ACH-Studenten stellen wissenschaftliche Arbeit über die StuPoli Hamburg auf Kongress in den USA vor

Sebastian Apweiler (8. Semester) und Christopher Predel (10. Semester), Studenten am Asklespios Campus Hamburg (ACH), stellten als Delegierte der ACH StuPoli Hamburg das Ergebnis einer Studie beim Kongress für student-run free clinics in Orlando (Florida/USA) vor.


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Darstellung der häufigsten Erkrankungen bei Patienten, die die StuPoli Hamburg aufsuchen.

Vor knapp einem Monat feierte die StuPoli, unsere Studentische Poliklinik Hamburg für Menschen ohne Krankenversicherung, ihr zweijähriges Jubiläum. Ein Jahr zuvor entschlossen sich die Studenten des damaligen Organisationskomitees dazu, eine Studie über das erste Jahr der StuPoli durchzuführen. Angeleitet durch Richard Drexler (derzeit im PJ) analysierten wir das Patientenkollektiv der StuPoli und fassten die Ergebnisse im Rahmen eines Papers mit dem Titel „Establishing a Student-Run Free Clinic in a Major City in Europe: A 1-Year Experience Study from Hamburg” zusammen. Das Ziel dieser Studie war es, genauer zu verstehen, welche Erkrankungen unsere Patienten haben, aus welchen Ländern diese kommen und zu beweisen, dass trotz einer universellen Gesundheitsversorgung in Deutschland die Notwendigkeit für eine medizinische Sprechstunde für Menschen ohne Krankenversicherung besteht. Die Ergebnisse der Auswertung waren nicht nur überraschend, sondern auch sehr hilfreich für die weitere Entwicklung der StuPoli. Im ersten Jahr der StuPoli hatten wir 229 Patienten, von denen 81 Patienten mehrmals behandelt wurden. Für das erste Jahr und unsere kleinen Räumlichkeiten ist dies bereits ein sehr gutes Ergebnis! Die häufigsten Gründe für einen Besuch der StuPoli waren traumatologische Ursachen (Wunden, alte Frakturen), Infektionen (Harn- oder Atemwegsinfektionen) und dermatologische Erkrankungen (insbesondere Skabies).

Dringender Bedarf auf beiden Seiten des Atlantiks

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University of Central Florida Student Union Orlando, Gast-Campus der Society of Student-Run Free Clinics Annual Conference 2020

Besonders auffällig und interessant war die Anzahl der Herkunftsländer. Wir betreuten Patienten aus 33 verschiedenen Ländern, hierzu zählen Polen, Bulgarien aber auch afrikanische Länder. Aufgrund dieser und zusätzlicher Ergebnisse konnten wir mit der Studie aufzeigen, dass ein dringender Bedarf an medizinischer Versorgung für Menschen ohne Krankenversicherung besteht. Da diese Ergebnisse nicht nur für uns, sondern auch für viele andere StuPolis in Europa und den USA interessant sein könnten, veröffentlichten wir diese im Journal of Public Health. Zusätzlich entschieden wir uns dazu, diese Arbeit auf dem Kongress für student-run free clinics in Orlando, Florida vorzustellen. Zu unserer großen Freude wurde uns, Sebastian Apweiler (8. Semester) und Christopher Predel (10. Semester), diese dankbare Aufgabe zuteil. Mit finanziellen Zuschüssen vom ACH sowie der StuPoli machten wir uns Anfang März aus dem kalten Hamburg mit einer 1 A Präsentation, vor der sich jeder Design-Student verbeugt hätte (dank Sebastian), auf den Weg zum Kongress. Zu unserer Freude begrüßte uns das 30°C warme Orlando mit ungewohnt kräftigem Sonnenschein!

Neue Inspriatonen für Hamburg

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ACH Studenten Christopher Predel und Sebastian Apweiler (hier mit einem StuPoli-Mitarbeiter aus Los Angeles) genossen es vor allem, mit vielen Studierenden zwanglos ins Gespräch zu kommen.

Nachdem wir uns mit Hilfe des ein oder anderen Kaffees vom Jetlag erholt hatten, ging es voller Spannung und Interesse auf den Kongress der "Society of Student run-free clincs". Dieser fand in der Central University of Florida statt. Das rege Campusleben, auf dem von Palmen gesäumten Unigelände, begeisterte uns direkt und erinnerte uns an die typischen amerikanischen College-Filme. Auf dem Kongress wurden wir direkt von den amerikanischen Studenten empfangen und auf die vielen tollen Programmpunkte auf dem Kongress hingewiesen. In den nächsten zwei Tagen schauten wir uns viele Poster an, hörten uns Vorträge der amerikanischen StuPolis an und sprachen mit sehr vielen US-Studenten über deren Herausforderungen in den student-run free clinics und verglichen das amerikanische mit dem deutschen Gesundheitssystem. Hierbei haben wir für die Hamburger StuPoli sehr viel Inspiration und Wissen gesammelt. Beispielsweise sind wir mit Medizinstudenten aus New York in Kontakt gekommen, die uns ihr selbst programmiertes Patienten-Verwaltungsprogramm zur Verfügung gestellt haben. Dieses möchten wir nun auch in der StuPoli Hamburg implementieren und gemeinsam mit den Studenten das System fortlaufend verbessern. Zusätzlich haben wir weitere Konzepte gesehen, die auch für unsere StuPoli funktionieren können. Hierzu zählt eine mögliche Kooperation mit Informatik-Studenten der Uni Hamburg oder die Etablierung einer eLearning-Plattform zur Einarbeitung in der StuPoli. Auch die Ausweitung der Sprechstunde durch Studenten, die keinen Platz im Wahlpflichtfach bekommen haben, durch ein "Patient-Empowerment" Programm könnte einen Mehrwehrt bieten.

