Kinderklinik Sankt Augustin kämpft um ihre Zukunft

• Mit 350 Millionen Euro gefördertes Herzzentrum und ein Eltern-Kind-Zentrum der Uniklinik Bonn bedrohen den Standort Sankt Augustin
• Universität wirbt Chefärzte und Pflegekräfte des Deutschen Kinderherzzentrums teils mit hohen Starterprämien ab
• Mit dem Wegfall des Deutschen Kinderherzzentrums gehen Sankt Augustin rund 45 Prozent der stationären Erlöse verloren
• Klinikgeschäftsführer Uwe Jansen: „Wenn die Uniklinik gestützt durch das Land und mit öffentlichen Mitteln derart gezielt zu uns in Konkurrenz tritt, haben wir dagegen keine Chance. Wir fordern das Land auf, der Leitung der Uniklinik das Abwerben unseres Personals zu untersagen und uns bei der Restrukturierung des Hauses zu unterstützen.“

Die Asklepios Kinderklinik Sankt Augustin und das zur Klinik gehörende Deutsche Kinderherzzentrum befinden sich in einer äußerst schwierigen Lage. „Die vom Land mit großzügigen 350 Millionen Euro Steuermitteln finanzierte Universitätsklinik Bonn baut seit Jahren Parallelstrukturen zum bundesweit hoch angesehenen medizinischen Leistungsangebot der Asklepios Kinderklinik auf und wirbt jetzt sogar in großem Stil unsere Chefärzte und unsere Pflegekräfte ab“, sagt Uwe Jansen, Geschäftsführer der Asklepios Kinderklinik Sankt Augustin. „Der Weggang von bedeutenden deutschen Kinderherzspezialisten ist nicht zu kompensieren. Für die Kinderklinik als Exzellenzstandort und den Erhalt der Arbeitsplätze stellt diese Entwicklung eine ernste Bedrohung dar“, so der ärztliche Direktor der Kinderklinik, Dr. Ehrenfried Schindler. „In Zahlen gehen uns damit über 45 Prozent unserer stationären Erlöse verloren – und das bedroht die Existenz der gesamten Klinik mit ihren hervorragenden Fachabteilungen. Wir fordern die Landesregierung nachdrücklich auf, der Leitung der Uniklinik das Abwerben unseres Personals zu untersagen und uns bei der Restrukturierung des Hauses zu unterstützen“, so der Appell des Klinikgeschäftsführers. „Nachdem uns gewahr wurde, dass die Uniklinik unser Personal aktiv abwirbt und wir vor vollendete Tatsachen gestellt wurden, haben wir unmittelbar mit dem Gesundheitsministerium des Landes Kontakt aufgenommen. Wir haben unseren Unmut über das Vorgehen des Landes und der Uniklinik kundgetan und die drohenden Konsequenzen für unser Haus, unsere Mitarbeiter und unsere Patienten aufgezeigt“, sagt Uwe Jansen, Geschäftsführer der Asklepios Klinik Sankt Augustin. Seitdem gab es - trotz anderer Bekundung - und in Kenntnis der hohen Dringlichkeit des Themas keine Rückmeldung.


