9. Ringvorlesung über Diabetologie

Dr. med. Jürgen Raabe, Chefarzt der Abteilung Diabetologie am Asklepios Klinikum Birkenwerder, stellte am 8. November im Rahmen der Ringvorlesung Asklepios Centers of Excellence am Asklepios Campus Hamburg (ACH) seinen Fachbereich vor.

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Dr. med. Jürgen Raabe und Prof. Dr. med. Karl J. Oldhafer

Begrüßt wurde der Referent aus Brandenburg von Prof. Dr. med. Karl J. Oldhafer, der als Repräsentant des Dekans der medizinischen Fakultät der Semmelweis Universität und akademischer Leiter am ACH den Abend eröffnete und später die Diskussion leitete. Dr. Raabe gewann dann sofort die Aufmerksamkeit aller künftigen Ärztinnen und Ärzte mit dem Satz: „Egal, welche Fachrichtung Sie einschlagen, sie werden immer mit Diabetes zu tun haben.“ Warum dies so sei, belegte er mit folgenden Zahlen: Jeder Dritte, der an Diabetes Typ 2 erkrankt ist, ist mindestens einmal pro Jahr im Krankenhaus. Zwei Drittel aller Diabetiker rufen mindestens einmal im Jahr den Rettungsdienst. Spätestens bei einer Operation spielt das hohe Infektionsrisiko eine große Rolle, das jedoch durch eine bessere Insulin-Einstellung deutlich verringert werden kann. 

Diabetes mellitus ist eine chronische Stoffwechselkrankheit, die zu einem dauerhaft erhöhten Blutzuckerspiegel führt. In Deutschland hat sich Diabetes zu einer wahren Volkskrankheit entwickelt – über sechs Millionen Menschen sind betroffen. Die meisten davon (mehr als 90 Prozent) haben Diabetes Typ 2.Die Neigung dazu ist familiär gehäuft, vor allem erhöhen Faktoren wie Übergewicht und Bewegungsmangel das Risiko für die Erkrankung. Diabetes ist in Deutschland die siebthäufigste Todesursache sowie die häufigste Ursache für Nierenerkrankungen, Beinamputationen und Erblindung im Erwachsenenalter. Durch die Folgeschäden ist Diabetes eine sehr heimtückische Krankheit: Sie verursacht keine Schmerzen, entwickelt sich zwar sehr langsam, verursacht dabei aber sehr schwere Schäden. Häufig wird sie nur als Zufallsdiagnose im Rahmen eines Checkup entdeckt. Dr. Raabe betonte daher, wie wichtig die ärztliche Begleitung ist: „Ist die Krankheit erst einmal diagnostiziert, ist es die Aufgabe des Diabetologen, die Patienten für ein Behandlungskonzept zu gewinnen. Nur wenn sie durchgängig ärztlichen Kontakt haben, können die Auswirkungen gemildert werden.“

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Die Asklepios Klinik Birkenwerder ist Exzellenzzentrum für die Behandlung des diabetisches Fußsyndroms. Dieses Syndrom tritt am häufigsten bei Patienten mit Diabetes Typ 2 auf. Ein Risiko der Zuckerkrankheit sind nämlich schlecht heilende Wunden am Fuß oder Unterschenkel aufgrund von Nervenstörungen. Die eingeschränkte Wahrnehmung von Schmerzen führt zu ungenügender Schonung vor Überlastungen oder kleinen Verletzungen. Diese können sich zu chronischen Wunden entwickeln. Durchblutungsstörungen treten bei 30-50 Prozent der Betroffenen zusätzlich auf, erschweren die Therapie und verschlechtern die Prognose. Häufig ist eine Amputation des Fußes oder sogar eines Teils des Beines unumgänglich. Erfolgsnachrichten kommen jedoch aus Birkenwerder: Während laut Dr. Raabe im Jahr 2000 nach einer Erhebung in Nordrhein noch bei 51 Prozent der Patienten mit dem - umgangssprachlich - „Diabetischen Fuß“ sogenannte Major-Amputationen vorgenommen werden mussten, konnte die Quote bis zum Jahr 2007 in Spezialkliniken durch den stärkeren Fokus auf die Wundheilung auf 7,8 Prozent gesenkt werden. In Birkenwerder liegt die Quote in den letzten fünf Jahren bei etwa zwei Prozent. Dr. Raabe erklärte diese positive Entwicklung so: „Die Wundheilung und der Wundverschluss führt der menschliche Körper selbst durch. Die Aufgabe der Behandler ist es, systematisch nach den Faktoren zu suchen, die diese Vorgänge stören, diese zu beseitigen und damit die Voraussetzung für die Heilung günstig zu gestalten. Wenn dann alles beseitigt ist, was beseitigt werden muss, müssen Arzt und Patient einfach Geduld haben.“

 

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Diabetologe zu werden sei seiner Erfahrung nach zwar ein langwieriger Prozess, der Fachbereich habe dafür aber hervorragende Zukunftsaussichten: „Wenn Sie sagen, Sie seien Diabetologe, fängt Sie sofort einer ein“, beschreibt Dr. Raabe die – wie er sagt – „grandiose Stellensituation“. Dadurch, dass die Anzahl der Kranken schneller steige als die Zahl der Ausbildungsplätze, sei der Bedarf an Fachärzten hoch. Eine einjährige Zusatzausbildung in Diabetologie ergänzend zu einem Facharzt in Innerer Medizin, Allgemeinmedizin oder Kinderheilkunde sei eine Möglichkeit; aber auch der Weg über die Innere Medizin und eine dreijährige Ausbildung in Endokrinologie/Diabetologie führe zum Ziel. Die Abteilung in Birkenwerder sei als Fachklinik sehr spezialisiert; daher sei zwar eine Famulatur, nicht aber eine PJ-Station in Birkenwerder möglich. Auch bei der Promotionsmöglichkeit gebe es Einschränkungen: Daten für Untersuchungen seien zwar ausreichend vorhanden, aber müssten Interessenten einen eigenen Doktorvater mitbringen. Da das Fachgebiet hochgradig spezialisiert sei, wäre außerdem ein Einstieg für Berufsanfänger weniger empfehlenswert. „Aber“ – mit diesem „Geheimtipp“ beendete Dr. Raabe seinen Vortrag – „am AK Bad Oldesloe, Lehrkrankenhaus der Uni Lübeck, ist eine Abteilung für Diabetologie im Aufbau, die für Interessenten auf jeden Fall eine mögliche Alternative ist.“ 

Nächste Ringvorlesung:

13. Dezember 2018 mit Prof. Dr. Jürgen Weitz aus dem Darmzentrum Radeberg 

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