45 Wahlpflichtfächer zum Semesterstart

Noch nie gab es am Asklepios Campus Hamburg der Semmelweis Universität (ACH) ein so umfassendes Angebot an sogenannten Wahlpflichtfächern wie zu Beginn des Herbstsemesters 2021/22.

Lehrkoordinatorin ACH
Dr. Monika Grimm betreut als Lehrkoordinatorin alle Wahlpflichtfächer am ACH.

Bekanntlich gibt es in vielen Bereichen des Lebens die beiden Kategorien Pflicht und Kür. Im Studium am ACH heißen sie „Pflichtfach“ und „Wahlpflichtfach“. Erstere müssen die Studierenden belegen, letztere können sie je nach Neigung oder auch Stundenplan wählen. Die Liste der Wahlpflichtfächer (WPFs) ist in diesem Herbstsemester ausgesprochen lang und vielfältig. Sie alle liegen in der Verantwortung von Dr. Monika Grimm, Mitglied des Leitungsteams Lehrkoordination. Sie legt viel Herzblut in die Auswahl der Kurse und Themen sowie in die Ansprache der Dozierenden. Was sie antreibt, schildert sie im Interview.

Frau Dr. Grimm, wie werden und für wen sind Wahlpflichtfächern konzipiert?

Dr. Monika Grimm: Wahlpflichtfächer sind für alle Studierenden gedacht. Über das Pflichtcurriculum werden nicht alle Kreditpunkte abgedeckt, die für den Studienabschluss nötig sind. Deswegen sind es sozusagen „Pflichtfächer“, die aber frei gewählt werden können, also „Wahlpflichtfächer“, kurz WPFs, bei denen pro 14 akademischen Präsenzstunden ein Kreditpunkt erworben werden kann und die mit einer bewerteten Abschlussleistung enden. Die WPFs haben den Charme, dass durch sie das medizinische Wissen vertieft oder praktische Fähigkeiten in den hands-on-Kursen trainiert werden. Daneben gibt es Kurse, die wissenschaftliches Arbeiten oder gesundheitspolitisches und ökonomisches Verständnis vermitteln. Oder solche, die „soft skills“ wie Kommunikation trainieren, wie zum Beispiel das Bewerbungstraining.

Wenn man die lange Liste an Wahlpflichtfächern so anschaut, könnte man meinen, Sie hätten nicht einen Halbtagesjob, sondern Ihr Tag hat mehr als 24 Stunden. Woher rührt Ihr besonderes Engagement?

MG: Mir ist es eine Herzensangelegenheit, eine möglich große Auswahl an verschiedenen Fächern anzubieten, um für unsere Studierenden ein vielfältiges und spannendes Angebot bereit zu halten. Und mir macht es großen Spaß, immer wieder neue Themen und Formate auszuprobieren. Ich bin jedes Mal gespannt, wie die Kurse von den Studierenden angenommen und im Anschluss evaluiert werden.

Wie frei sind Sie in der Gestaltung der einzelnen Angebote?

MG: Jedes Fach wird von einem Fachverantwortlichen Dozenten in Budapest schriftlich vorgestellt und dann von der Semmelweis Universität akkreditiert. Das heißt, jedes neue Fach wird auf Herz und Nieren geprüft. Ich weiß aber von keinem Fach, das nicht akkreditiert wurde. Solange wir gut begründen, warum wir welches Fach einführen möchten, sind wir in der Umsetzung sehr frei.

Woher nehmen Sie die Anregungen für die einzelnen Kurse?

MG: Die Anregungen kommen meist von Studierenden und Dozierenden. Entweder sind es Themen, die Studierende gerne vertieft haben möchten. Da fallen mir sofort die Kurse Echokardiographie, Advanced Medical English, Traditionelle Chinesische Medizin (TCM) oder Global Health ein. Ein herausragendes Projekt ist die Studentische Poliklinik, kurz StuPoli (Link), die zudem vollkommen in studentischen Händen liegt. Es gibt aber auch Dozierende, deren Fächer im Pflichtcurriculum sehr knapp gehalten sind und die ihre Fächer gern genauer vorstellen möchten. Dazu zählt die Fächer Palliativmedizin, Ophthalmochirurgie oder Klinische Notfälle. Dann liegen Themen in der Luft wie zum Beispiel Ernährungsmedizin oder Künstliche Intelligenz im Gesundheitswesen.

Haben die Studierenden Favoriten? Und wie gehen Sie mit Überbuchungen um?

