Tiergestützte Therapie

Alles Wissenswerte über Tiergestützte Therapie

Wie Tiere in der Psychiatrie helfen können

Zwischen Mensch und Tier gibt es eine besondere Verbindung. Schon die bloße Anwesenheit eines Tieres kann das psychische Wohlbefinden fördern. Die tiergestützte Therapie geht noch einen Schritt weiter: Speziell geschulte Tiere helfen Patient:innen dabei, Ängste abzubauen, emotionale Blockaden zu lösen oder soziale Fähigkeiten zu entwickeln. Als Helfer werden oft Hunde oder Pferde, aber auch kleinere Tiere wie Kaninchen eingesetzt.

Die Wirkung der therapeutischen Arbeit mit Tieren ist vielfältig, die konkreten psychologischen, neurobiologischen und sozialen Vorteile erläutern Expert:innen von Asklepios für Sie in diesem Text. Dabei erfahren Sie auch, für welche Patient:innen die tiergestützte Therapie besonders geeignet ist.

Wenn Sie glauben, dass Ihnen oder einer Ihnen nahestehenden Person eine tiergestützte Therapie helfen könnte, wenden Sie sich gerne an eine unserer medizinischen Einrichtungen.

Welche positiven Effekte hat die tiergestützte Therapie?

Die psychologischen Vorteile der tiergestützten Therapie sind wissenschaftlich gut belegt. Ein Hauptziel ist, die Stimmung der Patient:innen zu verbessern. Depressive Menschen und Personen, die unter Ängsten leiden, erleben durch den Kontakt mit Tieren oft eine deutliche Erleichterung. Die Patient:innen fühlen sich in der Gegenwart der Tiere sicher und verstanden. Diese emotionale Verbindung kann depressive Symptome verringern und fördert gleichzeitig das allgemeine Wohlbefinden.

Auch die neurobiologischen Effekte der tiergestützten Therapie sind bemerkenswert. Durch die Interaktion mit Tieren sinkt beispielsweise der Cortisolspiegel (Stresshormon), während gleichzeitig das Kuschelhormon Oxytocin ausgeschüttet wird. Die Patient:innen sind entspannter und können besser mit ihren Emotionen umgehen. Studien zeigen außerdem einen positiven Einfluss auf die Herzfrequenz und den Blutdruck.

Ein weiterer bedeutsamer Aspekt ist die Förderung sozialer Interaktionen. Menschen mit sozialen Ängsten kommen durch Tiere leichter mit anderen ins Gespräch – beispielsweise, wenn ein Hund freundlich auf andere Personen zugeht. In der Beziehung zwischen Therapeut:innen und Patient:innen können Tiere den Aufbau von Vertrauen fördern. Dieses Phänomen wird als „sozialer-Katalysator-Effekt“ bezeichnet. Für Menschen, die sich in sozialen Situationen nur schwer öffnen können, ist das besonders wertvoll.

Darüber hinaus stärken Tiere das Gefühl von Verantwortung und Fürsorge. Wenn Menschen ein Tier streicheln, füttern oder pflegen, empfinden sie oft eine tiefe Verbundenheit. Das fördert nicht nur Empathie, sondern stärkt auch das Selbstwertgefühl.

Die psychologischen, neurobiologischen und sozialen Effekte machen die tiergestützte Therapie zu einem wertvollen Instrument in der Psychiatrie.

Wer profitiert von einer tiergestützten Therapie?

Dank ihrer vielfältigen Einsatzmöglichkeiten lässt sich die tiergestützte Therapie gezielt auf die Bedürfnisse unterschiedlicher Zielgruppen anpassen. Zu den Anwendungsgebieten zählen etwa psychische Störungen, Entwicklungsverzögerungen, Schmerzlinderung oder die Betreuung älterer Menschen.

Kann eine tiergestützte Therapie psychische Störungen lindern?