„In Summe müssen wir von einer extremen Ungleichbehandlung und einer deutlichen Schlechterstellung unserer Klinik durch das Land Nordrhein-Westfalen sprechen“, so Jansen. Denn trotz hervorragender medizinischer Leistungen werde die bundesweite und international renommierte Einrichtung seit Jahren vom Land Nordrhein-Westfalen nur unzureichend mit dringend benötigten Fördermitteln ausgestattet, um den erheblichen baulichen Sanierungsstau zu beheben. Angesichts stetig steigender Patientenzahlen, erhöhter Anforderungen an die Hygiene und steigender Ansprüche der Patienten (Eltern) sind die Bausubstanz und die räumliche Struktur des Hauses nicht mehr zeitgemäß – Eltern wollen heute mit ihren Kindern zusammen in einem Zimmer liegen, so wie im staatlich geförderten neuen Eltern-Kind-Zentrum der Uniklinik Bonn vorgesehen. Von der Klinik beim Land Nordrhein-Westfalen beantragte Einmalfördermittel, die die anderen Bundesländer üblicherweise im Rahmen der dualen Finanzierung an ihre Plankrankenhäuser fair vergeben, wurden der Asklepios Klinik Sankt Augustin über die Jahre kontinuierlich verweigert, obwohl diese Mittel längst überfällig waren. Als das Land dann im Jahr 2008 auf eine jährliche, pauschale Förderung von Kliniken umstieg und alle bis dahin aufgelaufenen Finanzierungspläne einfror, war bereits absehbar, dass die zur Verfügung gestellten jährlichen Summen den erheblichen baulichen Rückstand nicht beheben und auch eine Vorfinanzierung größerer baulicher Projekte nicht ermöglichen können. „Die bisherigen Gespräche mit der lokalen und regionalen Politik gestalteten sich hier in den vergangenen Jahren für uns unverständlich zunehmend schwierig. Dabei sind die Bundesländer gesetzlich verpflichtet, die Investitionskosten der Krankenhäuser zu finanzieren, da diese einen staatlichen Versorgungsauftrag erfüllen. Auch das Land Nordrhein-Westfalen kommt dieser Verpflichtung seit Jahren nur unzureichend nach“, sagt Jansen.
 
In den vergangenen Jahren hat Asklepios bekanntermaßen mehrere Konzepte zur Verbesserung der angespannten Situation vorgelegt, von der Komplettsanierung des Altbaus über einen Neubau der Kinderintensivstation bis zu einem kompletten Krankenhausneubau. Dabei war und ist Asklepios bereit – über die Übernahme der kontinuierlichen Defizite, welche die Kinderklinik alljährlich erwirtschaftet, hinaus – in großem Maße Eigenmittel zur Finanzierung der Bauvorhaben bereit zu stellen. Die benötigten öffentlichen Fördermittel zur Kofinanzierung wurden jedoch weder zugesagt noch jemals in Aussicht gestellt! Stattdessen entstand in unmittelbarer räumlicher Nähe zur Asklepios Kinderklinik ein mit rd. 350 Millionen Euro aus Steuermitteln geförderter Neubau der Universitätsklinik Bonn mit einem großen Eltern-Kind-Zentrum und Herzzentrum mit der Ausrichtung Kinderherzchirurgie.
 
Diese universitäre Einrichtung hat dann neue Abteilungen geschaffen bzw. ist dabei, diese zu schaffen, die zweifellos in direktem Wettbewerb zur seit vielen Jahren bestehenden Asklepios Kinderklinik stehen. „Schlimmer noch: Die neue, vom Land mit öffentlichen Mitteln maximal geförderte universitäre Kinderklinik wirbt offensiv um Fachpersonal und lockt qualifiziertes Pflegepersonal und Ärzte von unserer Einrichtung weg. Die staatlicherseits bezahlten Wechsel- oder Kopfprämien für Pflegekräfte, so wurde uns zugetragen, betragen zum Teil mehrere Tausend Euro“, sagt Jansen.
 
Angesichts der aktuellen Situation – dem Wechsel zweier Chefärzte des Deutschen Kinderherzzentrums sowie einer großen Anzahl an hoch qualifizierten Pflegekräften zur Kinderklinik der Universitätsklinik Bonn – ist die Zukunft des Deutschen Kinderherzzentrums ungewiss. Die Klinik hat kurzfristig Arbeitsgruppen gebildet, um in den kommenden Wochen mögliche Szenarien für die künftige Aufstellung und die Sicherung der Leistungsfähigkeit der Kinderklinik zu entwickeln.
 