MG: Besonders praktische Fächer buchen die Studierenden gerne: Für das meiner Meinung nach schönste Projekt hier am Campus, die StuPoli, gibt es immer lange Wartelisten, was mich sehr freut. Auch Sonographie-Kurse sind immer sehr gefragt. Ich bin froh, dass mittlerweile für das sonst noch ziemlich theorielastige 5. und 6. Semester ein neuer Kurs mit Herrn PD. Dr. Dr. Bandorski eingerichtet werden konnte, der pro Semester 40 Plätze anbietet. Dieser Kurs wird sehr gut angenommen. Auch Fächer wie Basic und Advanced Cardiac Live Support (BLS, ACLS) sind sehr beliebt. Eine lange Warteliste hat immer die Ophthalmochirugie. Hier wird an einem Simulator für Augenoperationen geübt, den es in Hamburg nur am Asklepios Klinikum Nord gibt und an dem die Ärzt*innen selbst diese Operationen üben. Bei Überbuchungen verlosen wir die verfügbaren Plätze. Wer keinen Platz bekommt, bleibt auf der Warteliste und hat in den nächsten Semestern die Chance, das Fach zu belegen. TCM und Ernährungsmedizin, die „Exoten“ unter den Wahlpflichtfächern, waren von Anfang an sehr gefragt. Und ich merke außerdem immer wieder, dass sich unsere Studierenden sehr für aktuelle Forschungsthemen interessieren. Für sie haben wir mit den Ringvorlesungen „Asklepios Centers of Excellence am ACH“ und „Semmelweis Experten am ACH“ sowie mit den Semmelweis Surgery Grand Rounds jedes Semester ein sehr interessantes Angebot, das teilweise von bis zu 60 Studierenden gebucht wird.

Gibt es ein Fach und/oder eine*n Dozierende*n, der Ihnen im Laufe der zwei Jahre besonders imponiert hat?

MG: Jedes Fach hat bemerkenswerte Elemente und seinen eigenen Fankreis. Mit Sicherheit gehört aber für mich Dr. Markus Faust aus der Palliativmedizin in der Asklepios Klinik St. Georg dazu. Es war ihm ein großes Anliegen, sein Fach den Studierenden näher zu bringen. Das merkt man auch jedes Semester an der Evaluierung: Er bekommt regelmäßig Bestnoten und begeisterte Kommentare. Mich beeindruckt sehr, dass ein so sensibles Thema wie die optimale medizinische Versorgung von Sterbenden eine solche Begeisterung auslösen kann.

Herr Dr. Mehmet Simsek, der die Fächer „Interdisziplinäre Kasuistiken“ und „Paul-Ehrlich-Contest Vorbereitung“ unterrichtet, ist ein weiteres Phänomen. Mit seinem unglaublich breiten Wissen in so gut wie allen Fächern der Inneren Medizin und darüber hinaus begeistert er jedes Semester die Studierenden aufs Neue. Oder Frau Alecia Banfield, die das Fach „Medical English“ unterrichtet. Als „native speaker“ reißt sie die Studierenden und auch mich mit ihrer umwerfenden, energiegeladenen und positiven Art immer wieder mit.

Außerdem bin ich sehr glücklich darüber, wenn ehemalige Studierende auf mich zukommen, weil ihnen ein Thema auf der Seele brennt, das sie gerne unterrichten möchten. Dazu gehören zum Beispiel Herr dr. Joel Lüthy mit dem vorhin genannten Fach „Ophthalmochirurgie“, oder dr. Vincent Duske, der gemeinsam mit Dr. Oliver Haupt von unserem Team das Fach „Klinische Notfälle“ ins Leben gerufen hat. Dieses Fach ist gerade zum ersten Mal gelaufen, und ich bin schon sehr gespannt auf die Evaluationsergebnisse.

Und natürlich beeindrucken mich die Studierenden selbst, die das Fach StuPoli I und II unterrichten, um ihre Kommilitoninnen und Kommilitonen auf den Einsatz für die allgemeinmedizinische Behandlung von Menschen ohne Krankenversicherung vorbereiten. Dies waren in den letzten Semestern Nele Uhlig und Florina von Blumenthal, die mit Bestnoten bewertet wurden.

Das Feedback der Studierenden lässt sich hervorragend an den regelmäßigen Evaluierungen ablesen, die Sie am Ende eines jeden Semesters erheben. Welche Schlüsse und Konsequenzen ziehen Sie aus den Ergebnissen?

MG: Im Allgemeinen werden die Wahlpflichtfächer sehr positiv bewertet. Ich erkläre es mir damit, dass alle Dozierenden das jeweilige Fach freiwillig anbieten. Wer kein Wahlpflichtfach unterrichten möchte, muss es auch nicht tun, und alle Dozierenden, die möchten, sind mit großem Engagement dabei. Dozierende, die unterdurchschnittlich bewertet sind - was meistens immer noch „gut“ bedeutet - bekommen von mir die Evaluationsergebnisse zugeschickt. Dann besprechen wir manchmal auch gemeinsam, wie man das Fach verbessern kann.

Schlussfrage: Ab wieviel Wahlpflichtfächern legen Sie irgendwann mal die Füße hoch?

MG: Nie! Wir können immer noch mehr interessante Fächer haben und haben immer Raum für Verbesserungen!

 

Wahlpflichtfächer am ACH Herbstsemester 2021/22

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