„Wir sind noch immer in der Anfangsphase, aber auf einem guten Weg“

Bereits seit acht Monaten behandeln Studierende vom Asklepios Campus Hamburg (ACH) in der ersten studentischen Poliklinik der Hansestadt (StuPoli Hamburg) im Rahmen einer wöchentlichen Sprechstunde bedürftige Menschen ohne Krankenversicherung – eine erste Zwischenbilanz.

Ortstermin: Seit Ende Februar öffnet Freitag Nachmittags zwischen 14 und 16 Uhr im „CaFée mit Herz“ auf dem Gelände des Gesundheitszentrums St. Pauli die Tür zur dortigen StuPoli. An diesem Tag sind in dem Raum im Untergeschoss bereits seit einer Stunde Laura Warneke, ACH Absolventin 2018, und ihre Kommilitonin Klara Ustorf aus dem 8. Semester dabei, die kostenlose ambulante allgemeinmedizinische Sprechstunde vorzubereiten. Ausgestattet mit weißen Kitteln – eine Spende aus den Asklepios-Kliniken - warten die beiden zunächst auf Frau Dr. med. Elke Brüning, eine ehemalige niedergelassene Hausärztin: Auf die studentische Einrichtung ist sie durch einen Aufruf im Ärzteblatt aufmerksam geworden, in dem die Studierenden für zusätzliche ärztliche Unterstützung geworben hatten. Da die wöchentliche Sprechstunde für Nicht-Versicherte immer unter ärztlicher Supervision durchgeführt wird, muss das StuPoli-Team immer dafür Sorge tragen, dass ihnen eine ausreichende Zahl erfahrene Mediziner zur Seite steht. Die Interessentin kann sich nach einem kurzen Gespräch gut vorstellen, mitzuarbeiten – „gleichzeitig Nicht-Versicherten medizinische Versorgung anzubieten und jungen angehenden Kolleginnen und Kollegen etwas beibringen zu können, finde ich eine hervorragende Kombination“, sagt die erfahrene Medizinerin, die einige Tage später tatsächlich ihre Mitarbeit zusagt.

Positives Feedback von allen Seiten

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Von Anfang an dabei: Laura Warneke und Klara Ustorf

Trotz wechselnder personeller Besetzung ist der Ablauf freitags immer gleich: Im Schnitt besuchen bis zu 10 vorwiegend obdachlose Patienten die Sprechstunde. Sie kommen mit all jenen Beschwerden, mit denen sie sonst eine normale Hausarztpraxis aufsuchen würden. Sie haben meist einen hohen Leidensdruck, aber keine hohe Anspruchshaltung und sind dankbar für die Zuwendung. Die Erfahrung zeigt, dass sich zwei Drittel gut auf Deutsch verständigen können, das letzte Drittel spricht gar kein Deutsch. Außer Gesten steht dem Team für die Verständigung die Dolmetscher-Hotline „Triaphon“, einem gemeinnützigen Start-Up zur Verfügung. Basismedikamente sowie medizinische Geräte und Verbandsmaterial sind dank Spenden der Hamburger Asklepios Kliniken in ausreichender Menge vorhanden. Auch Rezepte können ausgestellt und von den bisherigen Spenden auch gut bezahlt werden. Blutabnahmen vor Ort sind möglich, Laborwerte werden erfreulicherweise von der Laborgesellschaft Amedes kostenlos erstellt.

Während zwei Studierende aus den unteren Semestern, sogenannte „Juniors“ die körperlichen Untersuchungen vornehmen, dokumentiert ein „Senior“ aus den höheren Semestern die Ergebnisse; der supervisierende Arzt schaut ihnen dabei über die Schulter, greift im Ernstfall ein und gibt im Anschluss sein Feedback. Da die Mitarbeit in der StuPoli die Teilnahme am gleichnamigen klinischen Wahlpflichtfach am ACH voraussetzt, ist die praktische Arbeit in den regulären Studienbetrieb am Asklepios Campus Hamburg eingebettet: In den ersten beiden Modulen werden mögliche Krankheiten gelehrt, im dritten können die Seniors, die den Unterricht in diesem letzten Modul bestreiten, auch mal Themen aus der aktuellen StuPoli-Arbeit wie zum Beispiel Bluthochdruck oder Wundversorgung vertiefen.

