24. Ringvorlesung: Zentrum für Muskuloskelettale und Plastische Chirurgie

Dr. med. Jörg Elsner, Chefarzt der Klinik für Plastisch-Ästhetische, Rekonstruktive und Handchirurgie im Zentrum für Muskuloskelettale und Plastische Chirurgie (ZMSP) an den beiden Asklepios-Standorten Harburg und St. Georg, war online Gast der 24. Ringvorlesung Asklepios Centers of Excellence am ACH.

24. Ringvorlesung am Asklepios Campus Hamburg

„Es gibt nicht DIE plastische Chirurgie, sondern vier Säulen bzw. chirurgische Schwerpunkte.“ Mit der Differenzierung in Ästhetische und Rekonstruktive Chirurgie, Hand- sowie Verbrennungschirurgie stieg Dr. med. Jörg Elsner am 11. November direkt in die 24. Ringvorlesung ein. Allen vier Bereichen sei gemein, dass durch den chirurgischen Eingriff die Körperform oder die sichtbare Störung einer Körperfunktion möglichst wiederhergestellt bzw. behoben werden soll. Ursachen seien Krankheiten, Traumata, angeborene Anomalien oder altersbedingte Veränderungen. Die Erfahrung zeige allerdings, dass mit der Plastischen Chirurgie trotz der Einteilung in vier Bereiche oft allein die Ästhetische Chirurgie assoziiert werde. Ihr liege im Unterschied zu den anderen Schwerpunkten keine medizinische Indikation zugrunde, sondern ausschließlich der individuelle Wunsch der Patient:innen.

"Wir sind eine optische GEsellschaft geworden"

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Dr. med. Jörg Elsner, Chefarzt der Klinik für Plastisch-Ästhetische, Rekonstruktive und Handchirurgie im Zentrum für Muskuloskelettale und Plastische Chirurgie (ZMSP)

Die zahlenmäßige Entwicklung in diesem Bereich sei signifikant: 400.000 Behandlungen pro Jahr verteilten sich auf drei Viertel Frauen und ein Viertel Männer. Vor 15 Jahren habe das Verhältnis noch bei 1:8 gelegen. Gleichzeitig sinke der Altersdurchschnitt kontinuierlich: „Wir sind eine optische Gesellschaft geworden, daher ist dieser Bereich sehr gewachsen“, begründete Dr. Elsner die Entwicklung. „Jugendliches Aussehen gilt mittlerweile als Statussymbol für einen bewussten und erfolgreichen Lebensstil. Dabei wird der Wunsch nach jüngerem Aussehen immer von der Hoffnung begleitet, dass eine Veränderung möglich ist, ohne dass der Eingriff offensichtlich ist.“ Für besonders wichtig halte der Chefarzt daher die psychologische Führung, um mit einer realistischen Erwartung in eine OP zu gehen - „sonst wird das für Sie und für den Patienten zum Desaster.“ Der Wunsch nach kosmetischen Korrekturen sei seit Menschengedenken ein Thema. Neben dem uralten Wunsch, das Aussehen positiv zu korrigieren, finden sich in der Geschichte ebenso frühe Beispiele für rekonstruktive Chirurgie: In Indien seien bereits aus dem 6. Jahrhundert v. Chr. Nasenplastiken aus sogenannten Stirnlappen dokumentiert. Im 20. Jahrhundert forderten vor allem die vielen Kriegsverletzten aus den beiden Weltkriegen plastische Rekonstruktion diverser Kopf- und Körperteile. In heutiger Zeit zähle das Brustimplantat, das bereits seit 60 Jahren eingesetzt werde, zu den am besten untersuchten Medizinprodukten. Die Brustvergrößerung, die drei von vier plastisch-chirurgischen Eingriffen ausmache, gelte als eine der am besten untersuchten Operationen. Bei diesem wie bei allen anderen ästhetischen Eingriffen deckten sich das erklärte Ziel des Operateurs mit dem Wunsch der Patient:innen, dass die entstehenden Narben möglichst wenig zu sehen seien.