Amerikanische StuPolis oft wesentlich grösser

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Besonders inspierierend war der Austausch mit Mitarbeitern anderer StuPolis u.a. in New York (ganz links), einer geplanten StuPoli in St. Louis (2.v.l.) sowie einer StuPoli in Kansas City (ganz rechts).

Auch interessant waren die Unterschiede zwischen dem amerikanischen und dem deutschen Gesundheitssystem: Im Gesundheitssystem der USA gibt es keine universelle Versicherungspflicht. Daher gibt es in den USA 27,5 Millionen nicht-versicherte Menschen, in Deutschland gibt es 80.000 nicht-Krankenversicherte. Viele Patienten müssen teure Therapieverfahren selber bezahlen. Aus diesem Grund gibt es in nahezu jeder größeren US-Stadt eine student-run free clinic. Diese Kliniken sind mit dem Konzept der StuPoli vergleichbar, in den meisten Fällen sind diese jedoch wesentlich größer und gleichen teilweise kleinen Krankenhäusern.
 
Viele der anwesenden Studenten berichteten uns verärgert und enttäuscht von den Nachteilen dieses Gesundheitssystems. In den vielen Gesprächen mit anderen Studenten berichteten wir häufig von der Struktur des deutschen Systems. Hierbei wurde uns deutlich, welches Glück wir haben in Deutschland ein System zu haben, das das Ziel hat, eine einheitliche Gesundheitsversorgung für alle zu erbringen. Dass auch dieses System Schwächen hat, haben wir mit unserem Paper aufgezeigt. Insgesamt waren wir jedoch sehr stark beeindruckt von der Offenheit der amerikanischen Studenten. Wir haben mit sehr vielen Studenten sehr tiefe und inspirierende Gespräche geführt und wurden immer herzlich empfangen. Die Stimmung und die Atmosphäre auf dem Kongress war einmalig!

Probleme ähneln sich

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Christopher Predel und Sebastian Apweiler stellten gemeinsam die Studie „Establishing a Student-Run Free Clinic in a Major City in Europe: A 1-Year Experience Study from Hamburg” vor.

Am Sonntag hielten wir unseren Vortrag und präsentierten die Ergebnisse unserer Studie. Insbesondere haben wir versucht, die Unterschiede und Gemeinsamkeiten deutscher und amerikanischer StuPolis aufzuzeigen. Trotz der starken Unterschiede beider Gesundheitssysteme und Länder sind die Herausforderungen und Probleme, mit denen wir auf beiden Seiten des Atlantiks zu kämpfen haben, sehr ähnlich. Nach dem Vortrag kam ein Student der StuPoli aus Kansas, eine der größten und ältesten in den USA, auf uns zu und schlug uns vor eine gemeinsame transatlantische Studie durchzuführen. Ziel der Studie soll ein Vergleich des amerikanischen und deutschen Gesundheitssystems, mit Hinblick auf die StuPolis sein. Ein erstes Skype-Interview ist bereits terminiert. Für den nächsten Kongress 2021 in Texas sind bereits erste Ergebnisse geplant.

StuPoli bewährt sich besonders in der Corona-Krise

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Letzter Abend in Florida/Orlando

Diese tolle Idee besprachen wir sofort beim gemeinsamen Mittagessen. Später ließen wir den Kongress gemeinsam mit mehreren Studenten, teilweise aus Harvard, New York und St. Louis, in einer außergewöhnlichen Bar ausklingen. Diese versteckte sich hinter einer Tür, getarnt als Bücherregal. Nach einigen erlebnisreichen Tagen, viel Sonne und noch mehr Inspiration für neue Projekte in der StuPoli verabschiedeten wir uns von den vielen neu gewonnen Freunden und machten uns auf den Weg zurück nach Hamburg. Hier freuen wir uns auf die Umsetzung neuer Projekte, um so die Versorgung von Menschen ohne Krankenversicherung weiter zu verbessern. Besonders jetzt in Zeiten von Corona wird deutlich, wie schwer es Menschen haben, die keinen Zugang zur Gesundheitsversorgung haben und Hilfe benötigen. Daher freuen wir uns als StuPoli-Team sehr, einen Weg gefunden zu haben, wie wir im Moment weitermachen dürfen: Nachdem wir wieder ausreichend Sicherheitsausrüstung haben, darf eine der dort aktiven Ärztinnen unter Beteiligung jeweils einer Studentin oder eines Studenten und unter besonderen Vorsichtsmaßnahmen (das Behandlungsgespräch wird durch ein offenes Fenster geführt) weiterhin eine wöchentliche Sonder-Sprechstunde durchführen.

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