Neuroimmunologische Erkrankungen (z.B. Multiple Sklerose)

Multiple Sklerose (MS) ist eine entzündliche Erkrankung des zentralen Nervensystems, von der in Deutschland mehr als 200.000 Menschen betroffen sind. Durch eine Reaktion des Körpers auf die eigenen Nervenzellen wird die Schicht, mit der normalerweise Nervenbahnen geschützt werden und die deren Leitfähigkeit verbessern, die sogenannten Myelinscheiden, zerstört. Die Ursache dieser autoimmunen Reaktion ist bisher nicht bekannt.

Da die Nervenschädigungen in verschiedenen Bereichen des Gehirns und Rückenmarks auftreten können, sind die Symptome der MS vielschichtig: Sehstörungen, Lähmungserscheinungen, Taubheitsgefühl, Doppelbilder, Schwindel – um nur die wichtigsten zu nennen. Multiple Sklerose wird daher auch die Krankheit der 1.000 Gesichter genannt.

Auch wenn MS bisher nicht heilbar ist, gibt es inzwischen Medikamente, mit denen die Erkrankungsaktivität und der Krankheitsverlauf abgemildert werden können.

Der erste Schritt: Die richtige Diagnostik

Grundlage für die eindeutige Diagnose einer Multiplen Sklerose sind die sogenannten „McDonald-Kriterien“, benannt nach dem Vorsitzenden einer internationalen Expertengruppe, die 2001 erstmals die Kernspintomographie (MRT) als bildgebendes Verfahren neben klinischen, elektrophysiologischen und laborchemischen Untersuchungen in die Diagnosestellung einbezogen hat.

Hauptkriterium der Diagnose MS ist nach wie vor der Nachweis einer räumlichen und zeitlichen Streuung (Dissemination) von Entzündungsherden. Unter der räumlichen Dissemination verstehen Ärzte, dass Entzündungsherde an mehr als einem Ort im Zentralnervensystem vorliegen. Zeitliche Dissemination bedeutet, dass im Verlauf der Erkrankung neue Herde im zentralen Nervensystem entstehen.

Der Verdacht auf das Vorliegen einer MS ergibt sich letztlich aus der Patientenbefragung (Anamnese) verbunden mit der körperlichen Untersuchung, bei der typische Ausfallserscheinungen nachgewiesen werden müssen.

Insbesondere für eine frühe Diagnosestellung ist die sogenannte Magnetresonanztomographie (MRT), die Schichtbilder des Gehirns und des Rückenmarks liefert, unerlässlich. Mit dem MRT kann sowohl die zeitliche als auch die räumliche Dissemination veranschaulicht oder nachgewiesen werden. Außerdem können mit dem MRT andere Diagnosen, die ähnliche Symptome verursachen, ausgeschlossen werden.

Gemeinsam mit den Kollegen der Radiologischen Gemeinschaftspraxis http://www.radiologie-bad-toelz.de/ haben wir ein an den neuesten wissenschaftlichen Erkenntnissen und Leitlinien ausgerichtetes standardisiertes Untersuchungsprotokoll entwickelt, um eine möglichst große Zuverlässigkeit und Vergleichbarkeit der MRT-Aufnahmen zu gewährleisten.

Die MS-Diagnose wird abgerundet durch eine laborchemische Untersuchung von Rückenmarksflüssigkeit (Liquor). Gegebenenfalls sind auch elektrophysiologische Untersuchungen, sogenannte evozierte Potentiale, hilfreich. Mit diesen gezielt ausgelösten Reizungen von Sinnesorganen oder Nerven können Schäden in den Nervenbahnen von Gehirn und Rückenmark nachgewiesen werden. Um andere Erkrankungen sicher auszuschließen bzw. von Multipler Sklerose eindeutig abzugrenzen, werden Blutuntersuchungen vorgenommen.

Grundsätzlich werden für die Diagnose einer MS immer mehrere diagnostische Bausteine benötigt - eine Kernspintomographie allein reicht nicht aus.