Versorgung von Schwerstverbrannten besonders Personalintensiv

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Dieser Aspekt muss dagegen bei der Verbrennungschirurgie, dem dritten Schwerpunkt, absolut in den Hintergrund treten: Bei der Akut- und Intensivbehandlung von Verbrennungsopfern müsse zunächst der Grad, die Verbrennungstiefe sowie die prozentual betroffene Körperoberfläche bestimmt werden. Wenn letztere über 20 Prozent liege, müsse die Versorgung in einem spezialisierten Schwerstverbrannten-Zentrum erfolgen, in dem die extrem personalintensive Versorgung gewährleistet werden könne. Die Grade seien wie folgt aufgeteilt: Grad 1 (Sonnenbrand), Grad 2a/b (Sonnenbrand mit Blasenbildung ohne bzw. mit Nervenschädigung), Grad 3 (Verbrennungen, bei denen neben den Nerven auch Blutgefäße betroffen sind) und Grad 4 (Verkohlung, wie sie z.B. beim U-Bahn-Surfen durch die Berührung einer Hochspannungsleitung passieren).

Hand sollte nicht zu lange ruhig gestellt werden

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Die Funktion von Hand und Fingern möglichst voll zu erhalten ist das oberste Ziel in der Handchirurgie.

In der Handchirurgie, dem letzten Schwerpunktbereich, arbeiteten die Spezialisten im ZMSP eng mit der Unfallchirurgie und der Orthopädie zusammen. Dort seien vor allem Frakturen durch Haushalts- und Arbeitsunfälle an der Tagesordnung, an Neujahr kämen die berühmten Silvesterunfälle dazu. Die Hand sei deswegen ein besonderer Körperbereich, weil hier auf engstem Raum Knochen neben Muskeln, Nerven und Sehnen lägen. Oberstes Ziel der Behandlung sei, die Funktion von Hand und Fingern zu erhalten. „Eine Hand ist jedoch nicht dafür gemacht, ruhig gestellt zu werden – sonst versteifen die Glieder und Sehnen sowie Muskeln schrumpfen“, erläuterte Dr. Elsner. Daher müsse bei jedem Fall genau abgeschätzt werden, wann die Knochenheilung tatsächlich eintrete, damit die Hand nicht zu lang ruhig gehalten und damit eine Versteifung riskiert werde. „Durch den Einsatz von 0,8 mm starken Kirschner-Drähten z.B. komme es zwar nur zu einem geringen Weichteiltrauma, dafür müsse die Hand aber teilweise ruhiggestellt werden, da die Stabilität für eine Bewegung nicht ausreiche. Bei Platten und Schrauben könne zwar früh eine hohe Stabilität erzielt werden, die auch bald wieder Mobilisierungs-Übungen zulasse. Gleichzeitig müsse jedoch durch den großen Schnitt, der hierfür nötig sei, ein Weichteiltrauma in Kauf genommen werden. Hier gelte es individuell abzuwägen, welcher der beste Weg für den Patienten sei.

Plastische Chirurgie bedeutet vor allem sehr viel nähen

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Prof. Dr. med. Karl J. Oldhafer war wieder Gastgeber bei der 24. Ringvorlesung Asklepios Centers of Excellence am ACH.

Im ZMSP, das Dr. Elsner in der 24. Ringvorlesung repräsentierte, kooperierten die Spezialisten seines Fachbereichs mit denen der Wirbelsäulen- und Skoliosechirurgie, Neurochirurgie und Orthopädie. Ziel der engen Zusammenarbeit sei es, interdisziplinär für eine optimale Patientenversorgung sorgen zu können. Dies sei immer dann angezeigt, wenn bei bestehenden und bei zu erwartenden Wunden nach operativen Eingriffen vitale Strukturen wie Organe, Sehnen, Bänder, Nerven, Blutgefäße oder Knochen frei lägen, die eine plastische Deckung benötigten. Zahlreiche Beispiele hierzu zeigte und kommentierte Dr. Elsner abschließend in einem Film, bei dem die Studierenden an den Bildschirmen zu Hause quasi dem Operateur über die Schulter blicken konnten. „Eines ist klar: Wenn sie mal Plastische Chirurgie machen wollen, können sie sich schon jetzt an ganz viel Nähen gewöhnen“ – mit diesen Worten schloss Dr. Elsner seinen Vortrag, um anschließend noch zahlreiche Nachfragen zu beantworten. Prof. Dr. Karl J. Oldhafer, Repräsentant des Rektors der Semmelweis Universität sowie des Dekans der dortigen Medizinischen Fakultät am ACH, übernahm als Gastgeber der Ringvorlesung traditionell das Schlusswort. Er dankte Dr. Elsner im Namen des ACH und aller Studierenden für die tolle Demonstration des Faches und der Erläuterung der Kooperationsmöglichkeiten der einzelnen Fachbereiche im ZMSP.

Ringvorlesung Asklepios Centers of Excellence am ACH

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