, die das Hüftgelenk, Kniegelenk und Sprunggelenk miteinander verbindet, nicht gerade verläuft. Bei X-Beinen sind die Knie nach innen gewinkelt, bei O-Beinen nach außen. Solche Beinachsenfehlstellungen belasten das Kniegelenk ungleichmäßig und können deshalb im Laufe der Zeit zu Problemen wie Knorpelschäden und Verschleiß führen.

In den folgenden Abschnitten haben wir für Sie die wichtigsten Informationen zu Symptomen, Diagnose und Therapie dieser Fehlstellungen zusammengefasst. Falls Sie darüber hinaus Fragen haben oder medizinischen Rat suchen, stehen Ihnen die Expert:innen bei Asklepios mit ihrem medizinischen Fachwissen und ihrer Erfahrung gerne zur Seite und helfen Ihnen, die bestmögliche Versorgung für Ihr Kind zu finden.

So entwickelt sich die Beinachse in der Wachstumsphase

Ein wichtiger Fakt vorab: Es ist völlig normal, dass die Beinachse in den ersten Lebensjahren krumm ist, erst im Verlauf des Wachstums wird sie gerade. So liegt bei Säuglingen immer eine O-Beinstellung vor. Allerdings können sich bereits in dieser Phase Fehlstellungen entwickeln, etwa wenn das Kind übergewichtig ist, an einer Stoffwechselstörung leidet oder sehr früh zu laufen beginnt. Der Besuch bei einer Kinderorthopädin oder einem Kinderorthopäden ist dann ratsam, wenn sich die Beinachse in dieser Zeit verschlechtert oder es Seitendifferenzen gibt.

Bei Kleinkindern im Alter von zwei bis etwa vier Jahren wechselt dann die Beinachse zu einer X-Beinstellung, auch das ist völlig normal. In dieser Phase haben die Kinder eine verstärkte, ebenfalls physiologisch normale Innendrehung der Beine und Knickfußstellungen. Das heißt, der innere Rand des Fußes senkt sich, der äußere hebt sich. Diese Fehlstellungen werden durch die X-Haltung der Beine vorläufig kompensiert und wachsen sich in aller Regel aus. Spätestens ab dem sechsten Lebensjahr hat das Kind dann gerade Beinachsen. Auch in dieser Phase besteht nur Abklärungsbedarf bei Seitenunterschieden und länger anhaltender, beziehungsweise zunehmender X-Beinstellung.

Spätestens, wenn die Kinder zu Jugendlichen herangewachsen sind, sollte die Beinachse begradigt sein. Auch eine ganz leichte X-Stellung ist kein Grund zur Sorge. Nur bei stärkeren Abweichungen, die gesundheitliche Probleme zur Folge haben können, kann es ratsam sein, die Fehlstellung zu korrigieren. Ist dann ein wachstumslenkender Eingriff in Form einer Operation notwendig, erfolgt dieser idealerweise gegen Ende, nicht aber nach Abschluss des Wachstums. Üblicherweise ist dies bei Mädchen mit 12 bis 14 Jahren und bei Jungen mit 13 bis 15 Jahren der Fall.

Welche Symptome sind typisch für Beinachsenfehlstellungen wie X-Beine und O-Beine bei Kindern?

Beinachsenfehlstellungen wie X-Beine (Genu valgum) und O-Beine (Genu varum) können bei Kindern unterschiedliche Beschwerden und Auffälligkeiten hervorrufen. Folgende Symptome treten bei diesen Fehlstellungen am häufigsten auf:

Auffällige Beinachse

Das offensichtlichste Symptom einer Beinachsenfehlstellung ist die unnatürliche Ausrichtung der Beine. Bei O-Beinen stehen die Knie weiter auseinander, während bei X-Beinen die Knie nach innen zeigen und sich sogar berühren. Diese Fehlstellungen können einseitig oder beidseitig auftreten und sind zumeist gut zu erkennen.