Ganz auf Sie abgestimmt: Unser Behandlungsangebot

Multiple Sklerose ist derzeit nicht heilbar. Neurologen steht aktuell ein dreistufiges Therapiemodell zur Verfügung, das den spezifischen Krankheitsverlauf berücksichtigt:

Akute Schubtherapie

Zur Behandlung von akuten Schüben greifen Ärzte auf Glucocorticoide (Cortison-Medikamente) zurück. Cortison wirkt entzündungshemmend und beeinflusst die schnellere Rückbildung der Symptome. In der Regel wird es intravenös, also per Infusion, verabreicht. Verfehlt es die gewünschte Wirkung, kann ein beeinträchtigender akuter Schub auch mit Hilfe einer Blutwäsche (Plasmapherese) behandelt werden.

Verlaufsmodifizierende Therapie

In der MS-Therapie kommen verschiedene, sogenannte verlaufsmodifizierende Medikamente zum Einsatz. Als Therapie für milde/moderate Verlaufsformen werden u.a. Beta-Interferone, Glatirameracetat, Teriflunomid oder Dimethylfumarat verwendet. Diese Medikamente können Schübe verhindern und wirken sich wahrscheinlich langfristig positiv auf den Krankheitsverlauf aus. Andere Medikamente, wie Natalizumab, Fingolimod, Alemtuzumab oder Mitoxantron greifen tiefer ins Immunsystem ein und können daher zu schweren, zum Teil lebensgefährlichen Nebenwirkungen führen. Sie sind deshalb im Allgemeinen nur für die Therapie (hoch-)aktiver Verlaufsformen der MS zugelassen.

Im Bedarfsfalle arbeiten wir insbesondere in der langfristigen Planung der verlaufsmodifizierenden Therapie mit der Neuroimmunologischen Ambulanz der Neurologische Klinik der Technischen Universität München am Klinikum rechts der Isar http://www.neurokopfzentrum.med.tum.de/neurologie/41302.html  und dem Kompetenznetz Multiple Sklerose https://www.kompetenznetz-multiplesklerose.de/ zusammen.

Symptomatische Therapie

Aufgrund der verschiedenartigen Symptome kommen bei Bedarf eine Reihe weiterer therapeutischer Maßnahmen hinzu: Physiotherapie, Ergotherapie, Logopädie oder auch Psychotherapie. Die Einnahme zusätzlicher Medikamente zur Behandlung von Symptomen wie Blasenstörung, Depression ist u.U. ebenfalls erforderlich.

Weiterhin gut versorgt: Ihre Weiterbehandlung / Nachsorge

So verschieden neurologische Krankheitsbilder auch sind, bei vielen Erkrankungen kann eine frühzeitige Rehabilitation entscheidend sein. Die geschädigten Nervenverbindungen haben nur eine zeitlich begrenzte Fähigkeit, sich neu zu organisieren. Eine frühzeitige Rehabilitationstherapie mit ihrem multimodalen Ansatz aus intensiver Physiotherapie, Ergotherapie, neuropsychologischem Training neben der ärztlich supervidierten medikamentösen Therapie ist daher umso wichtiger.

Dank der hohen ärztlichen und therpeutischen Kompetenz und der hervorragenden Ausstattung unserer Klinik können die Patient:innen sehr induviduell und gezielt behandelt und so wieder an die Aktivitäten des alltäglichen Lebens heraugeführt werden.

Bezüglich der möglichen Auswirkungen der chronischen Erkrankung auf das weitere Erwerbsleben erfolgt im Bedarfsfall eine intensive sozialmedizinische Beratung durch unseren Sozialdienst, ggf. in enger Abstimmung der Beratungsstelle der Deutschen Multiple Sklerose Gesellschaft (DMSG) https://www.dmsg-bayern.de/wir-helfen/beratungsstellen/dmsg-oberbayern/.

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