Gemeinsam mit allen leitenden Ärzten der Klinik wurde eine Projektgruppe „Zukunft der Kinderklinik Sankt Augustin“ ins Leben gerufen. Innerhalb dieses Projekts wird die gesamte Struktur der Klinik auf den Prüfstand gestellt und versucht, tragfähige Konzepte zur Zukunftssicherung von Sankt Augustin zu finden. Gemeinsam mit dem Konzern werden die Möglichkeiten einer strategischen Weiterentwicklung der anderen Abteilungen aus eigener Kraft oder im Schulterschluss mit der Uniklinik Bonn geprüft.
 
Mit dieser bestand sogar schon einmal ein Kooperationsentwurf, bei dem es um den Austausch von Experten und OP-Ressourcen ging, der jedoch nicht weiterverfolgt wurde, weil die Zusammenarbeit einseitig zu Lasten der Kinderklinik gegangen wäre. Es war nicht abzusehen, dass offenbar damals schon Überlegungen zum jetzigen Abwerben ganzer Teams liefen. Denn der Standort Bonn plante bereits seit mehr als fünf Jahren den Aufbau des Eltern-Kind-Zentrums.
 
Das Direktorium führt derzeit zahlreiche Einzelgespräche mit den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, die sich verständlicherweise Klarheit für ihre berufliche Zukunft wünschen. „Wir freuen uns, dass viele unserer Mitarbeiter gern am Standort St. Augustin bleiben möchten. Selbst einige der Kolleginnen und Kollegen, die bereits mit Hinweis auf ihren Wechsel an die Uniklinik Bonn gekündigt haben, zeigten Bereitschaft, die Kündigung zurückzuziehen, wenn es ein trag- und zukunftsfähiges Konzept für ihr jetziges berufliches Zuhause gibt. Dies mit Hochdruck zu entwickeln, hat bei uns Priorität“, sagt Jansen.
 
„Und auch die Eltern der betroffenen Kinder liegen uns natürlich am Herzen, auch mit ihnen und Vertretern des an die Klinik angebundenen Ronald Mc Donald-Hauses führen wir derzeit Gespräche, ohne zu unserem Bedauern bisher wirklich Konkretes sagen zu können“, so Jansen. „Natürlich haben wir als Kinderklinik, neben der Medizin rund um das Herz, Abteilungen wie die Orthopädie, Neurochirurgie, Onkologie bis hin zur Neonatologie und einige mehr, die mit den beteiligten Chefärzten und ihren Teams eine Strahlkraft weit über die Region hinaus haben“, so Prof. Dr. Gerd Horneff, Direktor des Zentrums Allgemeine Kinderheilkunde und Neonatologie. „Doch mit dem Wegfall des Deutschen Kinderherzzentrums gehen 20 Prozent der stationären Fälle am Standort St. Augustin verloren, die jedoch gleichzeitig ein Minus von 45 Prozent der stationären Klinikerlöse ausmachen. Das jährliche Defizit dürfte sich dadurch deutlich erhöhen“, sagt Jansen.
 
Denn auch wenn das Deutsche Kinderherzzentrum nur ein Fünftel aller Patienten der Kinderklinik betreut, so ist es doch angesichts der besonderen Fallschwere der Kinderherzpatienten ein deutlich größerer wirtschaftlicher Faktor für die Klinik und hat in der Vergangenheit dazu beigetragen, die wirtschaftlich schwächeren Abteilungen im Haus mitzufinanzieren. „Vor diesem Hintergrund sind wir gezwungen, parallel zu den fieberhaften Planungen unserer Zukunfts-AGs eine weitere Option zu prüfen: In Erwartung deutlich negativer wirtschaftlicher Ergebnisse wird die Klinik Mittel aus dem Strukturfonds beantragen, der vom Bund zur Schließung und Konsolidierung von Klinikabteilungen bereitgestellt werden. Wir werden auf den Strukturfonds zugehen, damit sich das Land ernsthaft mit uns über eine Lösung der aktuellen Situation auseinandersetzt“, sagt Jansen.

 

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