Veränderungen des Gangbildes

Kinder mit Beinachsenfehlstellungen können ein auffälliges Gangbild entwickeln. Denn die abweichende Beinachse stört den natürlichen Bewegungsablauf, was zu einem unsicheren oder unregelmäßigen Gang führen kann. Eltern bemerken oft, dass ihr Kind anders läuft als Gleichaltrige.

Knieschmerzen

Bei stärker ausgeprägten Beinachsenfehlstellungen treten häufig Schmerzen im Knie auf. Sie werden durch die ungleichmäßige Belastung des Gelenks verursacht und zeigen sich insbesondere nach körperlicher Aktivität oder längeren Gehstrecken. Bleibt die Fehlstellung unbehandelt, können sich diese Beschwerden mit der Zeit verschlimmern.

Gelenkinstabilität

Eine ausgeprägte Beinachsenfehlstellung kann die Stabilität der Kniegelenke beeinträchtigen. Kinder können das Gefühl haben, dass ihre Knie „wackelig” sind oder nicht ausreichend Halt bieten, was das Risiko für Verletzungen erhöht.

Einseitige Belastung des Gelenkknorpels

Durch die Fehlstellung wird der Gelenkknorpel im Knie oft einseitig belastet. Bei O-Beinen ist die Knieinnenseite stärker betroffen, während bei X-Beinen die Knieaußenseite übermäßig beansprucht wird. Diese einseitige Belastung kann langfristig zu Knorpelschäden und Gelenkverschleiß (Kniearthrose) führen.

Fortschreitende Verschlimmerung der Fehlstellung

Ohne Behandlung können sich Beinachsenfehlstellungen mit der Zeit verschlimmern. Das heißt, die Beinachse wird zunehmend verformt, was wiederum mit einer höheren Belastung der Gelenke und stärkeren Beschwerden einhergeht.

Diese Symptome sind die häufigsten Anzeichen von Beinachsenfehlstellungen bei Kindern. Sollten Sie eines oder mehrere dieser Beschwerden bei Ihrem Kind bemerken, empfehlen wir Ihnen, eine Untersuchung bei einer Kinderorthopädin oder einem Kinderorthopäden durchführen zu lassen. In den medizinischen Einrichtungen von Asklepios stehen Ihnen erfahrene Fachkräfte zur Seite, um die bestmögliche Versorgung zu gewährleisten und mögliche Folgeschäden frühzeitig zu verhindern.

Wie wird eine Beinachsenfehlstellung bei Kindern diagnostiziert?

Auch wenn Beinachsenfehlstellungen wie X-Beine (Genu valgum) oder O-Beine (Genu varum) oft sogar für medizinische Laien leicht zu erkennen sind, ist eine eingehende Untersuchung wichtig. Denn nur so können die Orthopäd:innen die genaue Ursache und den Schweregrad der Fehlstellung bestimmen, um auf dieser Grundlage eine Entscheidung für die weitere Behandlung zu treffen. Die Diagnose erfolgt dabei durch eine Kombination aus klinischer Untersuchung, bildgebenden Verfahren und einer Analyse des Gangbildes.

Klinische Untersuchung

Der erste Schritt besteht in einer ausführlichen klinischen Untersuchung durch die Kinderorthopädin oder den Kinderorthopäden. Die Mediziner:innen betrachten die Beinachse des Kindes genau und überprüfen, ob die Knie nach innen oder außen abweichen oder ob das Gangbild auffällig ist. Zudem fragen sie nach der Krankengeschichte des Kindes und möglichen Beschwerden wie Knieschmerzen oder Bewegungseinschränkungen.

Röntgen-Ganzbeinaufnahme

Bei einer stärker ausgeprägten Fehlstellung wird in der Regel eine Röntgenaufnahme des gesamten Beines angefertigt. Mithilfe der sogenannten Mikulicz-Linie, benannt nach dem deutsch-polnischen Chirurgen Johann von Mikulicz (1850–1905), lässt sich die Abweichung der Beinachse präzise beurteilen. Diese gedachte Linie verläuft im Normalfall vom Hüftkopf zur Mitte des oberen Sprunggelenks und führt dabei exakt durch die Mitte des Kniegelenks. Bei X- oder O-Beinen zeigt diese Linie eine deutliche Verlagerung nach außen oder innen.