Die erste Zwischenbilanz der beiden diensthabenden Studentinnen nach einem ersten Semesterdurchlauf ist mehr als positiv: „Ich bin ganz begeistert, wie unser Angebot hier bislang aufgenommen wurde, wie höflich, freundlich und dankbar uns die meist männlichen Patienten begegnen. Die Zusammenarbeit mit den Ärzten klappt sehr gut, alle bemühen sich sehr, uns etwas beizubringen“, schwärmt Klara Ustorf, die Vorsitzende des StuPoli-Vereins ist und zudem das Subkomitee Öffentlichkeitsarbeit leitet. Verständlicherweise sei es am Anfang für alle Seiten noch sehr aufregend gewesen, weil niemand das Konzept einer studentischen Sprechstunde kannte. Das positive Feedback von allen Seiten und erfreulich viele Sach- und Geldspenden hätten jedoch sehr motivierend für die angehenden Ärztinnen und Ärzte gewirkt.

Laura Warnecke ist eine derjenigen, die das Projekt von Anfang an begleitet. „Es war für mich als Mitglied des Subkomitees Personal vor allem schön, zu sehen, wie begeistert unsere rund 20 Kommilitoninnen und Kommilitonen immer aus den Sprechstunden gekommen sind und wie gern sie ihre vier Dienste pro Semester absolviert haben, auch wenn diese mit Vor- und Nachbereitung inklusive Dokumentation oft den ganzen Nachmittag in Anspruch nehmen“, beschreibt sie ihre Erfahrung.

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Die künftigen Herausforderungen an das Team der StuPoli sehen anders aus, als die in der Vergangenheit. Klara Ustorf beschäftigt vor allem ein Punkt: „Im Moment arbeiten wir besonders daran, in persönlichen Gesprächen ein Netzwerk von Ärztinnen und Ärzten aufzubauen, zu denen wir Patienten mit einer Diagnose schicken können, bei der wir nicht behandeln können - zum Beispiel beim Verdacht auf ein Lymphom.“ Laura Warnecke denkt dagegen vor allem über organisatorische Fragen nach, die das StuPoli-Team betreffen: „Es ist wichtig, dass wir jetzt jüngere ACH Studierende für die StuPoli begeistern, die bereit sind, verantwortungsvoll die Aufgaben in den verschiedenen Subkomitees (zu denen nun auch eins mit dem Titel Qualität und Controlling zählt), im Hauptkomitee und in der Leitung zu übernehmen.“ In der ersten Mitgliederversammlung des Vereins, der künftig als Träger der StuPoli den Betrieb sicherstellt und für organisatorische, personelle und finanzielle Maßnahmen verantwortlich ist, wurden im vergangenen Semester hierfür bereits die Weichen gestellt. Jedenfalls macht die Hamburger StuPoli, deren Vorbild in Frankfurt liegt, mittlerweile selbst auch schon wieder Schule:  Nach einer Münchner Delegation, die im Sommer zu Besuch war, hat gerade erste eine weitere aus Essen ihr Interesse angekündet, die studentische Einrichtung kennenzulernen.

"Unsere Gäste sind begeistert"

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Margot Glunz ist beeindruckt vom Einsatz der ACH-Studierenden.

Margot Glunz, die das spendenfinanzierte CaFée mit Herz auf dem Gelände des ehemaligen Hafenkrankenhauses seit zwölf Jahren als Geschäftsführerin leitet, bewertet die ersten Monate ebenfalls positiv: „An manchen Freitagen gehen die Studierenden der StuPoli später nach Hause, als ich. Unsere Gäste sind begeistert und freuen sich sehr, wenn sie am Freitag - außer dem täglichen Essen oder einem Schein für den Besuch der Kleiderkammer -eine Nummer für die StuPoli bekommen. Für uns ist das Engagement der ACH Studierenden jedenfalls ein echtes Geschenk.“

Das CaFée mit Herz ist täglich Anlaufstelle für 200 bis 300 überwiegend obdachlose Bedürftige und bietet neben Kleidung, Mahlzeiten und Duschmöglichkeiten auch in begrenztem Umfang medizinische Betreuung. Das Spektrum der Patientinnen und Patienten, die mit medizinischen Fragestellungen in die Krankenstube kommen, umfasst dabei neben Obdachlosen und Flüchtlingen auch Personen, die aus den unterschiedlichsten Gründen keine Krankenversicherung haben.

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