Bei Sehstörungen nach Schlaganfall, Tumor oder bei MS: Orthoptistin hilft im Team der Neuropsychologie

Katja Wagner ist eine von rund 2400 Vertretern ihres jungen Fachberufs in Deutschland

Die Orthoptistin Katja Wagner an ihrem Arbeitsplatz: Sie macht bei Patienten Sehtests, prüft beispielsweise mit speziellen Geräten den Schielwinkel, mindestens drei bis vier Wochen oder auch mal länger dauert eine Therapie im Schnitt.

Sie ist 28 Jahre jung, heißt Katja Wagner und ist eine der wenigen Orthoptisten Deutschlands: Als Spezialistin verstärkt sie das Team der Neuropsychologie in den Asklepios Kliniken Schildautal. Ihre Aufgabe: Die Betreuung und Rehabilitation, die Therapie von Patienten mit erworbenen Sehstörungen nach Hirnschädigungen, zum Beispiel durch Schlaganfall, Tumore, Unfälle oder andere neurologische Erkrankungen. „Wir versuchen dabei, Seh- und Wahrnehmungsdefizite zu reduzieren, Strategien zu entwickeln, diese zu kompensieren und die Anwendung des Sehens im Alltag zu trainieren", sagt Katja Wagner.

Sie macht Sehtests, prüft beispielsweise mit speziellen Geräten den Schielwinkel, mindestens drei bis vier Wochen oder auch mal länger dauert eine Therapie im Schnitt. Anhand der Verhaltensbeobachtung und mittels Testuntersuchungen werden die Art und das Ausmaß der neuropsychologischen Störungen dabei im Detail erfasst. „Das Ziel der Therapien ist es, die beeinträchtigten Funktionen wiederherzustellen und/oder einen verbesserten Umgang mit bleibenden Behinderungen in Alltag und Beruf zu ermöglichen", erläutert Katja Wagner.

So hat sie beispielsweise mit Patienten zu tun, die nicht mehr alles sehen können, die Einschränkungen im Gesichtsfeld haben. „Wir versuchen sie, dafür zu sensibilisieren, dass sie aufmerksamer sind, stärker ihren gesunden Teil des Blickwinkels einzusetzen, also etwa im Straßenverkehr verstärkt auf Autos achten, sich bewusst umdrehen und schauen, ob sich welche nähern." Angesiedelt ist Katja Wagner bei der Klinischen Neuropsychologie. Diese wissenschaftlich anerkannte Therapiemethode befasst sich mit der Untersuchung und Behandlung von Leistungs- und Verhaltensänderungen nach Erkrankungen oder Schädigungen des zentralen Nervensystems (bei Schlaganfällen, unfallbedingten Schädelhirnverletzungen, Gehirntumoren, entzündlichen und degenerativen Erkrankungen des Gehirns). Ein Team von sieben Psychologen, drei medizinischen Fachangestellten mit langjähriger Erfahrung in der Rehabilitation neurologischer Erkrankungen und Orthoptistin Wagner kümmern sich um die Patienten.

„Orthoptist", das ist ein relativ junges Berufsbild in Deutschland. Seinen Ursprung hat es um 1930 in Großbritannien, Begründerin ist Mary Maddox, Tochter des englischen Augenarztes Ernest E. Maddox. Von dort machte der Beruf in den 1950-er Jahren seinen Weg auch in den deutschsprachigen Raum. Wie Katja Wagner dazu kam? „Durch Zufall", berichtet die 28-Jährige, die aus Weimar stammt. „Ich habe nach dem Abitur erst ein paar Semester Biomedizin studiert, aber das war mir zu theoretisch." Sie hörte sich um, wollte stärker praktisch arbeiten, und so kam sie zu dem jungen Ausbildungsberuf. 90 Prozent der Orthoptisten sind Frauen. In drei Jahren und nach 4500 Unterrichtsstunden, in denen sie unter anderem die Grundzüge der Augenkrankheiten kennenlernte, war sie staatlich geprüfte Orthoptistin. Nach zwei weiteren Jahren in einer Augenarztpraxis kam sie in den Harz. „Vor allem der Kontakt mit den Patienten macht mir Spaß", sagt sie. In ihrer Freizeit, wenn sie nicht gerade Menschen therapiert, interessiert sie sich für japanische Kultur – und für ihre zwei Katzen, „Hugo" und „Boss". Ihr erster Blick, als sie die Tiere bekam, ging natürlich zu deren Augen. Sie lächelt, denn sie stellte damals gleich beruhigt fest: „Die Augen sind in Ordnung, sie schielen nicht."

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