Welche Behandlungsmöglichkeiten gibt es bei Beinachsenfehlstellungen wie X-Beinen und O-Beinen?

Ob und wie eine Beinachsenfehlstellung bei Kindern behandelt werden sollte, hängt von der Ursache, dem Schweregrad und dem Alter des Kindes ab. Oft haben solche Fehlstellungen keine erkennbaren Ursachen. Man spricht dann von einer „idiopathischen Entstehung“. Es können aber auch Erbkrankheiten und Stoffwechselstörungen zugrunde liegen. Auch können Knochenbrüche, Tumore oder Infektionen die Wachstumsfugen schädigen und so zu einer – in diesen Fällen zumeist einseitigen – Fehlstellung führen. Je nachdem, welche Ursache für die Fehlstellung verantwortlich ist, erfolgt die Therapie mit konservativen oder mit operativen Methoden.

Wachstumslenkende Operation

Eine wachstumslenkende Operation ist eine häufige und bewährte Methode zur Korrektur von Beinachsenfehlstellungen bei Kindern. Hierbei blockieren die Chirurg:innen das Wachstum in einem Kniegelenk vorübergehend, indem sie dort kleine Schrauben oder Plättchen einsetzen. So begradigt sich die Beinachse im Laufe der Zeit sozusagen von selbst. Der Eingriff erfolgt minimalinvasiv, also über kleinste Hautschnitte, und ist besonders schonend: Normalerweise ist das operierte Bein direkt nach der Operation voll belastbar. Nach etwa zehn bis zwölf Monaten, wenn die gewünschte Korrektur erreicht ist, werden die Schrauben oder Plättchen in einem zweiten Eingriff entfernt.

Konservative Therapie bei Rachitis

Eine konservative Therapie, also eine Behandlung mit Medikamenten, ist dann sinnvoll, wenn die Beinachsenfehlstellung durch eine Rachitis, eine Störung des Knochenstoffwechsels, verursacht wird. In diesem Fall kann die Einnahme von Kalzium und Vitamin D3 die Knochenqualität verbessern, so dass sich die Beinachse im weiteren Verlauf des Wachstums von selbst korrigiert. Bei Asklepios arbeiten die Expert:innen der Kinderorthopädie in diesen Fällen eng mit den Mediziner:innen der pädiatrischen Endokrinologie, also dem Fachgebiet für Hormonstörungen bei Kindern und Jugendlichen, zusammen. Gemeinsam nehmen sie eine genaue Diagnostik vor und können so eine zielgerichtete Therapie einleiten.

In den medizinischen Einrichtungen von Asklepios stehen Ihrem Kind alle Behandlungsmethoden zur Verfügung – verbunden mit den langjährigen Erfahrungswerten eines qualifizierten Teams. Natürlich stimmen die Kinderorthopäd:innen die Therapie individuell und im engen Austausch mit den Eltern auf die Bedürfnisse des betroffenen Kindes ab. Erfahrene und einfühlsame Pflegefachkräfte stehen den Familien außerdem während der gesamten Behandlung zur Seite.

Welche Erkrankungen können im Zusammenhang mit Beinachsenfehlstellungen bei Kindern auftreten?

Beinachsenfehlstellungen wie X-Beine (Genu valgum) und O-Beine (Genu varum) können nicht nur isoliert auftreten, sondern auch mit anderen Erkrankungen zusammenhängen, sei es als Ursache oder als Folge der Fehlstellung. Diese Erkrankungen können die Beschwerden verstärken und werden von den Expert:innen bei Asklepios deshalb bei der Diagnose und Behandlung besonders berücksichtigt. Es empfiehlt sich daher bei dem Verdacht auf eine tiefergehende Wachstumsstörung immer auch eine Knochenstoffwechseluntersuchung durchzuführen.