Tiere werden häufig bei psychischen Erkrankungen wie Depressionen, Angststörungen, Schizophrenie oder posttraumatischen Belastungsstörungen (PTBS) eingesetzt. Sie dienen dabei als Brückenbauer und erleichtern den Zugang zu Emotionen, die schwer auszudrücken sind. Menschen mit traumatischen Erlebnissen profitieren besonders von der therapeutischen Arbeit mit Tieren, da sie ihnen ein Gefühl von Sicherheit und Akzeptanz gibt. Wenn sie einen Hund streicheln oder ein Pferd pflegen, können die Patient:innen Vertrauen aufbauen und emotionale Stabilität gewinnen.

Wie unterstützt die tiergestützte Therapie Kinder mit Entwicklungsstörungen?

Kinder mit Entwicklungsstörungen oder einer Autismus-Spektrum-Störung fällt es oft schwer, mit ihrer Umwelt zu interagieren. Eine tiergestützte Therapie kann Barrieren abbauen und Empathie sowie neue Verhaltensmuster fördern. Beispielsweise lernen die Kinder, auf nonverbale Signale zu reagieren. Speziell ausgebildete Hunde sorgen für eine Atmosphäre, in denen die Kinder ihre Ängste ablegen und sich besser konzentrieren können. Heilpädagogisches Reiten wiederum stärkt die motorischen Fähigkeiten und das Selbstvertrauen.

Können Tiere Demenzkranken helfen?

In der Altenpflege, insbesondere bei Menschen mit Demenz, hat sich die tiergestützte Therapie als wertvolle Ergänzung bewährt. Im Kontakt mit Hunden oder Katzen können positive biografische Erinnerungen aktiviert werden. Die Tiere zu streicheln und zu füttern, schafft Momente der Freude und regt zu Gesprächen an. Die Interaktionen fördern nicht nur das emotionale Wohlbefinden, sondern wirken sich auch positiv auf die kognitiven Fähigkeiten aus. Weitere Aspekte wie Routinen, Stärkung von Selbstwirksamkeit und Beruhigung motorischer Unruhe spielen ebenfalls eine wichtige Rolle.

Kann eine tiergestützte Therapie Schmerzen erträglicher machen?

Nach operativen Eingriffen oder bei chronischen Schmerzen können Tiere von der Schmerzwahrnehmung ablenken und eine entspannte Atmosphäre fördern. In der Rehabilitation werden Pferde und Hunde oft eingesetzt, um neben dem psychischen Wohlbefinden auch die Beweglichkeit zu fördern. Viele Patient:innen können durch die Maßnahmen besser mit anhaltenden Beschwerden umgehen. Die Motivation, körperliche Übungen zu absolvieren, ist oft größer, wenn ein Tier anwesend ist.

Welche Tiere eignen sich besonders für die Therapie?

In der tiergestützten Therapie werden vor allem Hunde, Pferde, Katzen und Kaninchen, aber auch Esel, Ziegen und Alpakas eingesetzt. Die Auswahl des Tieres hängt dabei von den spezifischen Bedürfnissen der Patient:innen und den Therapiezielen ab.

Warum haben Hunde und Pferde eine besondere Stellung in der tiergestützten Therapie?

Hunde erleichtern mit ihrer freundlichen und zugänglichen Art den Aufbau einer vertrauensvollen Beziehung. Sie werden sowohl in psychotherapeutischen als auch in pädagogischen Settings eingesetzt, um soziale Interaktionen zu fördern und Ängste abzubauen. Ihre beruhigende Präsenz und ihre Fähigkeit, auf menschliche Signale zu reagieren, machen sie zu wertvollen Begleitern in der Therapie. Neben ihrer beruhigenden Wirkung können sie Menschen auch aktivieren und dazu anregen, neue Dinge auszuprobieren.

Pferde sind ebenfalls häufige Therapietiere. Neben dem heilpädagogischen Reiten bietet beispielsweise die Hippotherapie eine spezielle Form der Krankengymnastik auf dem Pferderücken. Der Kontakt mit einem Pferd fördert bei Patient:innen mit motorischen Einschränkungen die Bewegungsfähigkeit. Gleichzeitig stärkt der Umgang mit einem so großen und kraftvollen Tier das Selbstbewusstsein. 

