Haben Sie gut geschlafen oder was ist Anästhesie ?

„Haben Sie sich schon einen schönen Traum ausgesucht?“, mit diesem Satz verbinden die meisten Patientinnen und Patienten die Erfahrungen mit der Anästhesie. Eine häufig verwendete Frage, um Patienten vor einer bevorstehenden Operation und der damit verbunden Narkose Ablenkung vor dem Ungewissen zu verschaffen. Doch was ist Anästhesie genau und wozu brauchen wir diese spezielle Medizin?
Anästhesie ist ein Wort aus dem Altgriechischen (ἀναισθησία anaisthesía ) und bedeutet „Empfindungslosigkeit“. Schon seit jeher haben Menschen sich berauscht und durch die Einnahme verschiedenster Substanzen und Tränke die Wahrnehmung von Schmerzen zu lindern versucht. In der Antike wurden durch Völker wie den Assyrern, Ägyptern, Griechen oder Römern die schmerzlindernde Wirkung von morphinhaltigem Mohn angewendet. Auch die Anwendung von Bilsenkraut und Alraune sind im 12. Jahrhundert belegt. Ein offizielles Geburtsdatum der modernen Anästhesie stellt der 16. Oktober 1846 dar. Es gelang erstmals dem Zahnarzt William Thomas Green Morten unter Anwendung von Äther einen Menschen so zu betäuben, dass eine Operation am Hals erfolgreich durchgeführt werden konnte.
In unserer modernen Medizin ist eine der Aufgaben der Anästhesie Patientinnen und Patienten eine Operation oder eine unangenehme Untersuchung ohne spürbare Schmerzen zu ermöglichen. Dazu bedarf es nicht zwangsläufig immer einer Narkose.

Narkose ist ebenfalls ein altgriechisches Wort (νάρκωσις nárkōsis) und kann mit dem Begriff „Betäubung“ übersetzt werden. Durch Verfahrenen wie der Spinalanästhesie oder der Regionalanästhesie, können Teilbereiche des menschlichen Körpers betäubt, also empfindungslos gemacht werden, ohne einem Menschen dabei das Bewusstsein nehmen zu müssen.

In Deutschland geht der Beruf des Anästhesisten jedoch weit darüber hinaus. Hierzulande besteht die Fachdisziplin der Anästhesie aus 4 Säulen. Die erste und wohl bekannteste ist die, der operativen Anästhesie. Auch als „perioperative Medizin“ bezeichnet. Sie dient also dazu einen Menschen in einer unnatürlichen Situation, der Operation, in einem natürlichem Gleichgewicht zu halten. Anästhesisten überwachen Atmung, Herzschlag, Blutdruck und viele weiter wichtige Körperfunktionen und unterstützen diese bei Bedarf.
Die Zweite ist die der Schmerztherapie. Patienten nach großen Operationen brauchen meist eine für diese abgestimmte Schmerztherapie. Die genaue Behandlung hängt stark von der Art und Intensität des Schmerzes ab und wird postoperativ, also nach der Operation, durch Anästhesisten betreut.
Die dritte Säule ist die Intensivmedizin. Die meisten interdisziplinären Intensivstationen in Deutschland sind anästhesiologisch besetzt. Die Aufrechterhaltung von lebenswichtigen Körperfunktionen bei kritisch kranken Patienten sind Kernkompetenz der Anästhesie. Dies konnte eindrucksvoll während der Corona Pandemie unter Beweis gestellt werden. Als Vierte und letzte Säule ist die Notfallmedizin zu nennen. Die meisten notärztlich besetzten Rettungsmittel in Deutschland sind durch Anästhesisten und Anästhesistinnen besetzt. Es ist die Aufgabe dieser Fachleute, Menschen in Notfallsituationen stabil zu halten, Schmerzen zu nehmen und vor dem Stress abzuschirmen.

Die Aufgaben der Anästhesie sind komplex und vielfältig. Leider ist dies den meisten Menschen nicht bekannt, da die Ärztinnen und Ärzte der Anästhesiologie meist im Hintergrund agieren, um den behandelnden Kolleginnen und Kollegen ein schnelles und sicheres Arbeiten am Patienten zu ermöglichen.

Auch wenn die Anästhesiologie nicht im Vordergrund der Therapie eines Patienten wahrgenommen wird, so steht doch fest, am sichersten schläft man in der Anästhesiologie.

Ein Experten-Tipp von Dr. med. Philipp Tsafoulis, Chefarzt der Klinik für Anästhesiologie und Intensivmedizin der Asklepios Paulinen Klinik Wiesbaden.

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