Asklepios kritisiert Ursachen der Arbeitsverdichtung in deutschen Kliniken im internationalen Vergleich

• Duales System der Krankenhausfinanzierung mit ungelösten Problemen
• Laut OECD in Deutschland 21 Patientenentlassungen pro Mitarbeiter, in Frankreich 9 bei fast doppelter Vergütung pro Behandlungsfall

Die Situation der Krankenhausfinanzierung ist in Deutschland im Vergleich mit anderen Industrienationen gänzlich unbefriedigend. Es gibt ein duales System der Krankenhausfinanzierung, demnach sind die Länder für Investitionen und die Krankenkassen über die Fallpauschalen für die laufenden Kosten zuständig. Beide Bereiche funktionieren jedoch nicht wirklich gut: Neben dem völlig ungelösten Problem der Investitionsfinanzierung, die per Gesetz Sache der Länder sein sollte, de facto aber zu einem deutlichen Prozentsatz durch Eigenmittel der Kliniken zu stemmen ist, haben wir hierzulande eine der niedrigsten Fallkostenpauschalen in der Vergütung der Krankenhausbehandlung überhaupt. Dem gegenüber steht eine im internationalen Vergleich hohe Arbeitsverdichtung für die Mitarbeiter in den Kliniken. Betrachtet man zum Beispiel Frankreich, so liegt die Zahl der Krankenhausentlassungen in Deutschland um mehr als das Doppelte über dem Nachbarland (dort 9 Entlassungen pro Mitarbeiter), dagegen beträgt die Fallvergütung in Deutschland nur etwa die Hälfte von der in Frankreich.* Diese unfreiwillige, hohe Produktivität ist die wesentliche Ursache für die trägerunabhängige Arbeitsverdichtung in deutschen Kliniken.

Ein zweites Beispiel bestätigt dieses Missverhältnis. So gibt es gemäß einer Studie des Hamburg Center for Health Economics für das Bundesministerium für Gesundheit in der Schweiz 0,8 Betten pro Pflegekraft, in Deutschland sind es 1,4.** Berücksichtigt man, dass von den Behandlungskosten zwingend noch ein Überschuss zu erwirtschaften ist, um die unzureichende Investitionsfinanzierung der Länder zu kompensieren, die besonders die privaten Träger trifft, die keine sonstigen staatlichen Zuwendungen erhalten, dann verstärkt sich das o.g. Finanzierungsproblem noch mehr. Forderungen nach mehr Personal in den Kliniken (Definition von Personaluntergrenzen) sind sicherlich an manchen Orten nachvollziehbar, jedoch verschärft dies die o.g. schwierige Finanzierungssituation ungleich stärker. Dazu kommt: Dieser politische Wille wird aber bei derzeit aufgrund fehlender Fachkräfte mit mehr als 10.000 nicht besetzbaren Stellen in deutschen Krankenhäusern kaum umsetzbar sein. Ebenso ignoriert der Wunsch nach Flächentarifverträgen bundesweit völlig die erheblichen Unterschiede in der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit der Kliniken und würde bei einer Umsetzung viele Kliniken, oftmals solche in ländlichen Regionen, an den Rand der Existenzfähigkeit treiben. An vielen Orten würde ein solches Szenario zudem die Investitionsfähigkeit, immerhin ein Garant für qualitativ hochwertige Medizin und Standortsicherung, praktisch aufheben. Dies wird bei kommunalen Kliniken nahezu flächendeckend durch steuerfinanzierte Defizitausgleiche subventioniert, was privaten Trägern nicht zugänglich ist. Dies hat der Bundesverband Deutscher Privatkliniken (BDPK) nunmehr mehrfach öffentlich thematisiert.

Hintergrund dieser Entwicklung sind der Anspruch auf wohnortnahe, qualitativ hochwertige Medizin für Jedermann und das Primat der Beitragssatzstabilität der gesetzlichen Krankenkassen als politische Planungsprämisse. Beides ist bei einer chronischen Unterfinanzierung auf Dauer nicht möglich.

 

*Quelle: OECD Health Data 2016

 **Quelle: „Expertise zur Quantifizierung der Pflegezahlen in Deutschland sowie zum Überblick über die normative Bestimmung des Pflegebedarfs in ausgewählten OECDLändern“, erstellt vom Hamburg Center for Health Economics im Auftrag der Expertenkommission „Pflegepersonal im Krankenhaus“ im Bundesministerium für Gesundheit

 

 

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