Inwiefern sind auch kleinere Tiere wie Kaninchen und Katzen hilfreich?

Auch kleinere Tiere spielen eine wichtige Rolle in der Therapie. Kaninchen sind aufgrund ihrer sanften Art ideal für den Einsatz bei Kindern oder älteren Menschen. Katzen können insbesondere Patient:innen mit Depressionen unterstützen. Dabei spielt die nonverbale Kommunikation eine wichtige Rolle.

Wie wird für das Wohl der Tiere gesorgt?

Wer mit Tieren arbeitet, trägt eine große Verantwortung. Nur gesunde und stressresistente Tiere sollten zu Therapiezwecken eingesetzt werden.

Müssen Tiere speziell ausgewählt und geschult werden?

Nicht jedes Tier ist für die Therapiearbeit geeignet. Wichtig ist, dass es den Kontakt mit unterschiedlichen Menschen und Situationen tolerieren kann. Wurde ein Tier für die Therapiearbeit ausgewählt, muss es gegebenenfalls gezielt geschult werden. Eine regelmäßige Überprüfung des Gesundheitszustands ist unerlässlich, um das Wohlbefinden der Tiere zu gewährleisten.

Welche ethischen Richtlinien gibt es?

Grundvoraussetzung für die tiergestützte Therapie ist die Einhaltung von Tierschutzrichtlinien. Tiere sind keine bloßen „Hilfsmittel“ und dürfen nicht überfordert werden. Therapeut:innen und Patient:innen müssen die Bedürfnisse der Tiere stets respektieren. Eine artgerechte Haltung sollte selbstverständlich sein. Wichtig sind aber auch ausreichende Ruhepausen. Der „One-Health“-Ansatz, der das Wohl von Mensch und Tier gleichermaßen berücksichtigt, bildet die Basis einer verantwortungsvollen tiergestützten Therapie.

Warum wirken Tiere so positiv auf uns?

Die Wirkung der tiergestützten Therapie basiert auf einem Zusammenspiel von biologischen, psychologischen und sozialen Prozessen, die durch den Kontakt mit Tieren aktiviert werden.

Erklärt die Biophilie unsere Verbindung zu Tieren?

Die vom Soziobiologen Edward O. Wilseon entwickelte Biophilie-Theorie beschreibt die angeborene Neigung des Menschen, eine Bindung zu anderen Lebensformen einzugehen. Vermutlich entwickelte sich diese Affinität, da das Verhalten von Tieren für unsere Vorfahren oft als Indikator für Sicherheit oder Gefahr diente. Das würde erklären, warum Menschen in der Gesellschaft von ruhigen Tieren entspannen. Die tiergestützte Therapie nutzt diesen Effekt, um Patient:innen ein Gefühl von Geborgenheit zu vermitteln und so die Grundlage für therapeutische Prozesse zu schaffen.

Wie reduzieren Tiere Stress?

Der Kontakt mit Tieren reduziert nachweislich Stressreaktionen im Körper. Studien zeigen, dass Stresshormone wie Cortisol abgebaut werden. Gleichzeitig setzt der Körper das Hormon Oxytocin frei, das für Entspannung, Vertrauen und soziale Bindung verantwortlich ist. Besonders stark wird das Oxytozin-System durch angenehmen Körperkontakt aktiviert, etwa wenn die Person einen Hund streichelt. Die hormonellen Veränderungen wirken beruhigend, senken den Blutdruck und verbessern die Fähigkeit, mit belastenden Situationen umzugehen.

Können Tiere unsere Motivation und Lernfähigkeit steigern?

Wurde durch den Kontakt mit Tieren eine stressfreie Umgebung geschaffen, können sich die Patient:innen besser konzentrieren und neue Fähigkeiten entwickeln. Tiere bauen emotionale Blockaden ab und erzeugen eine positive Stimmung. Beides ist essenziell für erfolgreiches Lernen. Als soziale Katalysatoren fördern Tiere darüber hinaus eine offene Haltung gegenüber neuen Erfahrungen. Besonders bedeutsam sind diese Effekte in der Arbeit mit Kindern und in rehabilitativen Maßnahmen.