Rachitis

Rachitis ist eine Stoffwechselerkrankung, die durch einen Mangel an Vitamin D, Kalzium oder Phosphat verursacht wird. Sie führt zu einer verminderten Knochenqualität und kann die Entwicklung von Beinachsenfehlstellungen begünstigen. Typische Symptome sind weiche, verformbare Knochen, die besonders in den Wachstumsphasen auffallen. Eine frühzeitige Behandlung mit Kalzium und Vitamin D3 kann die Fehlstellung korrigieren und die Knochen stärken.

Blount-Krankheit

Die Blount-Krankheit (Morbus Blount) ist eine seltene Wachstumsstörung der Schienbeinknochen (Tibia), die zu ausgeprägten O-Beinen führen kann. Sie tritt meist im frühen Kindesalter oder bei übergewichtigen Jugendlichen auf. Die Erkrankung entsteht durch eine Fehlfunktion der Wachstumsfuge, das heißt, die Außenseite des Schienbeins wächst schneller als die Innenseite. Dies kann nur ein Bein oder auch beide Beine betreffen. Frühzeitig erkannt, können Orthesen, also Beinschienen, helfen. Bleibt die Blount-Krankheit unbehandelt, kann sich die Fehlstellung verschlimmern, was eine operative Korrektur erforderlich macht.

Kniearthrose

Langfristig können unbehandelte Beinachsenfehlstellungen zu Kniearthrose führen. Dieser Gelenkverschleiß entsteht durch die einseitige Belastung des Gelenkknorpels, die bei X- und O-Beinen typisch ist. Symptome wie Schmerzen, Bewegungseinschränkungen und steife Gelenke treten aber häufig erst im Erwachsenenalter auf. Eine frühzeitige Behandlung der Fehlstellung kann solche Spätfolgen verhindern.

Welche Rolle spielt das Kniegelenk bei Beinachsenfehlstellungen?

Das Kniegelenk ist das größte Gelenk des menschlichen Körpers. Es verbindet den Oberschenkelknochen mit dem Schienbein und ermöglicht grundlegende Bewegungen wie Beugen, Strecken und Rotationen. Bei einer gesunden, also geraden Beinachse verläuft die Belastung gleichmäßig durch das Kniegelenk, wodurch der Gelenkknorpel optimal geschützt ist.

Bei Fehlstellungen der Beinachse wird dieses Gleichgewicht der Belastung jedoch empfindlich gestört. Bei O-Beinen liegt die Hauptbelastung auf der Innenseite des Kniegelenks, während bei X-Beinen die Außenseite stärker beansprucht wird. Diese einseitige Belastung kann langfristig zu Knorpelschäden führen, die die Höhe des Gelenkknorpels verringern und den Verschleiß des Gelenks (Kniearthrose) begünstigen. Studien zeigen, dass unbehandelte Fehlstellungen das Risiko für Kniearthrose im Erwachsenenalter deutlich erhöhen können.

Darüber hinaus beeinflussen Beinachsenfehlstellungen die Stabilität des Kniegelenks. Kinder mit starken Fehlstellungen können in der Folge ein erhöhtes Risiko für Verletzungen wie Bänderrisse oder Meniskusschäden haben. Auch das Gangbild wird durch die Fehlstellungen verändert, was die Funktionalität des Kniegelenks zusätzlich beeinträchtigen kann.

Eine frühzeitige Behandlung, sei es durch wachstumslenkende Maßnahmen oder konservative Therapien, zielt darauf ab, die Belastung des Kniegelenks zu normalisieren und langfristige Schäden zu verhindern. In den medizinischen Einrichtungen von Asklepios haben die Spezialist:innen der Kinderorthopädie viel Erfahrung darin, solche Fehlstellungen so schonend wie möglich zu korrigieren. Sie werden alles für die Gesundheit Ihres Kindes tun.