Tuberkulose Reihenuntersuchung von Geflüchteten in der Lungenklinik Gauting

Am Samstag, 12.3 fand eine Reihenuntersuchung der ukrainischen Geflüchteten statt, die letzte Woche neu in Gauting angekommen sind. Gemäß Infektionsschutzgesetz ist ein Tuberkulosescreening verpflichtend für alle Flüchtlinge aus Risikoländern, die in Gemeinschaftsunterkünften leben. In der Asklepios Klinik Gauting sind 58 Erwachsene im Rahmen der Sonderaktion an einem Tag untersucht worden.

Gleich in der Früh um kurz vor neun stiegen die ersten Geflüchteten aus dem Kleinbus in der Lungenklinik Gauting aus. Von den rund 100 in Gauting untergebrachten Menschen wurden 58 Erwachsene an einem Tag auf Tuberkulose gescreent. Eine Maßnahme, die für alle Flüchtlinge verpflichtend ist, die in einer Gemeinschaftsunterkunft wohnen, nicht aber für diejenigen, die privat unterkommen. Dr. Marion Heiß-Neumann, leitende Oberärztin der Infektiologie stellt klar: „Das Ziel dieser Reihenuntersuchung ist zum einen Erkrankte frühzeitig zu erkennen und richtig zu behandeln, zum anderen aber insbesondere, Infektionsketten innerhalb von Gemeinschaftsunterkünften zu vermeiden, denn Tuberkulose zählt zu den aerogen übertragbaren Infektionskrankheiten, das bedeutet eine Übertragung von Mensch-zu-Mensch findet über die Ausatemluft statt, so wie wir das von COVID-19 alle nur allzu gut kennengelernt haben“. Im Unterschied zu COVID-19 seien allerdings zur Übertragung einer Tuberkulose sehr viel längere Kontaktzeiten von mehreren Stunden oder sehr intensiver Kontakt erforderlich, eine Ansteckung bedeutet nicht automatisch eine aktive Erkrankung des Infizierten. Für die beengteren Verhältnissen in den Sammelunterkünften aber eine durchaus sinnvolle Maßnahme, denn laut WHO ist die Ukraine ein Hochinzidenzland mit geschätzt 32.000 Fällen im Jahr 2020, bei ca. 44 Millionen Einwohnern. Zum Vergleich dazu: 2020 wurden in ganz Bayern (ca. 13 Millionen Einwohner) ca. 600 Fälle übermittelt. Die Infektiologin Dr. Heiß-Neumann ist davon überzeugt, dass die Screeninguntersuchungen von Menschen aus Ländern mit hohen Inzidenzen ein sehr gutes und vergleichsweise einfaches Mittel seien, um ansteckungsfähige Tuberkuloseerkrankungen schnell zu erkennen, Verbreitung zu vermeiden und den Menschen eine rechtzeitige und erfolgreiche Therapie zukommen zu lassen. „Zum Tuberkulosescreening gehört für Erwachsene eine Röntgenaufnahme und eine körperliche Untersuchung zum Standard, es werden Vitalwerte erhoben wie Blutdruck, Sauerstoffsättigung und Temperatur und wir hören die Lunge ab“, erklärt Dr. Heiß-Neumann weiter. Um die Röntgenbelastung für die rund 30 Kinder der Gemeinschaftsunterkunft möglichst gering zu halten bekämen diese anstelle der Röntgenuntersuchung einen Bluttest, dem sogenannten Quantiferon Test, so die Medizinerin. Das wurde von einem Kinderarzt direkt in der Unterkunft erledigt, das Labor der Lungenklinik wertet die Blutproben aus.

Die Lungenklinik hatte ihre Unterstützung für benötigte medizinische Versorgung angeboten, in Absprache mit dem Landkreis Starnberg wurde das Screening dann auf einen Tag konzentriert, denn so viele Menschen zu screenen bedeutet jede Menge Aufwand personell, wie zeitlich. Fast wie im Akkord drückt Katja Samuel, leitende MTRA der Lungenklink auf den Auslöseknopf des Röntgengeräts. Neben ihr sind drei weitere Mitarbeiter für die Aufnahme der Personendaten und für den Ablauf aller Untersuchungen zuständig, drei Pflegekräfte unterstützen zwei Mediziner bei den körperlichen Untersuchungen, eine Radiologin wertet die Röntgenbilder routiniert im Schnelldurchlauf aus. Ein Konferenzraum wurde zu einem Behelfsuntersuchungsraum umfunktioniert und der gesamte Röntgenbereich wurde gesperrt. Das Team wird von vier ehrenamtlichen Übersetzerinnen begleitet, unter anderem von einer ukrainischen Ärztin der Lungenklinik, die bereits seit einigen Jahren in Deutschland lebt. Dr. Lisa Krämer ist emotional sehr ergriffen, als Sie die vielen Schutzsuchenden sieht. „Es ist schrecklich mit anzusehen, wie diese Menschen entwurzelt werden, wie dieser sinnlose Krieg so viel zerstört. Ich selbst habe meine Familie aus Warschau abgeholt und bei uns aufgenommen. Wir bekommen hier viel Unterstützung und Zuspruch, von Mitbürgern, der Klinikleitung, Kollegen und Kolleginnen – alle wollen helfen. Das Ausmaß der Zerstörung und der benötigten Hilfe ist aber enorm, wir sind alle gespannt wie lange das alles noch weitergeht“ erläutert die Ärztin. Sie ist froh, dass sie einen Beitrag am Screeningtag leisten kann, spricht mit den Schutzsuchenden, erläutert Ergebnisse, steht für Fragen zur Verfügung. Neben dem Screening wird auch mit Hilfe des BRK-Impfzentrums gegenüber der Lungenklinik auch ein Impfangebot für die Covid-Impfung gemacht. Einige der Flüchtlinge nehmen dieses an, einige sind bereits geimpft oder genesen. Vier Erwachsene konnten nicht am TB-Screening teilnehmen, weil sie leider an Covid erkrankt sind. An Tuberkulose allerdings ist keiner der untersuchten Menschen erkrankt. „Es ist gut, dass heute kein TB-positiver Patient ermittelt wurde, einen Verdachtsfall hatten wir, das konnte aber mit einer zusätzlichen CT-Untersuchung abgeklärt werden. Wir gehen davon aus, dass noch weitere Schutzsuchende zu uns kommen werden, dass wir auch weiterhin Menschen auf Tuberkulose screenen müssen und dann auch welche zur Behandlung in der Lungenklinik aufnehmen müssen“, so Heiß-Neumann. 

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