Epilepsie im Alter – häufiger als gedacht und leicht zu übersehen

Den Europäischen Tag der Epilepsie am 12. Februar zum Anlass nehmend, stellt Chefarzt Hans-Michael Schmitt die neurologische Erkrankung in den Fokus. Ziel ist es, das Bewusstsein für die Epilepsie als eine der häufigsten neurologischen Erkrankungen zu fördern und auf die Bedürfnisse der Betroffenen sowie die Probleme aufmerksam zu machen

chefarzt neurologie pasewalk

Etwa jeder 20. Mensch erleidet einmal im Leben einen epileptischen Anfall, ohne aber zwangsläufig eine Epilepsie zu entwickeln. In der Regel lässt sich eine Epilepsie jedoch gut mit Medikamenten behandeln. Epileptische Anfälle haben Konsequenzen nicht nur für die Betroffenen selbst, sondern auch für die Menschen im Umfeld. Zum Beispiel, wenn es um Gefahren von Verletzungen als direkte oder indirekte Folgen eines Anfalls, aber auch soziale und psychische Faktoren geht. Deswegen geht eine moderne Epilepsietherapie über die Behandlung der Anfälle hinaus.

 

Epilepsie im Alter leicht zu übersehen

 

Bei Menschen über 65 Jahren ist die Epilepsie nach Schlaganfall und Demenz die dritthäufigste neurologische Störung - zugleich stellen die häufigsten Ursachen der Altersepilepsie zerebrovaskuläre Erkrankungen, wie Schlaganfälle oder Hirnblutungen, und Demenzen dar. Schwere anhaltende epileptische Anfälle sind bei Älteren häufiger und mit erhöhter Sterblichkeit vergesellschaftet. Das Auftreten epileptischer Anfälle im Rahmen eines Schlaganfalls ist für beinahe die Hälfte aller Anfälle im Alter verantwortlich und bis zu 25 % aller Patienten erleiden nach einem Schlaganfall einen epileptischen Anfall.
„Das Risiko, an Epilepsie zu erkranken, liegt bei rund vier Prozent nach einem Schlaganfall und steigt nach 5 Jahren auf ca. 8%, nach Hirnblutungen ist es sogar noch höher“ betont Chefarzt Schmitt. Bei Demenzerkrankungen, als zweithäufigste Ursache mit 10-20% der im Alter neu beginnenden Epilepsien, ist das Risiko für eine Epilepsie ebenfalls deutlich, um das bis zu 10fache, erhöht.

 

Trotzdem wird die Erkrankung häufig übersehen oder erst spät erkannt, mit einer hohen Rate an initialen Fehldiagnosen. Grund hierfür ist, dass sich die Symptome im Alter häufig von denen jüngerer Patienten unterscheiden. So werden Symptome wie Stürze, Orientierungsstörungen, Innehalten oder Verwirrtheit fälschlich als Folge des Alterns angesehen und fehlinterpretiert. Auch nestelnde Hände, Schmatzen, das Wiederholen einzelner Wörter oder unkontrollierte Handlungen können Hinweise für eine Epilepsie im Alter sein. Typisch ist, dass die Betroffenen während dieser Handlungen nicht auf Ansprache reagieren und sich im Anschluss nicht daran erinnern können. 

 

„Die Diagnosestellung kann in diesen Fällen herausfordernd sein. Da alte Menschen häufiger allein leben und z. B. aufgrund eingeschränkter Mobilität teils weniger in Gesellschaft sind, stellt soziale Isolation mit entsprechend fehlenden Beschreibungen der Ereignisse durch Dritte einen weiteren erschwerenden Faktor in der korrekten Diagnosestellung dar.“ erklärt der neurologische Chefarzt. „Hilfreich kann es im Einzelfall sein, wenn Angehörige oder Hilfspersonen, solche Situationen mit dem Smartphone filmen und dem Hausarzt oder Neurologen zeigen.“ Bei einem erstmaligen Ereignis ist eine eingehende Diagnostik zur Ermittlung der Ursachen unbedingt angezeigt. Hierzu gehört neben einer Elektroenzephalographie (EEG) – der Hirnstrommessung, auch eine Bildgebung des Gehirns, bevorzugt mit der Kernspintomographie bzw. Magnetresonanztomographie (MRT) zum Nachweis möglicher struktureller Hirnschädigungen wie Schlaganfälle, Hirnblutungen, ältere Verletzungen/Narben als mögliche auslösende Ursache. Außerdem sind Laboruntersuchungen, aber auch die Diagnostik möglicher anderer Ursachen, wie Herzrhythmus- oder Kreislaufregulationsstörungen, von besonderer Bedeutung.

 

Diagnose Epilepsie verändert das Leben

 

Eine unerkannte Epilepsie kann die Lebensqualität der Betroffenen stark beeinträchtigen, aber auch schwerwiegende Folgen haben: Wenn sich beispielsweise hinter dem Steuer eines Fahrzeugs ein Anfall ereignet und Gefahr für die Person selbst und andere besteht, oder aber durch Stürze schwere Verletzungen drohen. Natürlich verändert auch und vor allem die Diagnose Epilepsie das Leben. Medikamente müssen regelmäßig eingenommen werden, man braucht einen regelmäßigen Biorhythmus und muss Schlafentzug und zu hohen Alkoholkonsum vermeiden.  Außerdem schränkt es auch die Mobilität ein, wenn man kein Auto mehr fahren darf und im Einzelfall frühestens nach einem Jahr Anfallsfreiheit ggf. wieder die Möglichkeit dazu besteht.  Urlaub und Freizeit sind in der Regel keine Problemfelder, wobei auch bestimmte „gefährliche“ Sportarten, wie Bergsteigen oder Tauchen, vermieden werden sollten. Wichtig ist aber, dass durch die modernen Behandlungsmethoden die Lebensqualität bei der Mehrzahl der Betroffenen auf Dauer nicht leiden muss.

 

Generell sind Epilepsien auch im höheren Lebensalter, trotz komplizierender potentieller Wechselwirkung mit vorbestehenen Medikamenten aufgrund verschiedener Vorerkrankungen, meist sehr gut behandelbar und wirken nicht lebensverkürzend.
Die Mehrzahl der Patientinnen und Patienten wird anfallsfrei. Angehörige oder Laien erleben epileptische Anfälle als meist eindrucksvolle und teils beängstigende Ereignisse.
Wichtig ist, Ruhe zu bewahren und den Betroffenen in Sicherheit zu bringen, die Bewegungen nicht zu unterdrücken, wenn möglich versuchen, den Betroffenen in die stabile Seitenlage zu bringen.  Niemals sollte während dieses Anfalls etwas in den Mund gesteckt werden, auch keine in früheren Zeiten genutzte „Beißschiene“. In der Regel hören die Anfälle von selbst auf, sind selbst limitierend. Den Betroffenen zu schützen, ist das Wichtigste.
Auch wenn es den Meisten anders vorkommt: Anfälle dauern ein bis zwei Minuten, selten länger. Bei aber erstmaligem Anfall oder wenn der epileptische Anfall länger (>5min.) anhält ist es empfohlen, den Rettungsdienst bzw. Notarzt zu alarmieren. 

Denn, so betont Chefarzt Schmitt abschließend: „Je schneller die Diagnose gestellt wird, desto schneller kann eine effektive Behandlung mit möglichst geringer Beeinträchtigung des täglichen Lebens beginnen.“

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