7. ACH Ringvorlesung: Wenn sich alles dreht

Prof. Dr. med. Stephan Schreiber vom Asklepios Fachklinikum Brandenburg setzte nach der Sommerpause die Reihe der Ringvorlesungen am ACH zu den Asklepios Centers of Excellence mit einem interessanten Vortrag zur Neurologie und speziell dem Thema Schwindel fort.

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Prof. Dr. med. Stephan Schreiber vom Asklepios Fachklinikum Brandenburg

Dieser Abend bot alles: Eine Werbung für die Region Brandenburg („Greater Berlin area“), für das reizvoll in einem Parkgelände gelegene Asklepios Fachklinikum in Brandenburg an der Havel („moderne Medizin in generalmodernisierten alten Mauern“), ein gutes Beispiel für die Wichtigkeit des Fachbereichs Neurologie („alles, was moderne Medizin ohne Skalpell kann, machen wir“) sowie ein interessantes Schlaglicht auf das häufig vorkommende Symptom („das ist keine Krankheit“) Schwindel. Prof. Dr. med. Stephan Schreiber, Facharzt für Neurologie und Chefarzt am Asklepios Fachklinikum Brandenburg, verstand es, die Ursachen von Schwindel umfassend aufzufächern, die notwendigen neurologischen Untersuchungen zu erläutern und mit zahlreichen Beispielen zu veranschaulichen.

Seinen Vortrag begann er zunächst mit dem bekannten Werbefoto der elf Männer aus New York, die 1932 beim Bau des Rockefeller Centers scheinbar entspannt ihre Mittagspause auf einem Stahlträger verbringen. Mit seiner Eingangsfrage, warum den Männern in dieser Höhe wohl offensichtlich nicht schwindelig sei, gewann der Neurologe sofort die Aufmerksamkeit seines studentischen Auditoriums. Bis zur Beantwortung dieser Frage am Ende des Abends erklärte Prof. Schreiber ausführlich, wie differenziert ein Neurologe zunächst vorgehen muss, wenn ein Patient mit der Aussage „Mir ist schwindelig“ zu ihm kommt. Was dann zu tun ist, fasst Prof. Schreiber später als „take home message“ zusammen: 1. Erhebe genaue Anamnese, 2. untersuche gezielt und 3. überrasche Patient und Kollegen mit einer schnellen diagnostischen Zuordnung. Ziel ist, zu erkennen, ob eine neurologische Erkrankung den Schwindel auslöst und welche sich widersprechende Informationen dem menschlichen Gehirn zugesandt werden, die vermutlich den Schwindel auslösen.

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Schwindel als unangenehme Störung von Gleichgewicht und räumlicher Orientierung ist den meisten Menschen als vorübergehendes Symptom bekannt. Statistisch fühlen sich zehn Prozent aller Menschen durch dieses Gefühl beeinträchtigt, sechs bis sieben Prozent von ihnen ist sogar mehr als fünf Jahre schwindelig. Dreieinhalb Prozent aller Patienten in der Notaufnahme nennen Schwindel als Teil ihres Unwohlseins. Um von der Symptombeschreibung über das Syndrom zur richtigen Diagnose zu gelangen, ist es besonders wichtig, detailliert alle Informationen über Beschwerde, Begleitbeschwerden, Verlauf und Auslöser zu erfragen. Da die Ursachen vielfältig sein können, gilt es zunächst, neben dem Kreislauf das Zusammenspiel mehrerer Sinnessysteme zu untersuchen: Das vestibuläre System mit Innenohr, Gleichgewichtsnerv und den zuständigen Nervenbahnen im Gehirn, das anzeigt, in welche Richtung wir uns bewegen; das visuelle System für die Information, wo wir uns bewegen; schließlich das taktile System mit den Gefühlssensoren in der Haut, den Gelenken, den Muskeln und Sehnen, die quasi ständig einen „Lagebericht“ liefern.

Prof. Schreiber verstand es hervorragend, durch zahlreiche Filmbeispiele und im ständigen Dialog mit den Studierenden die Wichtigkeit des Symptoms Schwindel und dessen Diagnose zu vermitteln. Durch seinen Vortrag wurde deutlich, dass beim behandelnden Neurologen eine detektivische Neugier im Gespräch mit dem Patienten unverzichtbar ist: Seit wann besteht der Schwindel, durch was wurde er vermeintlich ausgelöst, wie lange hält er schon an? Ist es ein Dreh-, Lagerungs- oder Höhenschwindel als physiologischer Reizschwindel? Zumindest für die berühmten Arbeiter auf dem Stahlträger gab Prof. Schreiber am Ende eine glaubhafte Erklärung ab: Dadurch, dass die Männer alle auf den nahen Hochhausrohbau auf gleicher Ebene gegenüber blicken, haben sie eine visuelle Kontrolle, was die Ausbildung eines Höhenschwindels weniger wahrscheinlich macht.

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Der Geschäftsführer der Asklepios Medical School, Dr. Christoph Jermann, dankte Prof. Schreiber am Ende des Abends herzlich für sein Kommen sowie den interessanten und verständlichen Vortrag und fragte nach den Möglichkeiten und Vorzügen einer Famulatur im Asklepios Fachklinikum Brandenburg. Prof. Schreiber hob daraufhin hervor, dass seine spezialisierte Fachabteilung den Vorteil einer eigenständigen neurologischer Intensivstation habe, die regional und überregional Patienten mit neurologischen Erkrankungen vom akuten Schlaganfall bis zur Polyneuropathie behandle. Neben dem Schwindelmessplatz diene vor allem die Radiologie, die rund um die Uhr 365 Tage im Jahr besetzt ist, der modernen Diagnostik. Vor allem die Tatsache, dass das Fachklinikum nicht nur Lehrkrankenhaus der Berliner Charité ist, sondern auch mit einer eigenständigen Intensivstation das Thema Notfallmedizin voll abdeckt, mache den Standort für Famulaturen und später möglicherweise auch für eine externe Promotion ausgesprochen interessant. Abschließend betonte Prof. Schreiber, dass Studierende vom ACH jederzeit willkommen seien, sich selbst ein Bild zu machen.

Nächste Ringvorlesung:

11. Oktober 2018 mit Prof. Dr. Graichen aus Lindenlohe zum Thema Endoprothetik

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